Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / Seite 53

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Asylrecht, das bis jetzt gegolten hat. Diese Schutzklausel wird abgeschafft. Diese Menschen, Traumatisierte und Folteropfer, unterliegen keinem besonderen Schutz mehr. Wie können Sie das verantworten, Frau Partik-Pablé?! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie reden lauter Blödsinn! Das ist falsch, was Sie sagen! Lesen Sie das Gesetz! Sie waren in keinem Ausschuss, Sie haben das Gesetz nicht gelesen!) Nein, das sind alles Beispiele! Das ist nicht falsch! (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte Ihnen noch ein paar Beispiele bringen. Kollege Molterer hat gesagt, dieses Gesetz sei garantiert konform mit der Genfer Flüchtlingskonvention. Das haben Sie das letzte Mal auch gesagt. Sie haben gesagt: Wir garantieren dafür, dass dieses Gesetz verfassungskonform ist! Wer soll Ihnen noch glauben, Herr Kollege Molterer?! (Beifall bei den Grünen.)

Ein ganz simpler Vergleich: der Begriff „Verfolgung“ in der Genfer Flüchtlings­konvention – und jetzt in dem neuen Gesetz.

Stellen Sie sich vor, Herr Kollege Molterer, Sie sind ein freiheitsliebender und demo­kratiebewusster Kurde und wollen in Österreich dagegen auftreten, dass Ihre Bevölke­rungsgruppe dort unterdrückt wird, ihre Sprache nicht sprechen kann, und Sie werden hier in Österreich aktiv, um Ihrer Verwandtschaft, Ihrer Familie, Ihren Volksgruppen­angehörigen im Iran, im Irak, in Syrien und in der Türkei zu helfen. Sie werden hier aktiv und müssen deswegen, wenn Sie zurückkehren nach Syrien, Iran, Irak, Türkei, mit Verfolgung rechnen. (Abg. Großruck: Sie werden nie Parteiobfrau werden!) Das wird nicht mehr als Flüchtlingsgrund anerkannt. Sie können dort hinfahren und sich direkt ins Gefängnis setzen, vielleicht sogar der Todesstrafe ausgesetzt sein. Das verantworten Sie mit diesem Gesetz! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neudeck: Aber warum haben Sie dem alten, guten Asylgesetz nicht zugestimmt?)

Die Schutzklausel für Traumatisierte und Folteropfer. – Sie wissen, was mit diesen Menschen passiert, wenn sie in Schubhaft sind? Wie kann man jemanden, der Schreckliches erlebt hat, in eine Einzelzelle stecken, wenn er dann vielleicht in einen Hungerstreik tritt? Und das Beispiel, das Sie genannt haben, das Beispiel des Menschen, der sich mit einem Draht den Mund zunäht, wo Sie geradezu anklagend sagen: Wie kann jemand so etwas machen? Wie kann uns jemand so etwas antun, dass er den Rechtsstaat erpresst? Sie fragen sich nicht, warum ein Mensch sich selber so was antut, was einem solchen Menschen widerfahren sein muss, dass er zu solchen Mitteln greift, zu solchen verzweifelten Mitteln greift, dass er so etwas tut! Fragen Sie sich das nicht? Was haben Sie dort, wo andere Menschen Mitgefühl haben?! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Fragen Sie einmal das Opfer von dem! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie nehmen einen Vergewaltiger in Schutz!)

Zwangsernährung. – Wem soll man glauben? Die FPÖ sagt, Zwangsernährung ist explizit im Gesetz geregelt, die SPÖ sagt: definitiv nicht. § 78 Abs. 6 mit Verweis auf das Fremdenpolizeigesetz und so weiter und so fort. Und jetzt möchte ich Sie eines fragen. Wie stellen Sie sich das vor? Das ist eine äußerst blutige, unangenehme Angelegenheit, jemandem, der sich wehrt, über die Nase eine Magensonde einzu­führen. Was glauben Sie, wie das in unseren Justizanstalten ablaufen wird? Glauben Sie tatsächlich, das geht ohne Unfälle, ohne Zwischenfälle, ohne Todesfälle über die Bühne? Es wird wohlweislich in ganz Europa nirgendwo gemacht – nirgendwo!

In anderen Ländern war man entsetzt darüber, dass das in Österreich ernsthaft dis­kutiert wird, bei Menschen, die nichts getan haben, die sich von uns nur dadurch unterscheiden, dass sie nicht österreichischer Staatsbürger sind. Die haben gegen kein Gesetz verstoßen, sind nicht kriminell geworden (Abg. Dr. Partik-Pablé: Illegal eingewandert! Kriminell!), sondern sie sollen abgeschoben werden. Sie sind keine Kriminellen, das ist etwas anderes. Und gegen diese Menschen wollen Sie solche


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