Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll10. Sitzung / Seite 145

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einen neuen Weg geht – oder ob er nur halbherzig ein bisschen darüber redet. Ein bisschen darüber zu reden reicht nämlich nicht. Man muss sehr real und auch sehr ehrlich und offensiv für diese Energiewende arbeiten, sonst holt sie einen ein. (Beifall bei den Grünen.)

Lernchancen gab es einige in den letzten Jahren. Wir erinnern uns zurück: Als Putin 2006 erstmals den Gashahn als politisches Machtinstrument gegenüber der Ukraine ausgenutzt hat, wurde es unmissverständlich klar, wie erpressbar Europa ist und vor allem in Zukunft sein wird. Putin hat im Sinne einer Aussage von Henry Kissinger ge­handelt, dem folgendes Zitat zugeschrieben wird: Beherrsche die Energie, und du be­herrschst die Nationen. Diese Lektion hat Putin, glaube ich, sehr gut gelernt.

Im Sommer des Jahres 2008 haben wir auch gesehen, dass er nicht davor zurück­schreckt, mit militärischen Mitteln um ein winziges Fleckchen Erde am Kaukasus vor­zugehen, um eine Pipeline zu schützen.

Die Ölpreisspirale brauche ich Ihnen heute nicht mehr nahezubringen, das ist schon geschehen. 150 Dollar, eine Preisspirale, die maßgeblich für die sogenannte Teuerung in Österreich verantwortlich war. Da haben wohl alle Alarmsirenen, die heulen können, tatsächlich geheult, und ein Umsteuern wäre jeden Tag, jede Stunde möglich gewesen.

Bis jetzt ist das aber nicht passiert. Bis jetzt haben Sie nichts dazugelernt, sondern Sie haben so weitergetan, als gäbe es kein Morgen: Eisberg in Sicht, volle Kraft voraus! Das ist die notwendige und jetzt auch recht grausame Analyse des derzeitigen Status quo.

Die Realität möchte ich noch einmal kurz beschreiben: Der Anteil der erneuerbaren Energie stagniert, entgegen all den schönen Worten, die wir heute gehört haben. Der Stromverbrauch steigt dramatisch – zwischen 2 und 4 Prozent jedes Jahr. Der Gasver­brauch steigt. Die Kosten für Energieimporte sind explodiert und haben sich in den letz­ten Jahren fast verdoppelt. Die Klimaziele sind gescheitert, und der Ökostrom-Ausbau bewegt sich im Promillebereich. In den letzten beiden Jahren gab es im Wesentlichen null Ausbau. Das ist die Wahrheit hinter all diesen schönen Worten, die wir heute schon gehört haben.

Das Allerschlimmste ist  und das ist vor allem das, was Sie als Wirtschaftsminister interessieren sollte: Es gibt in diesen Bereichen Tausende von Arbeitsplätzen, die man realisieren kann, gerade in einer Situation wie jetzt. Das wird überall diskutiert, allen voran  viel zitiert – von Obama in den USA.  Tausende Arbeitsplätze!

Es gibt auch Stimmen in Ihren eigenen Reihen vor allem der Bauernbund, aber auch der ehemalige Agrarkommissar Fischler –, die Sie immer wieder mit der Nase auf die­se Realität gestoßen haben, die Sie aber bis zum heutigen Tag nicht erkannt haben.

Das, was Sie uns jetzt mitgeben wollen, ist die Botschaft, dass das, was die Grünen unter Energiewende verstehen, was das WIFO, was viele Experten in diesem Bereich beschreiben und fordern, nicht realistisch sei, und man soll der Bevölkerung keine Illu­sionen machen. Das sei einfach nicht möglich und nicht realistisch.

Jetzt möchte ich Ihren Begriff von Realismus schon ein bisschen auf die Probe stellen, der, was die Zukunft betrifft, wirklich naiv ist. Ich glaube, dieser historische Gasstreit markiert eine Zäsur, und diese Zäsur bedeutet, dass kein vernünftiger Politiker in Ös­terreich oder in der Europäischen Union behaupten kann – sicher behaupten kann –, die Versorgung mit Öl und Gas sei eine zukunftssichere Option. (Abg. Ing. Hofer: Wo­mit heizen Sie?) Das ist vorbei. Das kann man nie wieder behaupten.

Selbst wenn Sie uns nicht glauben, es haben sich einige nicht sehr grün-nahe, sondern eher aus dem Bereich der Unternehmensberatung stammende Experten dazu zu Wort gemeldet. Eine bemerkenswerte Studie von A. T. Kearney ist diese Woche publiziert


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