Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll63. Sitzung, 6. und 7. Juni 2008 / Seite 271

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ten – in zivilisierten Staaten – auch eine zivilisierte Rechtskultur, die in diesem Gesetz jedoch so auf den Kopf gestellt wird, dass fast nichts mehr übrig bleibt.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Stummvoll! Ich frage Sie, denn Sie haben mit der Wirtschaft zu tun: Ich stelle jemanden zur Probe an. Was bedeutet das? Dass ich dieses Dienstverhältnis jederzeit wieder beenden kann. (Abg. Dr. Stummvoll: Wäh­rend der Probezeit!) – Das ist normal. Während der Probezeit, jawohl.

So, und jetzt kommt das Gesetz: Wir beenden jetzt als Dienstgeber dieses Dienstver­hältnis und sagen während der Probezeit: Okay, wir machen Schluss. Wenn uns jetzt irgendjemand unterstellt, dass das vielleicht irgendwie etwas mit Frauen oder Nicht-Frauen und so weiter zu tun hat, dann wird aus dem Probedienstverhältnis ein Dauer­dienstverhältnis. (Abg. Rauch-Kallat: Das stimmt ja nicht!) – Ja, Herr Kollege Stumm­voll, das steht so im Gesetz!

Und jetzt sage ich Ihnen etwas noch viel Wilderes: Wissen Sie, was nach diesem Ge­setz noch möglich ist? – Nehmen wir an, wir beide sind Unternehmer und wissen, dass wir bis zum 31. Oktober sehr viele Leute brauchen, aber am 1. November ist Schluss. Was machen wir dann? Wir regeln das über ein befristetes Dienstverhältnis.

Wissen Sie, was am 1. November nach diesem Gesetz möglich ist? Die Damen mit diesem befristeten Dienstverhältnis kommen daher, machen uns die gleiche Unterstel­lung, dringen durch und bleiben auf ewig in unserem Betrieb beschäftigt! (Abg. Rauch-Kallat: Das stimmt doch alles nicht!) Danke, meine Herren! Für so eine Rechtskultur habe ich nichts übrig! (Beifall bei der FPÖ. Abg. Rauch-Kallat: Schämen Sie sich, dass Sie als Jurist ...!)

21.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Weinzin­ger zu Wort. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


21.18.54

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn Abgeordneter Kle­ment ausgerechnet in diesem Tonfall über Wahn spricht und dabei krudeste Vorstellun­gen zum Besten gibt, wenn Kollege Haimbuchner in einer – ich kann mich nicht erin­nern, also in einer in meinen Augen – noch nie da gewesenen Form der rhetorischen Darbietung von Hysterie und Emotionalität spricht – einmal ganz abgesehen von mei­nem Vorredner, der offenbar keinerlei Gesetze einschlägiger Art kennt –, dann könnte man das ziemlich amüsant finden. (Zwischenrufe bei der FPÖ. Abg. Dr. Graf: Ihr habt schon öfters so geredet! – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Klement.)

Ehrlich gestanden bleibt mir das Lachen aber ein bisserl im Halse stecken. Wenn ich mir anhöre, in welchem Tonfall, mit welcher Körpersprache, mit welchen kippenden Stimmeffekten und mit welcher Phraseologie gearbeitet wird, dann erinnert mich das an Tonbandaufnahmen von Politikern vergangener Zeiten, und das finde ich überhaupt nicht mehr lustig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

„Mehr Arbeit für das Volk.“ – Ich werde dieses Zitat heraussuchen. (Abg. Dr. Haim­buchner: An welche Zeiten denken Sie? Das hätte ich gerne gewusst! – Abg. Dr. As­pöck: Das ist eine Unterstellung! Abg. Dr. Graf: Was haben Sie gegen Kreisky?)

Was dabei neu ist, ist das Themenfeld. Ich kenne so manche einschlägigen, sprachlich absolut immer wieder verräterischen – gerade Sie sollten aufpassen, was Sprache alles verrät! – Äußerungen gegen Fremde, gegen Ausländerinnen und Ausländer in Österreich. Ich habe aber noch nicht erlebt – und schon gar nicht im Parlament! –, dass da flächendeckend gegen eine gesamte Geschlechtsgruppe vorgegangen wird und ein Anliegen, das als zentrales Anliegen der österreichischen Gesellschaft veran-


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