Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll58. Sitzung / Seite 112

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einen verstärkten Opferschutz und kündigt ein zweites Gewaltschutzgesetz an. Und der Herr Klubobmann der ÖVP Dr. Schüssel hat gesagt, da sei etwas aus der Balance geraten und der Strafrahmen oder die Strafen, die von den Richtern verhängt werden, stimmen nicht mehr mit dem überein, das er als gerecht empfinde. – Meine Damen und Herren, das ist eine späte Erkenntnis! Dr. Schüssel hätte es in seiner Zeit als Kanzler dieser Republik sicher in der Hand gehabt, für das Erlassen der entsprechenden Gesetze zu sorgen.

Meine Damen und Herren, Tatsache ist, dass die Gewaltbereitschaft gegenüber Kin­dern und Jugendlichen in den vergangenen Jahren sprunghaft zugenommen hat. Ich habe mir mit Absicht Zeitungsartikel aus der Vergangenheit ausdrucken lassen. Ich zitiere:

Weil es nervte: Vater prügelte Baby fast tot. – Zitatende.

Oder: Baby wurde schwer misshandelt. Vier Monate altes Baby hat Schütteltrauma und Gehirnblutungen. – Zitatende.

Oder: Vater beruhigte Baby mit der Faust: Schädelbruch. – Zitatende.

So geht das weiter; die Zahl der Beispiele ließe sich fast beliebig vermehren.

Ein wesentlicher Grund dafür besteht zweifellos darin, dass noch immer zu viele bei Gewalt gegenüber Kindern wegschauen. Das war die Erkenntnis eines Symposiums, das schon im Jahr 2003 in Salzburg abgehalten wurde. Der Titel des Symposiums lautete: Gewalt gegen Kinder und Missbrauch von Kindern – was tun? Bei diesem Symposium hat eine Ärztin ihre Berufskollegen, die Ärzte, dazu aufgerufen, die Verantwortung wahrzunehmen, hellhörig zu sein und die Anzeigepflicht – die ja im Jahr 2001 im Ärztegesetz abgeschafft worden ist – wieder einzuführen.

Meine Damen und Herren, über das Thema § 54 Abs. 5 Ärztegesetz haben wir in diesem Haus schon öfter diskutiert. Ich habe im vergangenen Jahr im Petitions­aus­schuss eine Bürgerinitiative des Herrn Roman Ertl aus Neuseiersberg unterstützt. Diese Bürgerinitiative hat es sich zum Ziel gesetzt, die ausnahmslose Anzeigepflicht von Gewalttätern, wie es vor der Novelle 1998 der Fall war, wieder einzuführen. Von den Sozialdemokraten, der ÖVP und den Grünen, aber auch vom BZÖ wurde diese Bürgerinitiative am 20. September 2007 im Petitionsausschuss abgeschmettert, nachdem sowohl das Bundesministerium für Justiz als auch das Bundesministerium für Gesundheit, Jugend und Familie unglaubliche Stellungnahmen abgegeben hatten. (Zwischenruf der Abg. Zwerschitz.)

Frau Bundesministerin, ich habe Ihnen diese Stellungnahme von einigen Wochen vorgelesen. Sie haben damals genauso ungläubig geschaut, wie Sie das heute tun. Ich glaube, Sie haben Handlungsbedarf, wenn in Ihrem Ministerium eine Ministerial­beam­tin schreibt:

„Aus Sicht des Bundesministeriums für Justiz bleibt anzumerken, dass in Kreisen der Jugendwohlfahrt auch ein bestimmter Zweifel an der Wirksamkeit strafrechtlicher Maßnahmen zum Kinderschutz besteht.“

Meine Damen und Herren, das ist ja unglaublich! Wie soll man denn sonst reagieren? Soll man die Täter straffrei lassen, wenn die Justiz Zweifel hat, ob Strafen helfen?! – Ich glaube, hier ist ein Umdenken notwendig. Setzen Sie die richtigen Schritte, dann werden wir Sie unterstützen! (Beifall bei der FPÖ.)

13.26


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Darmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


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