Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung, 9. April 2008 / Seite 98

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siert. Wir müssen realistisch genug sein und sehen, dass es mit dem EU-Beitritt selbst­verständlich zu einer massiven Einschränkung der Neutralität in ihrem ursprünglichen Sinne gekommen ist.

Aber was wir schon sehen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist, dass man auf­grund dieses EU-Vertrags letztlich in 181 Politikbereichen künftig mit Mehrheitsent­scheidungen drüberfahren kann, nicht muss, aber kann. In 181 Politikbereichen! Da­zu gehört etwa die Einwanderungspolitik. Das steht schon in diesem EU-Vertrag. Es steht drinnen, dass es künftig eine gemeinsame Einwanderungs- und Asylpolitik geben wird. Ob wir als Österreicher das jetzt wollen oder nicht, das werden wir nicht mehr mit­bestimmen können und nicht mehr mitbestimmen dürfen. Wir können zwar unsere Mei­nung sagen, aber wesentlich beeinflussen werden wir das nicht mehr können, weil die Mehrheit drüberfahren wird und weil es Österreich nicht in der Hand hat, wie Einwan­derung geregelt wird, wie Asylpolitik geregelt wird und wie Österreich davonkommt, ob Österreich nicht wieder zum Handkuss kommt bei einer Einwanderungspolitik, die wir nicht wollen. – Erster Punkt. (Beifall beim BZÖ.)

Zweiter Punkt: Wir haben sehr, sehr hohe Umwelt- und Verbraucherstandards in Öster­reich. Das ist auch der Punkt, den ich bei den Grünen nicht verstehe. Da werden wir künftig, nach diesem Vertrag, zwar auch Kritik üben und sagen können, wir haben so hohe Standards, wir werden jedoch nicht verhindern können, weil das künftig auch im Mehrheitsentscheidungsbereich liegen wird, wenn diese Standards gesenkt werden und wenn es immer weitere Maßnahmen gibt, dass Umwelt- und Verbraucherstan­dards, für Lebensmittel zum Beispiel, gesenkt werden. Es war ja nur ein Versprecher, ein Identifikationsversprecher, dass ein Kommissar der Europäischen Union verlangt hat, dass künftig sämtliche Produkte in der Europäischen Union nur mit „EU“ und nicht mit einer Ursprungslandkennzeichnung gekennzeichnet werden. Das war schon eine erste Idee. Sie wurde zwar zurückgenommen, aber das war schon ein erster Ansatz, dass diese Verbraucherstandards auch gesenkt werden sollen.

Ich sage Ihnen: Da hätte ich lieber das Einstimmigkeitsprinzip, wo sich Österreich weh­ren und mit einem Veto seine hohen Standards sichern kann, weil wir es unseren Bür­gern letztlich schuldig sind, dass sie ein gutes Essen und eine gute Versorgung in Ös­terreich haben. (Beifall beim BZÖ.)

Das Gleiche gilt in der Gesundheitspolitik. Österreich wird nicht mehr mitbestimmen können, wenn die Europäische Union beschließt, dass künftig die Gesundheitsversor­gung in ganz Europa zum Selbstkostenpreis des Heimatlandes passiert. Das ist die Wahrheit. Wenn künftig ein Rumäne, ein Bulgare, wer auch immer, zu uns nach Öster­reich kommt und sich bei uns behandeln lässt, dann wird er – und das ist das auf dem Tisch liegende Modell – nur mehr die Gesundheits- und Behandlungskosten seines Ur­sprungslandes, die ja wesentlich unter unseren Kosten liegen, bezahlen müssen. (Abg. Strache: Das ist richtig!)

Das heißt, unser Gesundheitssystem wird ein Stückchen mehr unfinanzierbar – und zahlen müssen das die Österreicher! Da will ich etwas dagegen sagen dürfen. Da will ich mich in der Europäischen Union wehren dürfen. Da will ich nicht zu einer Minder­heit, über die drübergefahren wird, degradiert werden. Deswegen sind wir auch so kri­tisch, was diesen Vertrag anlangt. (Beifall beim BZÖ.)

Oder: Wir werden künftig auch, was neue Steuern anlangt, nicht eingreifen können. Dann können wir den Kopf schütteln, wir können sagen: Oh, wie unfair!, aber wir wer­den es nicht verhindern können, wenn die Europäische Union eine EU-Steuer einfüh-


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