Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 101

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Meine Damen und Herren, abgesehen vom Inhalt der Anfrage beziehe ich mich jetzt auf die Rede von Herrn Weinzinger. Herr Weinzinger verwechselt Erstaufnahmestellen im Sinne des Asylgesetzes 2005 mit dem, was der Landeshauptmann von Tirol in seinen Internierungslager-Phantasien vorgebracht hat. Erstaufnahmestellen sind aber etwas ganz anderes.

Ich kann mich nur auf die Zahlen beziehen, die sich aus der Anfrage ergeben: 150 Menschen sind dort – Sie, Herr Bundesminister, haben das ohnehin in Ihrer Stellungnahme gesagt, das brauche ich nicht zu wiederholen (Bundesminister Platter: 147!) –, also 147. Dabei handelt es sind fast ausschließlich um Familien, einige Einzelpersonen sind dabei. Die durchschnittliche Verweildauer ist ja auch von Ihnen genannt worden.

Ich sehe diese aufgeschaukelte Hysterie – von Einzelnen instrumentalisiert – rund um die Erstaufnahmestelle Thalham keinesfalls als Beispiel für verfehlte Asylpolitik in Österreich an. Diese Beispiele finden wir ganz woanders, nämlich dort, wo Menschen nicht in Erstaufnahmestellen, sondern in Quartieren, vulgo Lager, jahrelang auf den Ausgang ihres Verfahrens warten!

Herr Bundesminister, das beschäftigt uns am meisten: Allein beim UBAS, Unab­hängigen Bundesasylsenat, liegen rund 7 500 Fälle im Schnitt länger als drei bis vier Jahre. 7 500 Causen, die seit drei bis vier Jahren auf eine Entscheidung warten! Dabei geht es um Asylwerber im Zustand völliger Unwissenheit über den Ausgang ihres Verfahrens. Es gibt jetzt in der österreichischen Öffentlichkeit prominente und berichtete Beispiele von Personen, die in drei bis vier Jahren perfekte Integration hinlegen, nach all den Kriterien, die von Ihnen, auch von uns und von vielen anderen verlangt werden – Deutsch lernen; arbeiten wollen; sogar Arbeitsplätze haben, sie dürfen nur nicht arbeiten; die österreichischen Sitten und Gebräuche kennenlernen, zum Teil auch ihre eigenen ablegen, das sei ja jedem Einzelnen unbenommen.

Diese Menschen sind in einem völlig rechtlosen Zustand, weil sie noch nicht einmal eine Antwort darauf haben, wie ihr Asylverfahren abgewickelt wird, ob positiv oder negativ – und das über Jahre!

Wir sind von dem Ziel, das Strasser, dann Prokop und jetzt Sie immer wieder formuliert haben und formulieren, nämlich schnellere und damit auch rechtsstaatskonforme Asylverfahren zu haben, so weit entfernt wie noch nie, auch wenn Sie die Öffentlichkeit glauben machen wollten, dass sich da etwas geändert hat. Denn im ersten Jahr der Gültigkeit des Fremdenrechtspakets hat sich ja der Rückstau beim UBAS noch erhöht! Keine Rede von einem Abbau! Am 1. Jänner 2006 waren es 28 300 Fälle, jetzt sind es weit über 29 000 Fälle, die dort liegen.

Ich bin diesbezüglich, Herr Bundesminister, ziemlich ratlos; ratlos, wenn Menschen auf uns zukommen und fragen, was da los ist. Was ist los mit Asylwerbern in Österreich, die Deutsch lernen sollen, nicht arbeiten dürfen, als kriminell verunglimpft werden, ständig als arbeitsscheu diskreditiert werden von einzelnen Politikern und einzelnen Fraktionen – und es ändert sich nichts?! (Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek gibt das Glockenzeichen.)

Insofern – das ist der Schlusssatz, Frau Präsidentin – bin ich Herrn Weinzinger dankbar dafür, dass er diese Rohrkrepierer-Anfrage heute trotzdem zur Diskussion gebracht hat, weil uns das Gelegenheit bietet, Sie auf die wahren Probleme hinzu­weisen. (Beifall bei den Grünen.)

16.05

 


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