Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 131. Sitzung / Seite 42

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unseren Gesetzen auch wirklich sichtbar sein muss. Europa bedeutet, dass es jedem einzelnen Bürger in den Bereichen der Bildung und der persönlichen Entwicklung in­dividuell und unabhängig von seiner Herkunft Chancen bietet. Europa bedeutet, dass Frauen in den meisten europäischen Großstädten um Mitternacht auf die Straße gehen können, ohne Angst haben zu müssen. Europa ist ein Raum der Sicherheit. Es bietet Sicherheit nicht nur vor irgendwelchen äußeren Feinden, sondern auch im Inneren des Landes für uns und für unsere Kinder. (Beifall bei der ÖVP.)

Europa ist von dem geprägt, was hier im Parlament unsere ureigenste Aufgabe ist: von der Fähigkeit und von der Bereitschaft zum Dialog, davon, andere Menschen anhören zu können und einen Konsens zu finden, indem man diesem Konsens einen Dialog voranstellt. Ich glaube, es ist von zentraler Bedeutung, dass wir nicht nur über Sozial­modelle und über Marktwirtschaften reden, sondern im Kern auch über die Fragen: Was ist unser Europa? Welche Werte wollen wir – wir, die wir alle Europa sind – le­ben? Wie bringen wir diese Werte in einem gemeinsamen Europa auch zum Tragen und zum internationalen Erfolg, als der Europa überall auf der Welt gesehen wird?

Wenn also Europa ein besonderes Lebens- und Gesellschaftsmodell ist und dieses Lebens- und Gesellschaftsmodell woanders auf der Welt anders ist, dann ist es für mich auch von zentraler Wichtigkeit, dass möglichst bald die Fragen debattiert werden: Wer gehört zu Europa? Wer will dieses Gesellschafts- und Lebensmodell mitleben, mit­gestalten? Wo sind die gemeinsamen Wurzeln – philosophische, religiöse und auch geschichtliche Wurzeln, teilweise auch aus schmerzlichen Erfahrungen der Vergangen­heit –, die es uns möglich machen, auf einer gemeinsamen Wertebasis aufzubauen und ein Europa zu gestalten, das sich vor nichts und vor niemanden fürchten muss und in dem dieses Lebensmodell als Vorbild und als Modell in der Welt gelebt werden kann?

Es ist also auch von zentraler Bedeutung, dass Europa und alle Institutionen Europas und alle Menschen in Europa sich die Frage nach den Grenzen Europas stellen: Wo beginnt Europa, und wo endet Europa?, und dass dieser Dialog, bei welchem es noch sehr viele unterschiedliche Ansätze gibt, tatsächlich endlich beginnt. Es sind die Fra­gen zu stellen: Welches gemeinsame Lebensmodell ist wer bereit mitzutragen und mit­zugehen? Und: Wer wird darüber entscheiden, wo die Grenzen Europas sind?

Beginnen wir endlich, neben tausend Details den für die Menschen in Europa wesent­lichsten Faktor einmal zu definieren: Wer sind wir? Was wollen wir? Wohin wollen wir gemeinsam und Seite an Seite in Europa gehen?

Dazu gehört auch, dass dann, wenn Österreich einmal in zwölfeinhalb Jahren die Mög­lichkeit hat, dieses unser Europa im Rahmen einer Ratspräsidentschaft maßgeblich mitzugestalten, diese Gestaltung von uns allen hier im Parlament gemeinsam getragen wird. Etwas anderes darf und kann nicht sein – auch wenn sich die Opposition hier im Hohen Haus aus rein parteipolitischen Motiven gegen eine gemeinsame Vorgangs­weise auf einer gemeinsamen Wertebasis stellt, was mir sehr Leid tut.

Ich bin der Ansicht, wir sollten daran arbeiten, dass bis zum Beginn dieser wichtigen Aufgabe Österreichs in unserem Europa auch hier im Parlament ein Konsens über die Vorgangsweise bei der EU-Ratspräsidentschaft gefunden wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster kommt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch zu Wort. Gesamtrestredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


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