Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 153

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

ein verwerfliches Ziel verfolgt. So kann die politische Debatte nicht vernünftigerweise geführt werden!

Wir Freiheitliche, die wir in unserer Geschichte sehr oft in einer Minderheit waren, in der Opposition waren, setzen geradezu voraus, dass ein anderer eine andere Meinung hat. Er hat andere Interessen – wir haben diese Interessen. Gut ist es, wenn sich die Interessen dann doch irgendwann einmal kreuzen und auf das Allgemeinwohl Rück­sicht nehmen. Aber man kann doch jemandem nicht vorwerfen, dass er eine andere Meinung hat.

Aber Sie tun das zunehmend. Sie sitzen hier wirklich als das totale – wie haben wir es gesagt, als wir jung waren? – Establishment. Sie haben alles vergessen, was Sie ur­sprünglich einmal möglicherweise ausgezeichnet hat. Sie sind intolerant. Sie sind eng­stirnig, wenn ich es so sagen darf, und Sie sind ungeheuer selbstgerecht. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Sie haben diesen Vorwurf – und da ich ein wenig Zeit habe, möchte ich das erläutern – uns in Bezug darauf gemacht, dass wir es uns nicht nehmen lassen, Staatsbürger und Nicht-Staatsbürger unterschiedlich zu behandeln. Darf ich das auch einmal ganz nüchtern erklären? – Sie sind sozusagen Internationalisten. Das steht Ihnen zu, es gibt so etwas. – Wir sind es nicht! (Abg. Öllinger: Oh Gott!)

Sie meinen, die Kategorie Nation, Staat, das interessiert Sie nicht mehr. Sie wollen das überwinden, Sie streben mit allen Kräften danach.

Wir meinen, dass diese Ordnung die Ordnung einer freien Welt ist. Wir wollen Völker! Wir wollen Nationen! Wir wollen Staaten – und deswegen gibt es für uns auch Staats­bürger! Ein Staat ohne Staatsbürger geht nicht.

Ihre Meinung ist eine andere. Ich halte sie für nicht gelungen. Ich glaube auch, dass Sie damit auf Dauer nicht durchkommen, denn ganz egal, wann mit eiserner Faust eine supranationale Herrschaft errichtet worden ist, war sie bald einmal wieder weg. Siehe Sowjetunion, siehe Titos Jugoslawien! Und oh Wunder, die Völker waren wieder da! – Also ich kann darauf vertrauen, dass die Geschichte uns recht geben wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber dennoch, Sie haben diese Meinung, Sie sollen Sie haben. Nur: Gestatten Sie, lassen Sie uns die unsere! Unsere ist rational gut begründbar – und nicht verwerflich. Wir legen darauf Wert, dass wir auch so gesehen werden. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Jetzt ein paar Worte zum Thema „Armutsgefährdung in unserem Staat“. Wir haben heute sehr oft den Satz gehört: Österreich ist eines der reichsten Länder der Welt, eines der reichsten Länder der EU! – Es ist so! Aber Österreich hat eine der niedrigs­ten Geburtenraten der Welt und neuerdings – und das ist besonders bedenklich – auch die wenigsten Bekenntnisse zum Kind. Denn: Das eine zieht in der Regel das andere nach sich: Keine Kinder, kein Kinderwunsch, und dann sinkt der Kinderwunsch, und dann gibt es noch weniger Kinder. Wir sind da ganz schlecht dran. Wir liegen an der letzten Stelle in ganz Europa, was den Kinderwunsch betrifft. Das ist also wirklich eine sehr gefährliche Entwicklung.

Warum ist das so? – Die Demographen nennen das das „demographische Para­doxon“ – ein ganz reiches Land und ganz wenige Kinder – und lösen es natürlich dann in ihren wissenschaftlichen Erklärungen auf: Das ist schlicht und einfach deswegen so, weil gerade die entwickelten Sozialstaaten eine Gruppe total vernachlässigen, und das sind die Personen, die Kinder aufziehen. Kinder sind der sicherste Weg in die Armut!

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite