Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 62

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Bürgerinnen und Bürgern so auf den Geist geht und was zum Teil dafür verantwortlich ist, dass es manchmal dieses gestörte Vertrauensverhältnis der Bürgerinnen und Bür­ger zu uns, zur Politik, zum Parlament, zu den Akteuren der Politik gibt. Wir wollen das aufarbeiten, und wir wollen, dass es einen umfassenden Erneuerungsprozess gibt. Da­für ist schonungslose Aufklärung notwendig! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordne­ten von Grünen und FPÖ.)

Herr Innenminister, ich verstehe die Argumentation, mit der Sie heute gegen den Un­tersuchungsausschuss aufgetreten sind, nicht, denn danach hätte die ÖVP seit 1945 keinen einzigen Untersuchungssausschuss hier mit beschließen dürfen, auch keinen initiieren dürfen. Erinnern Sie sich, wie oft das aber der Fall war? – Es sitzen heute noch Abgeordnete Ihrer Partei hier, die gemeinsam mit uns einen Untersuchungsaus­schuss eingesetzt haben. (Abg. Strache: Das sind die Politik-Dinosaurier, die noch da sind!) Wenn man das von Haus aus schon, wie Sie sagen, als „schmutziges Schau­spiel“ heruntermacht, dann ist das eine Attacke auf ein Instrumentarium des National­rates, und das können wir nicht akzeptieren! (Beifall bei SPÖ, Grünen und FPÖ.)

Ich erinnere mich an Zeiten, da ist der Zweite Präsident und vormalige Klubobmann der ÖVP Heinrich Neisser hier gesessen, der zu der vorliegenden Causa am 13. Feb­ruar gesagt hat, dass der Sachverhalt, der diskutiert wird, ein klassisches Beispiel für einen Untersuchungsausschuss ist. (Zwischenruf der Abg. Höllerer.) – Wenn er noch hier sitzen würde, würden Sie heute zustimmen. Das ist die Wahrheit. Das ist die Än­derung, die eingetreten ist. Ich verstehe es nicht, dass Sie nicht zustimmen.

Mit den vielen Kritikpunkten, die hier geäußert werden, und dem Argument: Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu verhindern, kann also zustimmen!, kann man unterschiedlich umgehen. Man kann, wie das früher der Fall war, gemeinsam vorgehen oder auch nicht. Sie haben sich anscheinend – vielleicht gibt es Überraschungen – für den anderen Weg entschieden. (Ruf bei der ÖVP: Sie auch!) – Ich kann nur sagen: Wir haben uns für das Parlament und die parlamentarischen Kontroll- und Aufklärungs­rechte entschieden, einstimmig, die sozialdemokratische Parlamentsfraktion hat sich auch für diesen umfassenden Prüfauftrag entschieden, in dem alles enthalten ist – auch die Ereignisse der letzten Tage finden in diesem Prüfauftrag Niederschlag. Uns brauchen Sie diesbezüglich nichts vorzuwerfen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich verstehe es auch nicht, wenn Sie, Herr Minister Platter, sagen, dass Sie hier herin­nen den Stillstand garantieren! – Welche Tonlage ist das? Ist das eine Drohung oder was? – Das Parlament und die Regierung werden arbeiten! Zusammenhänge zwi­schen der Einrichtung eines Untersuchungsausschusses und der Regierungsfähigkeit einer Regierung sind nur in Bananenrepubliken möglich, hier nicht! Wir werden dafür sorgen, dass beides möglich ist, das kann ich Ihnen sagen! (Beifall bei SPÖ und Grü­nen sowie des Abg. Dr. Fichtenbauer.)

Ich bin acht Stunden lang in dem Innenausschuss gesessen (Zwischenruf des Abg. Hornek) und muss Ihnen sagen: Am Ende hat es mehr Fragen als Antworten gegeben (Abg. Hornek: Das ist unrichtig!), wiewohl ich zugestehe: Adamovich hat sich bemüht! Zum Schluss allerdings hat er im Zusammenhang mit der Aussage, dass es den Rechtsbegriff „Vertuschung“ gar nicht gibt, gesagt, dass da die Betroffenen gegenüber­gestellt werden müssen. Es muss noch einmal jemand ins Parlament geholt werden. Und das war eigentlich eine indirekte Empfehlung für die Einsetzung eines Untersu­chungsausschusses von Präsident Adamovich, den ich sehr respektiere und dessen Arbeit ich sehr schätze.

Ich respektiere und schätze selbstverständlich die Arbeit der unabhängigen Justiz, die hier zügig und präzise ihre Arbeit verrichtet. Aber vergessen wir nicht, es gibt auch noch die Aufgabe, die das Parlament hat: dass hier politische Verflechtungen, poli-


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