Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll40. Sitzung / Seite 26

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Wenn wir einzelne Punkte dieser thematischen Befassung herausgreifen, dann zum Beispiel ein Zitat der Frau Bundesministerin. Bei den ÖBB müssen in Zukunft wieder die Kunden im Mittelpunkt stehen, fordert selbst Verkehrsministerin Doris Bures.

Wenn ich die Ernsthaftigkeit dieses Ausspruches in Verbindung mit der heutigen An­sprache der Frau Bundesministerin betrachte, dann muss ich sagen, diese hat eher an eine Motivationsansprache eines sozialistischen Zentralsekretärs oder einer ‑sekretärin erinnert. Die Forderung, wieder die Kunden in den Mittelpunkt zu stellen, erinnert mich an etwas, was in der Wiener Kabarettszene der sechziger Jahre über den weiland so­zialistischen Bürgermeister Marek die Runde gemacht hat, der da gesagt haben soll: Der Mensch muss dem Menschen dienen und nicht umgekehrt. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn wir dieses Gedankenmodell auf die Befassung der Frau Bundesministerin mit dem Chaos bei den ÖBB übertragen, dann erhellt sich das Bild. Es ist eine Bespiege­lung zwischen der nicht wahrgenommenen Realität und der Selbstauffassung, dass diese Realität mit einem selber gar nichts zu tun hätte. Denn von insgesamt 65 Jahren Republik, davon ungefähr 55 Jahre sozialistische Herrschaft über das Infrastrukturmi­nisterium, das immer anders geheißen hat, aber jedenfalls über die Bahn, will man sechs Jahre schwarz-blaue Regierung herausgreifen und behaupten, dass da all das geschehen ist, was heute an der Malaise der Bahn Schuld trägt.

Abgesehen davon, dass die Vergangenheitsbewältigung niemals das Modell der Zu­kunftsbewältigung darstellt, erlaube ich mir doch, auf die Realitäten hinzuweisen, und zwar nicht so, wie die Regierungsbank oder die Politik die Sache betrachtet, sondern wie die Menschen, die auf die Bahn angewiesen sind, die Situation empfinden. Wieder ein Blick auf Pressemitteilungen, nämlich:

„Wer derzeit in Wien mit der Schnellbahn fahren will“ – Stichwort Praterstern, täglich 20 000 Leute, die nicht wissen, ob und wann sie einen Anschlusszug haben –, „sollte besser nicht farbenblind sein. Rote, grüne, gelbe und blaue Streifen finden sich auf dem Fahrplan, der im Infokasten am Wiener Praterstern hängt. Sie sollen dem Reisen­den verraten, wann er mit welchem Zug wohin kommt. Manche Züge sind nur an be­stimmten Tagen betroffen, manche die ganze Zeit, verrät die Legende.

Wer auf dem zugigen Bahnsteig auf den Zug wartet, kann sich in dem Schaukasten noch über weitere wichtige Dinge informieren. Vier Zettel mit Schienenersatzverkehren, drei mit ,Verkehrseinschränkungen, der Hinweis über die ,Umleitung des Zuges Rex 7381’ hängen dort dicht gedrängt. Wer es wissen will, erfährt auch, dass wegen andauernder Bauarbeiten an der Tullner Donaubrücke weiter der Sommerfahrplan gilt – wie dieser ausschaut, wird nicht verraten.“

Also eine Reihe von charakteristischen Führungsdefekten, die Kollege Maier schon aufgezählt hat, sind aufsummierbar ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Die Unzufrie­denheit der Passagiere mit den Fahrplänen steigt täglich zu Recht. Züge werden ge­strichen, Anschlüsse sind nicht mehr erreichbar, Schüler und Pendler kommen täglich zu spät in die Schule und auf den Arbeitsplatz. Ungeachtet dessen werden die Fahr­preise natürlich ständig angehoben. Die Zahl der Züge, die nicht pünktlich sind, nimmt ebenso zu. Gleichzeitig müssen natürlich die ÖBB für Verspätungen Strafzahlungen leisten. Aber das ist nur ein kleiner Aspekt bei den vielen Milliarden.

Im April 2009 waren nur 66,3 Prozent der Fernzüge überhaupt pünktlich. Die Schlie­ßung von Nebenbahnen geht mit diesem Chaos einher. Dadurch wird natürlich die ländliche Region wieder einmal mit Füßen getreten. Streckenstreichungen, Tausende Pendler sind gezwungen, auf das Auto umzusteigen. Viele Eltern müssen die Kinder mit dem Auto zum Zug bringen, wo sie dann einen Anschlusspunkt haben. Regionen des Landes also krass benachteiligt. Das Schließen von Regionalbahnen erfolgt oft


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