Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll32. Sitzung / Seite 86

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Ich selbst bin gehörlos, bin eine gehörlose Behindertensprecherin, und mir liegen alle Anliegen aller behinderten Menschen am Herzen – egal ob es sich um gehörlose, um blinde Menschen, um RollstuhlfahrerInnen, um ältere Menschen, um Mobilitätseinge­schränkte, um Mehrfachbehinderte handelt. Mir sind wirklich alle Anliegen wichtig, aber in diesem Zusammenhang ist es für uns besonders wichtig, für uns hier, dass wir eine bindende Festhaltung, eine schriftliche Festhaltung treffen: Wir müssen behinderten Menschen eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben ermöglichen. (Allgemeiner Bei­fall.)

Nun zum Behindertenbericht. – Unabhängig von meiner Parteizugehörigkeit wundere ich mich darüber, ich wundere mich wirklich über diesen Behindertenbericht und wel­ches Verständnis von Behinderung und behinderten Menschen hier zutage tritt.

Zum Beispiel: Das Bundesministerium für Inneres sagt, Wahllokale haben keinen bar­rierefreien Zugang für RollstuhlfahrerInnen und mobilitätseingeschränkte Menschen, weil das Schulgebäude schon älter ist und man es nicht barrierefrei gestalten kann.

Ein anderes Beispiel, das ich gelesen habe: Da heißt es, es gibt Schulen, da wird ös­terreichische Gebärdensprache angeboten. Aber in Wahrheit dürfen LehrerInnen ge­hörlose Kinder unterrichten, ohne eine einzige Gebärde zu beherrschen! Ich bin selbst Lehrerin. Und Sie haben wirklich richtig gehört: LehrerInnen dürfen gehörlose Kinder unterrichten, ohne dass sie Gebärden können! Stellen Sie sich einmal vor, wenn eine Französischlehrerin kein einziges Wort Französisch könnte! Was würden da wohl die Eltern hörender Kinder sagen?

Der Behindertenbericht muss beinhalten, welche konkrete Schritte zu setzen sind. Die Leute, die etwas verändern wollen, die wirkliche Barrierefreiheit erreichen möchten, brauchen diese Schritte, müssen wissen, was sie zu tun haben.

Zum Abschluss möchte ich gerne sagen: Was das Behindertengleichstellungsgesetz angeht, möchte ich mich gerne mit Ihnen und mit allen BehindertensprecherInnen an einen Tisch setzen, damit wir dieses Gesetz wirklich verändern. Die Politik kann das Leben behinderter Menschen wirklich revolutionieren! Wir haben 1,6 Millionen behin­derte Menschen hier in Österreich, und wir können deren Leben verbessern. Wir müs­sen an die Menschen von morgen und von übermorgen denken! (Allgemeiner Beifall.)

Zum Schluss möchte ich noch gerne – und bitte, erlauben Sie mir das – einen kurzen Kontext zur Wirtschaftskrise herstellen. Ich erinnere mich noch an unseren ehemaligen Bundeskanzler Schüssel. Er sagte, Politik kann keine Arbeitsplätze schaffen. – Er hat sich geirrt: Die GebärdensprachdolmetscherInnen hier beweisen genau das Gegenteil. (Heiterkeit.)

Auf eine gute, barrierefreie Zusammenarbeit! – Danke. (Allgemeiner Beifall. – Abg. Mag. Kogler überreicht Abg. Mag. Jarmer einen Blumenstrauß.)

12.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Bundesminister Hundstorfer. – Bitte.

 


12.27.14

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Mag. Jarmer, ich darf Sie auch im Namen der Regierung hier recht herzlich begrüßen. Sie haben eines bewirkt in diesem Haus, was ich in einer meiner Vorgängerfunktionen – Sie wissen, ich habe schon eine gewisse politische Karriere – vor über acht Jahren als Vorsitzender des Wiener Gemeinderates verfügt habe, dass nämlich die Sitzungen mittels Gebär­dendolmetsch übersetzt werden und somit auch der Öffentlichkeit zugänglich sind. Ich danke, dass das Parlament nachgezogen hat, und ich danke Ihnen, dass Sie dieses


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