Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll35. Sitzung / Seite 319

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verboten interveniert zu haben und Ähnliches mehr, wenn wir das feststellen und dann nichts passiert? – Wir machen uns in dieser Frage doch lächerlich!

Das ist der Punkt: Dort, wo die Immunität Sinn macht, kämpfen wir auch dafür. Da ha­ben wir schon sehr viele Meinungen gewechselt und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass gerade auch Aussagen, die ein Abgeordneter trifft, und Ähnliches nicht zur Ver­hinderung des Mandates führen können, zum finanziellen Ruin und so weiter. Ich glau­be, da sind wir uns einig, da könnten wir noch sehr viel verbessern. Aber bei gewissen Deliktstypen – noch dazu dort, wo das schon ein Ausschuss dieses Hauses selbst ver­langt – kann man sich doch nicht blockieren! Ich kann ja nicht jedes Mal ein anderes Kapperl aufsetzen.

Ferner unterscheide ich schon zwischen den Deliktstypen, vielleicht anders als alle an­deren. Wenn man sagt – so, wie es Kollege Schüssel gesagt hat –, die Immunität ist uns heilig, dann brauchen wir eigentlich nur mehr die Definition des politischen Zusam­menhangs ein bisschen weiter zu fassen, und es ist alles erfasst, was an Delikten denkmöglich nur passieren kann, oder wenn die Mehrheit dieses Hauses meint, es besteht ein politischer Zusammenhang, wobei ja der politische Zusammenhang keine Tatsachensubstratfeststellung ist (Abg. Dr. Schüssel: Da gibt es eine Spruchpraxis!), sondern es den Mehrheiten in diesem Haus obliegt, festzustellen, was ein politischer Zusammenhang ist; da werden Sie mir ja recht geben. (Abg. Dr. Schüssel: Ja, es gibt eine Praxis! Eine Spruchpraxis!) Und wenn man eben in der Minderheit ist, und man stellt den politischen Zusammenhang nicht fest, wird schon verfolgt. (Abg. Dr. Schüs­sel: Aber Westenthaler ist in der Minderheit!)

Das ist die Frage – und jetzt kommt noch etwas: Wenn ich in einem Untersuchungs­ausschuss – das ist auch ein Fall, der passieren kann – eine Wahrheitserinnerung vor­nehme, auf die Strenge der Verpflichtung, dort nicht die Unwahrheit zu sagen, und Ähnliches hinweise, können wir uns das bei einem Abgeordneten, wenn er dort aus­sagt, in Zukunft sparen! Denn für ihn gilt ja eine mögliche Strafverfolgung in diesem Punkt sowieso nicht, der kann dort die Unwahrheit sagen. Das kann es doch nicht sein! (Abg. Dr. Schüssel: Das ist ein Bruch der Vertraulichkeit!)

Was ist ein Bruch der Vertraulichkeit? (Abg. Dr. Schüssel: Das ist ein Bruch der Ver­traulichkeit ...!) – Na, dann wird er auch nicht ausgeliefert. Es war ja im politischen Zu­sammenhang, und das wird dann festgestellt. Da muss man differenzieren.

Also wenn diese Spruchpraxis nicht geändert wird – und es scheint nicht so –, dann besteht hier dringender Handlungsbedarf, über die Immunität in vielen Fällen neu nachzudenken. In manchen Teilen ist sie sogar noch besser zu gestalten und ist dem einzelnen Abgeordneten noch mehr Schutz zuteil werden zu lassen. Aber in manchen Fällen müssen wir sehr wohl unterscheiden und uns letztlich dazu entscheiden, dass wir hier einen anderen Maßstab anzulegen haben.

Ansonsten ist gerade auch in Ausschüssen das Anhören von Abgeordneten – ich habe dieses Beispiel genannt – sinnlos, weil das ja die Einladung dazu ist, dort nicht die Wahrheit zu sagen. Das möchte ich eigentlich nicht. Ich möchte, dass wir uns selbst noch ernst nehmen. Wir werden daher der Empfehlung des Immunitätsausschusses, den die große Koalition heute gemacht hat, nicht folgen.

Ich lade die Abgeordneten der SPÖ dazu ein, sich daran zu erinnern, dass es ja in Wirklichkeit ein gemeinsamer Wunsch – sagen wir es einmal so – von uns gewesen ist, dieses Begehren an die Staatsanwaltschaft zu stellen. Wir haben es uns auch damals schon überlegt, die Immunitätsfrage war ja nicht neu. Das ist uns nicht erst nachher eingefallen, wir haben es auch damals schon überlegt. Hätten Sie uns damals gesagt, dass Sie dann der Auslieferung nicht zustimmen werden, dann hätte meine Fraktion


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