Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll25. Sitzung / Seite 35

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 1. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Zwerschitz. 7 Minuten Wunschrede­zeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


10.15.22

Abgeordnete Barbara Zwerschitz (Grüne): Frau Präsidentin! Guten Morgen, werte Damen und Herren auf der Tribüne! Werte Abgeordneten! Frau Minister! Wir behan­deln heute die Novelle des Jugendwohlfahrtsgesetzes. Nach den tragischen Vorfällen in Oberösterreich hat sich ja das Ministerium für Gesundheit, Jugend und Familie über­legt, wie das Jugendwohlfahrtsgesetz geändert werden sollte, um derartige Vorfälle zu vermeiden. Ich möchte gleich einmal vorausschicken, dass ich nicht wirklich nachvoll­ziehen kann, warum diese Änderung an dem betreffenden Fall etwas hätte ändern sollen. Ich kann es aber nicht wirklich genau sagen und darf Sie bitten, vielleicht doch noch die Unterlagen über diesen Fall nachzureichen, die uns im Ausschuss verspro­chen wurden.

Was besagt nun diese Novelle des Jugendwohlfahrtsgesetzes? – In Zukunft soll jedes Organ in der hoheitlichen Verwaltung verpflichtet werden, alle Verdachtsmomente, alle Eindrücke, die irgendwie auf eine Beeinträchtigung des Kindeswohles schließen las­sen, an das Sozialreferat weiterzumelden. Auch bisher gab es diese Möglichkeit, auch bisher war es niemandem verboten, das zu tun, und auch bisher haben das viele Men­schen gemacht.

Was in diesem Jugendwohlfahrtsgesetz nicht definiert ist, ist der Umstand, woran man oder woran frau erkennen soll, ob das Kindeswohl beeinträchtigt ist. Ein Kind, ein Jugendlicher, der offensichtlich sehr viele Tagträume hat, kann einerseits frisch verliebt sein, kann aber auch andererseits irrsinnige Probleme mit der Familie haben. Schul­schwänzen kann auch sehr unterschiedliche Gründe haben. Es ist also nicht ganz klar: Was ist Norm, und was ist Meldepflicht? Woran soll die drohende Gefährdung erkannt werden?

Wie ist es bisher gelaufen? – Bisher war es so: Wenn irgendjemand, der mit Kindern und Jugendlichen zu tun hatte, einen Verdacht hatte, dann war es ganz normal, sich zunächst einmal im Team zu besprechen, sich mit jemandem zu besprechen, der auch mit diesem Kind zu tun hatte, sich gegenseitig zu fragen: Fällt dir auch etwas auf? Merkst du auch, dass sich etwas am Verhalten verändert hat? Was sollen wir unter­nehmen? Schauen wir uns das gemeinsam an!

Selbstverständlich hat dieses Team dann auch mit den Vorgesetzten gesprochen. Spe­ziell in den Schulen ist es so, dass der § 48 des Schulunterrichtsgesetzes jetzt schon Direktoren und Direktorinnen dazu verpflichtet, Meldung zu erstatten. Diese Meldungen wurden auch bisher vorgenommen. Und ich meine, dass diesen Personen großer Re­spekt zu zollen ist, und ich möchte ihn heute unbedingt auch hier anbringen: Meine Hochachtung vor den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, vor den Lehrkräften und all den anderen Menschen, die dementsprechend Zivilcourage bewiesen haben und solche Fälle auch wirklich bearbeitet haben und versucht haben, für Kinder und für Jugendliche etwas zu tun. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Das bringt mich aber gleich zum nächsten Punkt, wo ich sagen möchte: Die existie­rende Regelung würde eigentlich reichen. Es braucht Menschen mit Zivilcourage, es braucht Menschen, die sich trauen, die Augen nicht zuzumachen, die hinschauen, die versuchen, solche Fälle in Angriff zu nehmen, solche Fälle zu verhindern und rechtzei-


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite