Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / Seite 71

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

hier tun, dass Sie Leute abschieben in Gegenden, die sie noch nie gesehen haben! (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben gesehen, was die Regierung macht. Was macht die SPÖ? – Zustimmen! Ist ja kein Problem.

Wir haben das Problem, dass wir unbegleitete minderjährige Flüchtlinge haben. Was tut die Regierung mit diesen Minderjährigen, mit zum Teil Kindern? – Sie steckt sie in Schubhaft! Das ist die menschliche, die humane, die christlich-soziale Art, mit Kindern umzugehen, sie einzusperren wie in einem Gefängnis?! (Abg. Scheibner: Das stimmt ja nicht! – Abg. Ellmauer: Völlig falsch! – Abg. Miedl: So etwas von unwahr!)

Was macht die SPÖ? – Sie stimmt zu! Ist ja nichts dabei, oder? (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Ich weiß schon, es tut weh, Herr Kollege Matznetter, aber Sie können es sich noch immer überlegen, ob Sie zustimmen oder nicht. (Beifall bei den Grünen. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und der ÖVP.)

Ein weiteres Problem betrifft die Menschen, die schwer traumatisiert in Österreich ankommen, vielleicht weil sie selber unter einer Diktatur im Gefängnis unglaublichen Dingen ausgesetzt waren, vielleicht weil sie unfassbare Gräuel angesehen haben, so schlimme Dinge erlebt haben, dass ihre eigene Psyche zumacht, sie sich oft nicht einmal erinnern, ihnen nicht bewusst ist, was Tatsache ist, damit sie irgendwie das seelisch überstehen und überleben können. Solchen Menschen verlangen Sie ab, dass sie möglichst gleich in der Ersteinvernahme sagen: Ich bin schwer traumatisiert! Kann ich bitte einen Arzt sprechen?, wenn sie schon nicht ein ärztliches Attest mitbringen. Und dann schieben Sie sie ab.

In Bezug auf jene Fälle, wo man angeblich schon etwas herausverhandelt hat, sagt man dann: Wir schieben sie nicht gleich ab, wir sagen ihnen nur, dass wir sie erst in ein paar Monaten abschieben.

Das ist Ihr Umgang mit traumatisierten Menschen! Die Regierungsvorlage sagt: weg mit Traumatisierten, wenn sie an Dublin-Staaten zurückgeschoben werden können!

Was sagt die SPÖ? – Wir stimmen zu, wir haben da keine Bedenken mehr!

Und schließlich haben wir den Fall der Zwangsernährung. Wenn ein Mensch derart verzweifelt ist ob seiner Bedingungen in der Schubhaft, ob der Aussichtslosigkeit seiner Lage, dass er in den Hungerstreik tritt, was macht diese Regierung womöglich mit ihm? – Sie schnallt ihn an Händen und Beinen fest auf ein Bett, fixiert ihn und führt ihm eine Sonde ein, damit sie ihn zwangsernähren kann. (Abg. Murauer: Damit er nicht stirbt!) – Da wird er nicht sterben, meinen Sie, das ist dabei Ihr einziges Beden­ken. Ihr einziges Bedenken bei einer groben Menschenrechtsverletzung ist nur: stirbt er oder stirbt er nicht? (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Ja, ich weiß, die Zwangsernährung ist ein Thema, das Ihnen zu Recht Bauchweh und Kopfweh macht. Vielleicht sollten Sie auch einen Krankenstand überlegen. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Das, was wir in diesem Gesetz haben, stellt eine grobe Menschenrechtsverletzung dar. Ein Sprecher der Ministerin sagt ganz klar – ich zitiere aus der Zeitung –: Natürlich wird es Zwangsernährung für Schubhäftlinge per Gesetz geben.

Was macht die SPÖ? – Sie sagt: Wir stimmen zu! Wir glauben eh nicht, dass es so weit kommen wird – Das ist Ihre Antwort auf ein Gesetzespaket (Abg. Silhavy: Ihre Antwort ist Polemik!), von dem Sie bis vor ein paar Wochen noch gesagt haben, es sei völlig inakzeptabel. Das müssen Sie aber mit sich selbst ausmachen. (Beifall bei den Grünen. – Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite