lege ich es an? – Indem ich die Bausteine nach ihren logischen Inhalten zusammenzusetzen versuche.
Man soll zwei Dinge nicht vermischen: Das sind einerseits der Strafkatalog, die im Strafgesetzbuch und in Nebengesetzen möglicherweise oder wahrscheinlich oder sicher vorhandenen Strafkonsequenzen für die Erfüllung des Straftatbestandes, also der Strafrahmen, und andererseits das Element des Vollzugsrechtes.
Zum Ersteren: Es ist gewiss gerechtfertigt und gibt Anlass genug – in Form von neuen Erkenntnissen –, an der bisher gepflogenen Inhaltslage des Strafkataloges eine Reformschraube anzusetzen. Zum Beispiel: Es ist nicht neu, aber immer wieder hervorzuheben, dass wir ein gravierendes Missverhältnis zwischen den Rechtsfolgen im Bereich der Vermögensdelikte und im Bereich der Körperverletzung haben.
Da gab es seinerzeit einen alten Oberlandesgerichtspräsidenten, der bei Gott nicht für Milde bekannt war, sondern eher das Gegenteil, aber er hat in den Kursen einmal den durchaus erinnernswerten Satz geäußert: Das Billigste in Österreich ist Menschenfleisch. – Also: Wehe, es stiehlt einer 50 000 S, dann war er für ein paar Jahre im Häf’n. Aber schwere Körperverletzung mit allem drum und dran, na ja, wenn man ein bisschen gut wegkommt, dann ist das ein halbes oder ein Dreivierteljahr.
Das durchzieht die österreichische Strafrechtspflege seit Jahren und Jahrzehnten. Es wäre höchst an der Zeit, an diesen Kriterien eine Veränderung vorzunehmen. Es gibt ja auch das berühmte Ost-West-Gefälle: Verkehrsunfall unter Alkoholeinfluss mit schwerer Körperverletzung führt im Osten zwingend zu einer Gefängnisstrafe, nicht aber im Westen Österreichs.
Das führt mich zu einer anderen Auffassung, Frau Bundesministerin. Es wird ein bisschen stehsatzartig immer gesagt, dass kurze Haftstrafen den Haftzweck oder den Strafzweck verfehlen. Ich gestatte mir, Ihnen entgegenzuhalten, dass das nicht so ist. Es ist geradezu typisch für den Delikttypus des Verkehrsunfalltäters mit Alkohol – Disco und so weiter, und ein bisschen über den Durst trinken –, dass die kurze Haftstrafe – vier, sechs, sieben, acht Wochen – da sehr, sehr treffsicher wirkt. Also ich warne davor, dass man diese mit einem Generalisierungseffekt als unzweckmäßig darstellt. Die sechswöchige Haftstrafe nützt natürlich bei einem hartgesottenen Typen gar nichts, aber es kommt auf den Delikttypus an.
Ferner: Es ist keine „rechte Romantik“, von der Meinung auszugehen, mehr Häftlinge würden mehr Sicherheit bedeuten. – Entschuldigung, das ist ein Unsinn, weil es einen Grundsatz der Strafrechtspflege per se berührt: Das ist der Aspekt der Generalprävention oder der Spezialprävention. (Beifall bei der FPÖ.)
Viele Autoren bezweifeln überhaupt den Sinn der Generalprävention, weil jeder subjektiv zur Tat entschlossene Täter immer überzeugt ist, dass er nicht erwischt wird. Das ist genau die soziale Falle, in der die Strafrechtspflege prinzipiell steckt. (Beifall bei der FPÖ.)
Wie es überhaupt – jetzt noch ein Luxus, den ich mir erlaube, indem ich darauf hinweise – immer lohnend ist, ein bisschen Geschichtsdenken einzubauen in das, was man redet. Wir befinden uns derzeit in einer Art Missing-Link-Verhältnis: Das Strafrecht als Gefängnisstrafrecht ist rechtshistorisch sehr kurz. Es fängt eigentlich erst mit dem Beginn des 19. Jahrhunderts an. Vorher war das Gefängnis nur der Verwahrungsort, bis die Leibesstrafe vollzogen wurde. Und in 200 Jahren werden die Menschen über uns genauso lachen. Wahrscheinlich wird es dann chemische Eingriffe oder elektrochemische, mechanische Dinge im Gehirn geben (Abg. Mag. Steinhauser: Na, hoffentlich nicht!), um die kriminelle Energie zu entziehen. Aber das ist Zukunftsmusik.
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