Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 143

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vorbei sind nun Sprüche wie etwa: Österreich ist geographisch ein kleines Land, aber eine Weltmacht in Sachen erneuerbarer Energie! Wir wollen alternative Energiequellen ausbauen! – Nun wurde die Maske fallen gelassen.

Die österreichische Bundesregierung hat sich neu positioniert. Die Europäische Union hat ihr Klimaschutzpaket vorgelegt. Die schlechte Nachricht dabei ist, dass dieses Klimaschutzpaket weit hinter das zurück geht, was in Bali versprochen wurde, und damit weit hinter dem bleibt, was weltweit tatsächlich notwendig ist. Aber die noch schlechtere Nachricht, meine Damen und Herren, ist, dass die österreichische Bundes­regierung und allen voran Kanzler Gusenbauer, aber auch der Vizekanzler ange­kündigt haben, dass sie dieses Paket bekämpfen werden. Die neue Diktion aus Sicht dieser Bundesregierung ist: Klimaschutz bekämpfen.

Das ist jetzt einmal klar. Man hat die Maske fallen lassen. Das Schönreden ist beendet. Ihr Ziel ist es nun, die Europäische Union in ihren Vorhaben klimaschutzmäßig wieder im Rückwärtsgang zu bewegen und die österreichischen Klimaschutzziele zu bekämp­fen. Das klingt nicht nach Alfred Gusenbauer, sondern nach Fred Sinowatz aus den siebziger Jahren, nämlich nach steinzeitlicher Dinosaurier-Umweltpolitik. (Beifall bei den Grünen.)

Um das Absurde dieses Vorgehens noch einmal darzulegen: Herr Umweltminister! Herr Bundeskanzler! Sie wollen das Kyoto-Ziel 2012 erreichen. Das sagen Sie zumin­dest immer wieder. Das EU-Ziel 2020, das Sie bekämpfen wollen, weil Ihnen das zu viel ist und das nach Ihren Worten eine Belastungslawine für die Wirtschaft darstellt, beinhaltet deutlich höhere Werte als das Kyoto-Ziel. – Das würde bedeuten, dass bis 2012 stark reduziert und für Klimaschutz gekämpft wird, dass wir aber dann bis zum Jahr 2020 wieder 15 Prozent mehr CO2 emittieren, weil Ihnen das zu viel ist.

Ich verstehe die Welt nicht mehr, und ich verstehe Sie nicht mehr. Sie reden von Belastungspolitik, von einer Belastung für die Wirtschaft und von einem Belastungs­paket. Sie selbst haben voriges Jahr einen der jungen Berater des Teams von Nicholas Stern zum Klimaschutzgipfel eingeladen, ihn sprechen lassen und haben ihm – wie ich zumindest hoffe – zugehört. Und ich hoffe auch, dass Sie es verstanden haben. Das setze ich voraus, denn Sie sind an und für sich ein cleverer Politiker.

Die einfache Aussage dabei war, dass für den Fall, dass jetzt für Klimaschutz nichts getan wird, von einer starken Belastung der globalen Wirtschaftsleistung, konkret von 20 Prozent, auszugehen ist. Der Klimaschutz kostet hingegen im schlechtesten Fall 3 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung, und im besten Fall bringt er unter dem Strich sogar ein Plus.

Was das für den Einzelnen bedeutet, das wissen wir nun auch, denn die Europäische Union hat es uns vorgerechnet. Der Klimawandel kostet die EU-Bürger bei Nichtstun pro Kopf und Nase 3 000 €. Das Klimaschutzpaket, das Sie bekämpfen möchten, weil es nach Ihren Worten zu viel und eine Belastung ist, kostet die Bürgerinnen und Bürgern 150 €. – Ich glaube, das ist eine sehr einfache Rechnung, und ich frage mich, warum Sie diese nicht nachvollziehen können, denn Sie haben selbst diesen Nicholas-Stern-Bericht angeblich in den Mittelpunkt Ihrer Handlungen gestellt.

Wenn Sie so weitermachen, den Klimaschutz auf europäischer Ebene zu bekämpfen, immer weiter vom Kyoto-Ziel, das man nicht einmal mehr am Horizont erkennen kann, abrücken und in wesentlichen Bereichen nichts tun, dann belasten Sie tatsächlich die österreichische Bevölkerung und vor allem auch die nächste Generation!

Mir kommt das so vor, wie wenn die Regierung ins „Sacher“ essen geht, eine Menge und immer mehr konsumiert und sagt: Die, die zahlen, sind noch nicht da, die kommen noch. – Das ist Ihre Vorgangsweise in der Klimaschutzpolitik! Die Verantwortung für die


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