Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll65. Sitzung / Seite 219

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Im öffentlichen Bereich – also in allen Spitälern, die dem Bund, den Ländern und den Gemeinden gehörten – waren Arbeitszeiten von bis zu 77 oder 80 Stunden am Stück, das heißt, meistens von Freitag bis irgendwann Montag Mittag – absolut keine Selten­heit. Damals habe ich meinen Turnus begonnen. Für mich war es unvorstellbar, we­niger als acht, neun oder zehn Nachtdienste zu haben. Anfangs haben wir uns durch den Umstand, dass man uns in unserer Arbeitszeit irgendwie beschränken wollte, eher gegängelt gefühlt.

Mit Inkrafttreten des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes hat man aber gemerkt, dass es deutlich angenehmer ist, wenn man nicht mehr so lange arbeiten muss, es gere­gelte Ruhepausen gibt und der Dienstgeber dazu angehalten wird, mehr Menschen in Beschäftigung zu nehmen. Dann ist es nämlich nicht mehr notwendig, dass sich zwei, drei oder vier Ärztinnen und Ärzte eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung aufteilen müs­sen. – Das war 1997.

Das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz wurde dann noch einmal geringfügig novel­liert, aber es blieben Lücken. Diese Lücken, mit deren Schließung wir uns heute befas­sen, waren schon sehr, sehr lange ein Ärgernis – für die Gewerkschaften und für die Ärztekammer. Was waren diese Lücken?

Im öffentlichen Bereich, also im Bereich des KVs war es durchaus üblich, dass die Ar­beitszeiten der Kolleginnen und Kollegen aufgezeichnet wurden. Jede Arbeitszeitüber­schreitung jedes Einzelnen, die es immer wieder gab, wurde dokumentiert und dem Arbeitsinspektorat gemeldet. Es gab aber auch eine Menge Häuser, wo es überhaupt keine Arbeitszeitaufzeichnungen gab. Das heißt, man hat sich auf eine Gesetzeslücke zurückgezogen, die gesagt hat: Strafen gibt es im Falle von Aufzeichnung für jeden einzelnen Fall der nicht erklärbaren Überschreitung. – Wenn man gar keine Aufzeich­nungen führte, dann war klar, dass man nur für eine bestraft würde. Das heißt, sehr, sehr viele Häuser beziehungsweise Träger haben sich dafür entschieden, zu sagen: Da ist es viel gescheiter, wenn wir überhaupt keine Arbeitszeitenaufzeichnungen füh­ren; sollte uns das Arbeitsinspektorat erwischen, zahlen wir eben die eine Strafe.

Eine zweite Lücke bestand darin, dass es im Bereich der öffentlichen Dienste keine Möglichkeiten der Sanktion des Arbeitsinspektorates gab. Wir haben zwar alles mitge­kriegt, was sich an der Medizinischen Universität Wien abgespielt hat, aber es gab eigentlich keine Möglichkeit, zu sanktionieren. Zum Beispiel im Bereich der Anästhesie war es keine Seltenheit, dass Kolleginnen und Kollegen dort über 100 Stunden pro Woche arbeiteten, und unheimlich viele haben gefehlt. Jetzt versucht man, auf den Rektor zurückzugreifen. Inwieweit das sinnvoll ist, werden wir sehen.

Diese Lücke zu schließen – das heißt, zu versuchen, auch im öffentlichen Bereich zu sanktionieren –, ist über eine Hintertür gelungen, nämlich über die Frage der Arbeits­kräfteüberlassung. Sehr, sehr viele Länder und Gemeinden sind Dienstgeber, haben aber ihre Spitäler in Betreibergesellschaften; Betreibergesellschaften betreiben also Spitäler. Durch die Novelle, die wir heute beschließen, ist es nun möglich, auch dort Sanktionsmaßnahmen einzuführen. Es wurde also wieder einmal eine Lücke, die wir hatten, geschlossen.

Eines noch – etwas, das im Bereich der Stadt Wien bereits seit 1997 gang und gäbe war –: Es war so, dass das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz im Bereich von Pflege­heimen keine Geltung hatte. Jetzt ist es so, dass sehr viele der Kolleginnen und Kol­legen – wir wissen das zum Teil vom Pflegepersonal – extreme Schwierigkeiten mit Acht-Stunden-Diensten hatten. Das heißt, dass die KollegInnen lieber längere Dienste, dazwischen aber auch längere Ruhepausen hatten. Das war aber im Rahmen von Pflegeheimen nicht möglich. Auch das wird hiermit ausgedehnt und ist ein Fortschritt, der mit dieser Gesetzesnovelle gekommen ist.

 


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