Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 151

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des Privatbeteiligtenanschlusses im Strafverfahren und neue Informations- und Rechtsmittelmöglichkeiten für Opfer.

Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass ein gutes Opferschutzsystem auch ein wichtiges Präventionsinstrument ist: Gerade Kinder, die Gewaltopfer werden, werden später oft selbst zu Tätern, wenn sie keine gute Betreuung als Opfer erfahren haben.

Wichtige Maßnahmen sehe ich auch im organisatorischen Bereich. Wir werden daher insbesondere bei den größeren Staatsanwaltschaften Sonderzuständigkeiten und Spezialisten einrichten, die sich des Themenbereichs Gewalt in der Familie annehmen.

Wir haben auch – ebenfalls in einer Vorlage, die heute zur Beschlussfassung ansteht – vorgesehen, dass auch in der Aus- und der Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten der gesamte Themenkomplex häusliche Gewalt und Umgang mit den Opfern eine wesentlich höhere Berücksichtigung finden soll, als das bisher der Fall ist.

Es braucht auch Maßnahmen im Zivilrecht: Wir werden im Zivilrecht dafür Sorge tragen, dass auch dort das Opfer das Recht auf juristische und psychosoziale Prozessbegleitung hat. Ein Hinweis aus der Praxis, der sehr wichtig ist und dem wir nachkommen wollen, ist, dass die Wohnanschrift des Opfers geheim gehalten und dem Täter nicht bekannt gegeben wird. Und auch im Zivilprozess wird das Recht auf schonende Einvernahme des Opfers eingeräumt.

Wir wollen betreffend die im Gewaltschutzgesetz geschaffenen einstweiligen Ver­fügun­gen des Familiengerichts die Möglichkeit schaffen, dass dort eine längere Gel­tungs­dauer zum Tragen kommt.

Wir arbeiten an einem Aktionsplan zur Verbesserung der Familiengerichtsbarkeit – ich bin mir dessen bewusst, dass es hier immer wieder zu Klagen kommt. Die Richterinnen und Richter nehmen dieses Thema auch von sich aus sehr aktiv auf und haben sich für ihre Richterwoche 2008 das Thema Familienrecht und Familiengerichtsbarkeit zum Leitthema gemacht.

Nun zum Besuchsrecht und zu den Obsorgeentscheidungen: Sie wissen, dass natür­lich genau in diesem Bereich sehr häufig die Beiziehung von Sachverständigen notwendig ist, das nimmt im Verfahren eine gewisse Zeit in Anspruch. Das Gesetz sieht aber vor, dass es zur vorläufigen Übertragung der Obsorge kommen kann, wenn das für das Kindeswohl notwendig ist.

Zur gemeinsamen Obsorge haben Sie, Herr Abgeordneter, bereits aus der Studie, die im Auftrag des Justizministeriums durchgeführt wurde, zitiert. Die Studie hat das Er­geb­nis gebracht, dass sich in rund 54 Prozent der Fälle die Eltern für die gemeinsame Obsorge nach der Scheidung entscheiden. – Die Erfahrungen sind tatsächlich in der Regel sehr positiv, wir planen daher keine gesetzlichen Änderungen in diesem Bereich. (Abg. Strache: Frau Justizministerin! Auf die anderen Prozent sollte man es auch ausweiten!) – Dazu komme ich schon noch.

Die Evaluierung hat übrigens auch ergeben – das scheint mir ein sehr interessanter Aspekt zu sein –, dass sich die Väter nach der Scheidung oft mehr um die Kinder kümmern als bei aufrechter Ehe. Also auch das sollten wir hier berücksichtigen.

Die gemeinsame Obsorge kommt natürlich ‑ und das ist ja das Hauptthema des heu­tigen Tages – dann nicht in Frage, wenn Gewalt im Spiel ist. Insofern ist auch in Deutschland die gemeinsame Obsorge nicht der absolute Regelfall, sondern sie ist sozusagen mit Einschränkungen versehen. Unsere Regelungen sind dem in ihren Auswirkungen mehr oder weniger ähnlich. (Abg. Strache: Frau Justizministerin! Es ist


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