Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung / Seite 73

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Unserer Auffassung nach ist Pflege eine staatliche Aufgabe, eine Aufgabe, die der Staat sicherzustellen hat, und zwar entweder durch die Zurverfügungstellung von Infra­struktur beziehungsweise durch das Bereitstellen finanzieller Mittel. Und daher meine ich auch, dass wir davon abkommen müssen, dass heute Kinder mit ihrem Einkommen für die Pflege der Eltern aufzukommen haben. Das ist für Eltern eine große Belastung, wenn sie wissen, dass ihre Kinder eines Tages, wenn sie pflegebedürftig werden, fi­nanziell für diese Pflege aufkommen müssen. (Abg. Donabauer: ABGB ist das! Das geht nicht anders!) – Herr Kollege, wir sind hier im Nationalrat, und der Nationalrat kann Gesetze ändern! Das ist vielleicht eine völlig neue Erfahrung, zu der Sie da jetzt kommen, aber: Der Nationalrat ist dazu da, Gesetze zu ändern – und nicht dazu, etwas zu kommentieren.

Ich halte es also für notwendig, Eltern und Kinder aus dieser Zwickmühle zu befreien, denn: Wer Kinder großzieht, erbringt ja auch eine Leistung für die öffentliche Hand. Und wie wir wissen, können Kinder tatsächlich in die Armutsfalle rutschen, wenn sie für die Pflegekosten der Eltern aufzukommen haben. (Zwischenruf des Abg. Mag. Don­nerbauer.) – Herr Kollege, ich habe Sie schlecht verstanden. (Abg. Mag. Donner­bauer: Sollen die Eltern auch keine Unterhaltspflichten mehr haben?) – Herr Kollege, Sie verwechseln da zwei Dinge! Aber gut: Sie sind offensichtlich dafür, dass die Kinder die Pflege der Eltern bezahlen; ich nehme das zur Kenntnis. Die Unterhaltsleistungen, die Eltern bezahlen, sind ja völlig unumstritten. Ich sagte ja, die Eltern erbringen ja
eine Leistung für die öffentliche Hand, eben durch die Unterhaltspflichten für die Kin­der. (Abg. Öllinger: In Vorarlberg sollen sogar die Enkelkinder zahlen laut ÖVP!) – Na bitte! (Abg. Mag. Donnerbauer: Mich wundert nur, dass die FPÖ jetzt sagt, alles staatlich ...!)

Nein, Herr Kollege, das sagen wir nicht, aber die Pflege ist doch geradezu eine klas­sische staatliche Aufgabe. (Beifall bei der FPÖ und den Grünen. – Abg. Öllinger: Da kriegen Sie Applaus von mir!) Sie aber wollen etwas anderes und sagen: Nein, die Kin­der sollen bezahlen! – Gut, ist in Ordnung; ich nehme das zur Kenntnis.

Was den Unterhalt anlangt, gibt es ja dann auch noch die Möglichkeit, dass die Caritas für Unterhaltsverpflichtungen aufkommt; auch das gibt es ja in christdemokratischen Kreisen.

Meine Damen und Herren, ich wiederhole unsere Position: kein Zugriff auf das Einkom­men der Kinder!

Ich bringe in diesem Zusammenhang, da ja immer wieder behauptet wird, die Opposi­tion kritisiere nur, einen Entschließungsantrag ein, wobei ich aufgrund seines großen Umfanges, Frau Präsidentin, von dessen Verlesung absehe. Es ist das ein Entschlie­ßungsantrag betreffend Maßnahmen zur Sicherung der Pflege.

Da wir jetzt über die Betreuung diskutieren: Frau Kollegin Lapp hat gesagt, sie freue sich darüber, dass auch selbständige Betreuung möglich wird. Ich möchte aber schon darauf hinweisen, dass in Wien die Fraktion Sozialistischer Gewerkschafter einen sehr gescheiten Antrag in der Arbeiterkammer eingebracht hat, wobei es in diesem Antrag unter anderem heißt – ich zitiere –:

Unselbständige Tätigkeit weist in aller Regel auch nicht die juristisch ausschlaggeben­den Merkmale der Selbständigkeit auf, da die Arbeitsleistung auf direkte Anweisung des Arbeitgebers mit dessen Arbeitsmaterialien und in dessen privatem Haushalt durchgeführt wird. Die Gesetzesvorlage würde aus der bisherigen illegalen Situation nur eine der Scheinselbständigkeit machen, was wieder gesetzeswidrig wäre. – Zitat­ende.

 


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