Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung / Seite 188

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aber nur aufgrund der Änderungen hinsichtlich des Konsumentenschutzes, oder weil es sich mit dem Konsumentenschutz auseinandersetzt.

Es gibt ein paar sehr kritische Anmerkungen: Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Kommission Ziele verfehlt, die sie mit der Erlassung der Richtlinie MiFID, die nunmehr durch das neue WAG umgesetzt werden soll, erreichen wollte. Eine Harmonisierung der Vorgaben für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen innerhalb der Euro­päischen Gemeinschaft wird nicht erreicht werden. Dazu bietet die Richtlinie den natio­nalen Gesetzgebern zu viele Ausnahmemöglichkeiten, die auch genutzt werden und zu einer höchst unterschiedlichen Umsetzung führen.

Das Verfahren, das schon angesprochen wurde, das Lamfalussy-Verfahren, ist höchst kompliziert und ist in mehrerer Hinsicht problematisch. Die Einladung an die Marktteil­nehmer, sich in einem Konsultationsverfahren an dem Prozess der Richtlinienerstel­lung zu beteiligen, konnte praktisch nur von Unternehmen wahrgenommen werden, die groß genug waren und sich das leisten konnten, auch in finanzieller Hinsicht.

Die ungeheure Menge an Unterlagen, die in diesem Verfahren produziert wurden, ist nicht dazu angetan, die Übersichtlichkeit zu fördern. So ist beispielsweise der Stoß an Akten, die nur für die Prospektrichtlinie erlassen wurden, einen halben Meter hoch.

Der Entwurf zum Wertpapieraufsichtsgesetz hat sich an die Vorgaben, die als Ergebnis eines kritikwürdigen Verfahrens in Richtlinienform gegossen wurden, zu halten. Ob der Spielraum, der dem Gesetzgeber dabei belassen wurde, sinnvoll genutzt wurde, darf allerdings hinterfragt werden.

Das Gesetz folgt dem Prinzip: Möglichst viel Information an den Kunden! – Ob damit die gewünschte Transparenz erreicht wird, das möchte ich bezweifeln. Es wäre besser gewesen, bessere Information, aber nicht zu viel. Die Menge wird vom Kunden nicht mehr bewältigbar sein. Das zeigt sich schon jetzt aus den Erfahrungen aus laufenden Anlegerberaterhaftungsprozessen, bei denen Kunden immer wieder vorbringen, dass sie zwar möglicherweise Informationen bekommen haben, aber dass es so viel war, dass relevante Informationen tatsächlich untergehen.

Es ist die Frage, ob der durchschnittliche österreichische Kunde, der seinen endfälligen Schweizer Frankenkredit durch Ansparen in Investmentzertifikate tilgen möchte, wis­sen muss, welche Ausführungsplätze hier zur Geltung kommen, nach welchen Krite­rien diese Ausführungsplätze gewählt werden und wie die Kriterien gewichtet sind. Das sind, glaube ich, Spezialinformationen, die für den Kunden nicht relevant sind und an der Sache vorbeigehen.

Ich möchte aber auch noch aus eigener Erfahrung auf ein Spannungsfeld hinweisen, in dem sich vor allem unsere Bankangestellten befinden, nämlich das Spannungsfeld Bankberater und Kunde. Aufgrund der Konzentrationen kleiner Institute in nunmehrige Finanzmagnate, die alle dem Shareholder Value unterliegen, kommt es zu höchstem Druck auf die Bankangestellten vor allem am Schalter, die unermessliche Zielvorgaben bekommen, die sie nur sehr, sehr schwer erreichen können. Wenn wir jetzt noch einen zusätzlichen gewaltigen administrativen Aufwand erzeugen, dann wird es für diese Leute immer schwieriger und immer kritischer, auch was die Qualität der Beratung be­trifft.

Zeigen tut sich das Ganze – und da bin ich dem Kollegen Rossmann dankbar, dass er es angesprochen hat – in der Geschichte mit den Derivativen. Es ist, wie er gesagt hat, wirklich ein sehr, sehr kompliziertes Finanzierungsfeld – oder auch Spekulationsfeld in Wahrheit. Es geht so weit, dass einfachen Privatkunden, die Fremdwährungskredite aufnehmen, schon solche Zinscaps oder Swaps, wie sie heißen, mitverkauft werden, die zwar normiert sind, aber nichtsdestotrotz ein hohes Risiko aufweisen.

 


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