Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 132

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Während offensichtlich – wenn man sich die Zahlen anschaut, so kann man das fest­stellen – Geldwäscher, Waffenschieber, Frauenhändler ihren Geschäften nachgehen können, sitzen die Tierschützer in Österreich in Untersuchungshaft. Stellen wir noch einmal gegenüber: dort Versklavung und Milliardenumsätze, da Tierschutz und mögli­cherweise – das ist natürlich in einem Verfahren zu klären – Sachbeschädigung in der Höhe von einigen tausend Euro! (Abg. Mag. Donnerbauer: Möglicherweise? Schauen Sie sich einmal an, was die aufgeführt haben!)

Natürlich „möglicherweise“, denn in Österreich gilt immer noch die Unschuldsvermu­tung. Vielleicht nicht bei Ihnen – aber das ist ein Rechtsgrundsatz! (Beifall bei den Grü­nen.)

Natürlich „möglicherweise“! Das ist in einem Verfahren zu klären. Aber eines ist klar: möglicherweise Sachbeschädigung, aber sicher nie die Erfüllung des Straftatbestandes „Bildung einer kriminellen Organisation“ gemäß § 278a Strafgesetzbuch.

Das ist ein klarer Missbrauch! Und er hat auch ein Vorbild, meine Damen und Her-
ren, es ist ja nicht der erste Fall. Es gibt einen ähnlichen Fall in Deutschland – dort ist der § 129 zur Anwendung gekommen –, und zwar war 2007, wie vielleicht einige hier wissen werden, der G8-Gipfel in Deutschland, und dort hat es natürlich jede Menge Wi­derstand gegeben, denn was die G8 auf einem Gipfel macht, das gefällt nicht allen; das ist nachvollziehbar.

Was hat damals die Polizei dort gemacht? – Man hat in Deutschland den § 129 ange­wendet, hat behauptet, es gäbe da eine militante Kampagne zur Verhinderung der G8, das sei eine kriminelle Organisation, hat Hausdurchsuchungen durchgeführt und eine Untersuchungshaft verhängt. Dies war offensichtlich das Vorbild für die Vorgangsweise in Österreich.

Warum wurde der § 278a Strafgesetzbuch angewendet? Das ist eine spannende Fra­ge! Warum ist man nicht einfach hergegangen und hat gesagt: Okay, da gibt es ein Graffiti an der Wand, und man schaut sich an, wer das war, und macht dann ein Ver­fahren wegen Sachbeschädigung und entscheidet für eine Lösung in Form einer Diver­sion – oder auch nicht. Das sind ganz normale Dinge, die immer wieder vorkommen.

Es gibt einen Grund: Polizei und Staatsanwaltschaft konnten offensichtlich die Delikte einzelnen Personen nicht zuordnen und damit auch keine Strafverfolgungshandlungen setzen. Das war das Problem der Polizei! Und da ist man auf die gute Idee gekommen, da gäbe es ja den § 278a Strafgesetzbuch, da kommt es gar nicht auf die Begehung strafbarer Handlungen an. Da kommt es nämlich nur darauf an, dass man Mitglied einer kriminellen Organisation ist. Und somit war der Mythos der kriminellen Organisa­tion konstruiert, und plötzlich hat man eine Personengruppe herausgegriffen. Die hat man ja gekannt, das BVT hat sie überwacht und gesagt: Das ist die Personengruppe, die strafbare Handlungen gesetzt hat. Wir können sie zwar niemandem zuordnen, aber weil sie Mitglied einer kriminellen Organisation sind, wird jetzt über sie die Untersu­chungshaft verhängt und gibt es Hausdurchsuchungen!

Es gibt ein einziges Ziel hinter diesem Manöver, Frau Bundesministerin, und da ersu­che ich schon um Ihre Aufmerksamkeit (Bundesministerin Dr. Berger ist in ein Ge­spräch verwickelt), denn das ist ein sensibler Bereich. Ich glaube ja eigentlich, dass nicht einmal die Staatsanwaltschaft glaubt, dass am Ende der § 278a StGB zur Anwen­dung kommt.

§ 278a StGB ist ein Vehikel, er wird als Ermittlungsparagraph missbraucht – das ist jetzt der Vorwurf –, dann kommt es zu den Hausdurchsuchungen, man kommt so mög­licherweise an belastendes Material heran, das man dann in Einzelverfahren gegen einzelne Personen einsetzt, und der § 278a wird fallen gelassen. Diese Vorgangsweise


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