Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll4. Sitzung / Seite 63

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bisschen eine Orientierung zu geben, dies vor allem auch vor dem Hintergrund, dass viele, viele Menschen in Österreich das Vertrauen nicht nur in die Politik, sondern auch das Vertrauen in die wirtschaftlichen Eliten verloren haben. Angesichts dessen wäre es, glaube ich, schon ein Gebot der Stunde gewesen, sich dazu zu äußern. Ich hoffe, dass das nicht ein Vorzeichen für ein schlechtes Verhältnis zwischen der neuen Regierung, einem designierten Bundeskanzler und diesem Parlament ist. Ich wünsche mir da schon ein bisschen Kollegialität und auch ein bisschen Transparenz und Offenheit auch im Hinblick auf die Bürgerinnen- und Bürgerinteressen.

Aber auch eine zweite Frage haben Sie nicht beantwortet. Letztendlich geht es bei der Frage um Postliberalisierung, Vollliberalisierung, Herr Kopf, nicht darum, dass Sie uns erklären müssen, wie die technischen Innovationen gelaufen sind. Dass wir uns hinter die Verteidiger der Postkutschen-Technologie stellen, können Sie, glaube ich, ja doch nicht annehmen. Allerdings ist die alles entscheidende Frage: Was wurde in den letz­ten Jahren unternommen, um diese Vollliberalisierung auch vorzubereiten, um hier zu regulieren, um hier einen Markt so vorzubereiten, dass nicht gerade das staatsnahe Unternehmen oder das vormalige Monopolunternehmen in erhebliche Schwierigkeiten kommt, und das insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir nächstes Jahr mit vielen tausenden arbeitslosen Menschen mehr rechnen müssen – sehr bedauerlich! –, wenn nicht überall entgegengesteuert wird?

Das ist die zentrale Frage, aber Sie haben darauf in keiner Weise Bezug genommen. Wann wurden Sie wirklich informiert? Wann haben Sie sich wirklich – jetzt auch als Bringschuld Ihres Ministeriums – mit der Situation der Vollliberalisierung beschäftigt? Wann haben Sie Gegenmaßnahmen eingeleitet? Wann haben Sie sich internationale Beispiele angesehen, wie man diese Liberalisierung auch abfedern oder intelligent gestalten kann? Zu all dem haben Sie kein Wort verloren, und das ist bedauerlich. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

Herr Kollege Kopf, da geht es ja um mehr als um den Markt, da geht es um mehr als um marktwirtschaftliche Fragen, sondern da geht es um Infrastruktur, und Infrastruktur hat auch sehr viel mit Lebensqualität zu tun. Sie als ÖVP sind immer die Partei gewesen, die vor allem gegen das Ausräumen des ländlichen Raumes gewesen sind – Postämter, Nahversorgung, Gendarmerieposten –, aber das ist offensichtlich ein reines Lippenbekenntnis gewesen. Man muss sich Gedanken machen, wie man gerade den ländlichen Raum stärken kann, welche Rolle da auch diese Dienstleister in Zukunft haben können – auf eine intelligente Art und Weise und nicht auf Wirtshausniveau. Aber das ist in der Form leider nicht zustande gekommen, und deswegen tut es mir sehr, sehr leid, dass Sie heute nicht die Chance genutzt haben, dazu Stellung zu nehmen.

Eine Frage möchte ich Ihnen auch noch stellen, und zwar, warum Sie sich in diesen Konflikten, die sich da aufgetan haben, immer auf die Seite des Spitzenmanagements gestellt haben, warum Sie nicht auch einmal eingestanden haben, dass es krasse Fehleinschätzungen des Managements gegeben hat, sowohl bei der AUA als auch bei der Post und bei der ÖIAG, warum es nicht schon deutliche Ahnungen gegeben hat von solchen Misseinschätzungen und auch von Misswirtschaft in diesem Bereich, warum Sie sich da herstellen und überhaupt keine Kritikfähigkeit zeigen, wenn es darum geht, auch wieder ein gewisses Vertrauen der Bevölkerung herzustellen. Das Vertrauen der Bevölkerung auch in die wirtschaftlichen Eliten ist schwerst erschüttert, und das sollten Sie auch ernst nehmen. (Beifall bei den Grünen.)

Dieser Vertrauensverlust hat natürlich auch seine Ursache im Bankenpaket, und auch dazu hätten Sie heute noch etwas sagen können, hätten Sie eine Erklärung dazu abgeben können, warum es hier tatsächlich keine Auflagen gibt. Selbstverständlich, das Bankenpaket hat auch einen Sicherheitsfunktionscharakter für die Einlagen und


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