Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 105

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Genau! Die Hände hat der Einzelne – das hat er damit gemeint –, nicht ein Verband, nicht eine Einheit oder sonst irgendetwas, sondern der Einzelne. Und genau darum geht es. (Abg. Mag. Schatz: Der Einzelne steht auch im Antrag!) Und ob es Ihnen passt oder nicht, das gilt auch für die Mitglieder der Waffen-SS. Man kann es sich nicht so einfach machen, wie Sie das tun, und in einer pseudomoralischen Begründung da kollektiv drüberfahren. Es müsste Ihnen auffallen, dass Sie mit dieser Argumentation im Grunde genommen genau das Gegenteil von dem tun, was Sie vorgeben. Und es müsste Ihnen auffallen, dass die Annahme einer besonderen Verantwortlichkeit für die Verbrechen und für die Vergehen anderer einem Denkmuster entspricht, das Sie mit Ihrem Antrag ja überwinden wollen. Wir wollen das auch, aber dieser Widerspruch sollte Ihnen auffallen. (Abg. Öllinger: Das merke ich!)

Und ich meine, dass das auch deshalb eine ganz gefährliche Argumentation ist, weil Sie ja im Umkehrschluss damit auch alle freisprechen, die dort nicht verurteilt worden sind, das heißt, die Wehrmacht ist nicht als verbrecherische Organisation einzustufen. Was bedeutet das dann? (Abg. Öllinger: Das ist etwas kühn!) – Na gut.

Ein paar Fakten gebe ich Ihnen auch noch mit auf den Weg. (Abg. Öllinger: Bis jetzt haben Sie eh keine gehabt!) Sie wissen ja ganz genau – und ich kann mich noch erinnern, welchen Tango Sie hier im Hohen Haus aufgeführt haben –, was war, als man das Asylverfahren, einfach weil es notwendig war, abgekürzt und einen endlosen Instanzenzug und Neuerungsverfahren gekürzt hat und nur noch eine Instanz eingesetzt hat. Das war ein Aufschrei: ein Anschlag gegen den Rechtsstaat, die Men­schenrechte werden ausgehebelt, und was weiß ich was noch alles!

Ich verweise Sie nur darauf, dass der Nürnberger Prozess, auf den Sie sich berufen, im Grunde genommen ein einstufiges Verfahren ohne Berufungsmöglichkeit war und dass dort keine Einzelverurteilung, sondern eine Pauschalverurteilung ausgesprochen wurde. Das sage ich Ihnen nur.

Ich lasse ein paar Dinge weg, was aber vielleicht für Sie noch interessant ist, ist Fol­gendes: Es hat ja in diesem Hohen Haus auch einmal eine Zeit gegeben, da haben die Kommunisten noch Kommunisten geheißen und noch nicht Grüne (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ), da waren sie also unmittelbar nach dem Krieg in diesem Hohen Haus vertreten. Und damals war doch die zeitliche Nähe zu all den Ereignissen noch etwas enger als heute. Und damals ist niemand – niemand, keine von den hier im Hohen Haus vertretenen Parteien! – auf die Idee gekommen, einen solchen Antrag zu stellen (Abg. Mag. Schatz: Die VdU sicher nicht!), obwohl es damals natürlich massiv – ganz massiv! – Leute gegeben hat, die durch Kriegsverwundungen und ähn­liches nicht mehr arbeitsfähig waren – auch aus dem Bereich der Waffen-SS – und entsprechend einen Rentenanspruch bekommen haben. (Abg. Öllinger: Das ist eine ziemlich kühne Sache!) Vielleicht denken Sie darüber irgendwann einmal nach.

Aber das ist ja überhaupt Ihr Problem. Ich teile mit Ihnen eines: Diese Dinge dürfen nie mehr passieren! Die Frage ist: Wie tut man der Sache einen guten Dienst? – Das ist schon ein entscheidender Punkt. Es ist ganz, ganz wichtig, immer wieder daran zu erinnern – gar keine Frage, da sind wir uns einig. Das ist aber nur die eine Seite der Medaille.

Die zweite Seite der Medaille ist: Sie brauchen so etwas wie einen allgemeinen mora­lischen Maßstab, um sagen zu können: Dieses Tun, dieses Menschenbild, dieses Vorgehen des Regimes, das ist verwerflich! Diesen Maßstab brauchen Sie. Und da kann man dann nicht, so wie es die Grünen sonst gerne tun, wenn sie den Begriff des Gewissens und damit die Moral ins Spiel bringen, daraus den innersten Kern der Willkür machen und jede Regel aufheben, denn da heißt dann Gewissen und Moralität plötzlich – etwa im Abtreibungsbereich –: Ein jeder macht, was er will. – So werden wir


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