Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / Seite 34

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ausgedrückt, zu beschließen, sondern es wurde intensiv diskutiert, wobei eindringlich darauf aufmerksam gemacht wurde, dass das Asylgesetz 2003 verfassungswidrige Bestimmungen enthält.

Das alles wurde jedoch von der Regierung – Schwarz-Blau damals – ignoriert, und nur einige Monate später wurde dieses Gesetz vom Verfassungsgerichtshof in den am intensivsten kritisierten Punkten als verfassungswidrig erkannt und aufgehoben. Das alles geschah voriges Jahr, meine Damen und Herren. Es sind erst ein paar Monate seither vergangen – es war im Dezember letzten Jahres.

Dass sich jene Kritik, die Verfassungsexperten und die Opposition im Parlament vorgebracht haben, bewahrheitet hat, ließe eigentlich den Schluss zu, dass man künftig, wenn es um Menschen und grundrechtlich so relevante Materien wie ein Asyl­gesetz zum Beispiel geht, mit mehr Bedacht vorgeht und solchen Einwänden auch Rechnung trägt. Ich sage Ihnen ehrlich: Für keinen Parlamentarier und für keine Parlamentarierin ist es angenehm, wenn der Verfassungsgerichtshof Gesetze, die wir hier beschließen, als verfassungswidrig aufhebt.

Das sage ich auch als Oppositionsabgeordnete, obwohl ich als Oppositions­abgeord­nete mit der grünen Fraktion in den letzten Jahren, seit es Schwarz-Blau gibt, aber auch noch in der Zeit, in der es eine große Koalition gab, immer wieder unter jenen war, die auf mögliche Verfassungswidrigkeiten hingewiesen haben, die sich dann in der Regel auch bestätigt haben. Es ist aber trotzdem unangenehm, denn es ist die Pflicht und die Verantwortung von ParlamentarierInnen, Gesetze zu beschließen, die verfassungskonform, grundrechtskonform sind. Das ist unser Job! Das ist unsere Aufgabe hier! (Beifall bei den Grünen.)

Deshalb war die Freude über die damalige Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs eine große – Sie werden es verstehen –, weil auf Grund dieser Kritikpunkte der Bun­desregierung der Auftrag erteilt wurde, ein grundrechtskonformes, ein verfassungs­konformes Asylgesetz in Österreich vorzulegen und dann im Nationalrat zu be­schließen. – Das ist die Vorgeschichte dieses Fremdenrechtspaketes, meine Damen und Herren. (Die Rednerin hält ein Exemplar des Fremdenrechtspaketes 2005 in die Höhe.)

Der bloße Gesetzestext, ohne Erläuterungen und ohne Kommentierungen, umfasst 118 Seiten. Das ist nicht irgendetwas, meine Damen und Herren, sondern das ist die umfassendste Reform, die es im Bereich des Fremdenrechts in den letzten Jahrzehn­ten gegeben hat. (Abg. Scheibner: Danke für das Lob, Frau Kollegin!) Das ist sozu­sagen der Schluss, den die zuerst schwarz-blaue und jetzt schwarz-orange Bundes­regierung, die Schüssel-Haider-Regierung aus dem Erkenntnis des Verfassungs­gerichts­hofes: Bitte, korrigiert ein verfassungswidriges Asylgesetz!, gezogen hat, nämlich ein 118 Seiten dickes Fremdenrechtspaket, das nur so strotzt – ich sage es jetzt vorsichtig – vor bedenklichen Bestimmungen.

Bei diesen Bestimmungen ist die Grundrechtskonformität zumindest diskussions­würdig. Das wurde in einigen Punkten von sehr vielen wirklichen Experten bestätigt. Ich sage jetzt „wirklichen Experten“, weil ich uns Abgeordnete nicht für Verfassungs­experten par excellence halte. Soweit ich einen Überblick habe, ist außer dem Präsidenten Khol, der Staatsrechtslehrer ist, kein weiterer Staatsrechtslehrer im Kreis der Abgeordneten.

Deshalb ist ja meine Enttäuschung, Herr Präsident, so groß, weil Sie als Staatsrechts­lehrer und unser Präsident hier im Nationalrat auf diese Vorgangsweise der Bundesregierung, statt ein verfassungswidriges Asylgesetz im Sinne des Auftrags des Verfassungsgerichtshofs zu korrigieren, hier ein Fremdenrechtspaket vorzulegen, das – und das ist jetzt jenseits der Diskussionen der letzten Tage, beispielsweise zum


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