Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 206

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Es ist ganz besonders dann notwendig, gesetzlich einzugreifen, wenn die Unterneh­men von selbst derart niedrige Mindestlöhne zahlen, wie das leider in Österreich nach wie vor der Fall ist.

Meine Damen und Herren, Sie fühlen sich nicht zuständig – auch Sie nicht, meine Da­men und Herren von der ÖVP. Für Sie regelt der Markt den Wert der Arbeit, und Sie sagen, solange es Menschen gibt, die für so wenig Geld arbeiten, wird das schon pas­sen, und wenn wir in Österreich keine armen Schlucker mehr haben, die das tun müs­sen, dann holen wir sie aus dem Osten oder aus dem Süden. (Abg. Großruck: Das ist völlig falsch! Eine Unterstellung! Kollektivverträge!)

Und damit das ganze System nicht kollabiert, damit diese Ausgebeuteten nicht irgend­wann einmal draufkommen, dass sie ausgebeutet sind beziehungsweise dagegen re­voltieren, haben wir dann die öffentliche Hand. Die öffentliche Hand soll das ausglei­chen, die soll zuschießen, die soll dann zahlen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist nicht die Haltung der Grünen. Der Lohn für eine Vollzeitbeschäftigung muss einfach existenzsichernd sein – und wenn die Unternehmen nicht bereit sind, dieses auch ethische Mindestmaß zu erfüllen, dann braucht es gesetzliche Vorgaben.

Meine Damen und Herren von der SPÖ, auch Ihre starre Haltung kann ich nicht nach­vollziehen. Auch Sie sagen, Sie seien nicht zuständig. Sie schieben die Verantwortung auf die Gewerkschaften, doch was ist dabei herausgekommen? 1 000 € brutto, 848 € netto, und das ist einfach zu wenig. Sie wissen, dass die Lebenshaltungskosten jähr­lich steigen – jetzt gerade durch die Inflation im letzten Jahr noch einmal rapide. Da ist das zu wenig. (Ruf bei der ÖVP: Jetzt sinken sie wieder!)

Es geht nämlich nicht nur darum, dass die 848 € zu wenig sind, sondern es sind ja noch nicht einmal alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit diesen 848 € abgesi­chert. Es gibt nach wie vor Branchen, wo nicht einmal das umgesetzt ist! Die Angestell­ten, Apotheker, freie Berufe, Notare, MasseurInnen, FußpflegerInnen et cetera – in die­sen Gruppen und in der riesigen Gruppe der Freien Dienstnehmer gibt es nicht einmal das! Unsere Regelung würde sie mit einschließen.

Meine Damen und Herren, bitte kommen Sie mir auch nicht immer wieder mit der Lohnverhandlungshoheit der Kollektivvertragspartner, denn es geht nur um eine Unter­grenze. Es geht um einen Schutz nach unten, um einen Schutz vor Armut. Was im­mer Sie darüber hinaus in Ihren Kollektivvertragsverhandlungen für die Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmer herausholen, das begrüßen wir. Den Schutz müssen aber offensichtlich wir politisch festlegen, denn sonst geschieht es nicht.

Liebe Damen und Herren, ich hoffe, Sie ändern Ihre Position dazu, und die Debatte im Ausschuss wird konstruktiv. (Beifall bei den Grünen.)

18.44


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Katzian zu Wort. – Bitte.

 


18.44.21

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Schatz, ich bin sehr dankbar für den Beginn dieser Diskussion. Ich glaube, wir werden Gelegenheit haben, diese Diskussion im Sozialausschuss und in anderen Bereichen fortzusetzen. Es sind von Ihnen in der Einleitung zu dieser Debatte einige Dinge ge­nannt worden, die ich zum einen absolut nachvollziehen kann und wo ich auch glaube, dass es wichtig ist, dass wir uns in der politischen Debatte und im politischen Diskurs damit auseinandersetzen – Stichwort: Veränderungen in der Arbeitswelt, Armut trotz Arbeit, und all die Entwicklungen, die es da gibt.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite