Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 150. Sitzung / Seite 31

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Jarolim! Herr Kollege, wollen Sie einen Dreijährigen fragen, ob er mit der gemeinsa­men Obsorge zufrieden ist?

Frau Stadlbauer hat hinsichtlich dieser Studie beklagt, dass keine wissenschaftlichen Experten herangezogen worden sind. Außerdem sagte sie, dass diese gemeinsame Obsorge die Rechte der Frauen beschneiden würde. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir haben ja von Frau Kuntzl heute auch wieder einmal gehört, dass sie gegen die ge­meinsame Obsorge ist.

Meine Damen und Herren von der SPÖ, reden Sie mit den Menschen! Die wollen für ihre Kinder gemeinsam sorgen. Das ist ja auch eine Frage der Gerechtigkeit: Vater und Mutter sollen das Recht haben, die Obsorge für ihre Kinder gemeinsam zu tragen.

Frau Kollegin Kuntzl, wie so oft sind Sie auch heute falsch informiert. Sie glauben näm­lich, dass die gemeinsame Obsorge oktroyiert wird. In der von Rot und Grün regierten Bundesrepublik Deutschland ist seinerzeit die gemeinsame Obsorge als verbindlich er­klärt worden. Bei uns in Österreich basiert sie auf Einvernehmen beider Elternteile, und das ist auch gut so, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheit­lichen – BZÖ und der ÖVP.)

Es werden Konflikte vermieden, und es ist ja auch, wie bereits gesagt, eine gerechte Sache.

Aber um diese Widersprüchlichkeiten aufzudecken, möchte ich noch einmal Kollegen Jarolim zitieren. (Abg. Öllinger: Sagen Sie was zur Kollegin Fekter!) Er hat gesagt, die Regierungsarbeit orientiere sich nicht an den gesellschaftlichen Gegebenheiten betref­fend die Familie. In der selben Presseaussendung sagt er aber dann wieder, die SPÖ begrüße die Vorschläge zur Schaffung von gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Patchwork-Familien. (Abg. Dr. Jarolim: Sie bringen ja keine zusammen, das ist das Problem!) Also was gilt jetzt eigentlich? Sie sollten sich schon einmal einigen, was Sie eigentlich vertreten und was Sie gutheißen können, was in der Regierung gemacht wird und was nicht. Und das soll möglichst auch noch vernünftig sein, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren. (Abg. Dr. Jarolim: Verstehen Sie es wirklich nicht?)

Aber es ist ja völlig klar, dass die Berücksichtigung der neuen Lebensformen ein Anlie­gen von uns allen ist, und insbesondere auch der Frau Justizministerin, weil man ja an der gesellschaftlichen Realität nicht vorübergehen kann. (Abg. Öllinger: O ja! Die ÖVP schon! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen und der SPÖ. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Das haben wir ja auch wieder bewiesen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, kein Mensch hat etwas gegen Lebensgemeinschaften, auch Frau Kollegin Fekter nicht. (Abg. Öllinger: O ja!) Auch die Frau Kollegin Fekter möchte niemanden benachteiligen, wie Sie behauptet haben. Ich glaube, so realitätsfremd ist kein Politiker, dass er die Augen verschließt vor den Lebensformen, mit denen wir es heute eben zu tun haben.

Diese neuen Lebensformen sind auch Gegenstand der Familienrechtsreform, die jetzt in Begutachtung ist. Vor allem, und das möchte ich schon noch einmal betonen, ist bei dieser Familienrechtsreform auch Bedacht genommen worden auf das Wohl der Kin­der, und das liegt uns ja, so hoffe ich zumindest, allen gemeinsam am Herzen.

Es ist außerdem zum ersten Mal definiert, was eine Lebensgemeinschaft ist – das ist bisher nicht definiert –, es gibt weiters weitgehende Rechte für Lebensgefährten in der „patchwork family“, für die Kinder und so weiter, und ich glaube, es ist auch richtig, dass wir diesen Schritt gemacht haben.

Herr Kollege Jarolim hat gemeint, der Staat solle sich nicht einmischen, was die einzel­nen Lebensformen angeht. Der Staat soll die Rahmenbedingungen schaffen, das ist


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