Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung, 9. April 2008 / Seite 163

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der Strafverfolgung in Österreich mittels des Europäischen Haftbefehls wieder zuge­führt werden konnte. Damit wird klar, dass nicht alle eine Freude damit haben, wenn die Justiz europaweit gut vernetzt ist und es auf dem Gebiet der Justiz eine gute Zu­sammenarbeit gibt.

Zum Grundrechtskatalog möchte ich noch anmerken – es haben einige Sprecherinnen und Sprecher schon sehr ausführlich dazu Stellung genommen –, dass wir eine Moder­nisierung auch bei den klassischen Grundrechten haben. Es ist insofern tatsächlich der modernste Grundrechtskatalog auch im Bereich der traditionellen Grund- und Freiheits­rechte. Zum Beispiel das ausdrückliche Verbot des reproduktiven Klonens ist darin festgehalten oder als neuer Diskriminierungstatbestand das Verbot der Diskriminierung aufgrund genetischer Merkmale. Wir haben zusätzliche soziale Rechte; das wurde schon betont. Die Behauptung, es käme zu einer Abschaffung von kollektivvertragli­chen Instrumenten, kann leicht widerlegt werden durch einen Blick in die Grundrechts­charta. Es wird auch ausdrücklich das Streikrecht darin festgehalten, etwas, was im ös­terreichischen Grundrechtsbestand nicht enthalten ist und tatsächlich einen Fortschritt darstellt.

Oder: Bei den justiziellen Rechten gibt es die klassischen Rechte, wie etwa das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und das Recht, vor einem unparteiischen Gericht seine eigene Sache verhandelt zu bekommen. Aber es wird zum Beispiel auch das Recht auf Prozesskostenhilfe eingeführt. Das ist auch etwas, was einen tatsächlichen Fortschritt darstellt.

Noch kurz zur Vereinfachung der Verfahren: Wir hatten bisher auf der Ebene der Euro­päischen Union 15 verschiedene Beschlussfassungsformen: die Verordnung, die Richt­linie, die Rahmenrichtlinie, den Rahmenbeschluss, das Übereinkommen et cetera. Das wird radikal vereinfacht, zurückgeführt auf fünf Grundtypen. Das Verfahren, in denen diese Instrumente erarbeitet werden, wird ebenfalls sehr stark vereinfacht. Wir haben nur mehr ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren – das ist jenes Verfahren, in dem Rat und Europäisches Parlament gemeinsam und gleichberechtigt entscheiden – und ein besonders Verfahren, wo entweder das Europäische Parlament eine vorrangige Rolle hat oder der Europäische Rat oder der Ministerrat eine vorrangige Rolle hat.

Weiters werden wir tatsächlich in der Praxis sehr zentrale Vereinfachungen in der so­genannten Komitologie haben. Eine Kritik an der Union war auch immer, dass es unter der Ebene der Gesetzgebung zu einem Wildwuchs technischer Vorschriften gekom­men ist, die jeglicher demokratischer Kontrolle, nämlich sowohl der der nationalen Par­lamente als auch der des Europäischen Parlaments, entzogen waren. Diese Komitolo­gie-Vorschriften sind jetzt sozusagen in einem rechtsstaatlich mustergültigen Verfahren neu geregelt, und insbesondere auch eine gleichberechtigte Rolle des Europäischen Parlaments mit der des Rates.

Dieser Vertrag bringt mehr Rechtsstaatlichkeit, er bringt mehr Demokratie, er bringt mehr Rechte für die europäischen Bürger. Deshalb kann man zu diesem Vertrag nur aus voller Überzeugung und aus vollem Herzen ja sagen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Dr. Zinggl.)

15.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser zu Wort. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


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