Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll81. Sitzung / Seite 303

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Im Zuge der Rekonstruktion wurde auch die Variante ohne Beifahrer und statt diesem eine Jacke auf dem Sitz ausprobiert. Die Zeugin verblieb aber bei ihrer Aussage, dass sich zwei Männer im Fahrzeug befanden.

Abschließend wird angeführt, dass die Mutter Rosa AKCAN angab, dass, als das erste Mal das Foto des Wolfgang Priklopil im Fernsehen gezeigt wurde, ihre Tochter sofort aufgeschrieen hatte und diesen als Entführer der Natascha wieder erkannt hat. Ischtar schlafe seitdem sehr unruhig und wird immer wieder nachts wach.

Die polizeilichen Ermittlungsergebnisse beinhalten eine die Angaben der Zeugin Ischtar Rahel AKCAN zeichnerisch festhaltende Skizze, auf welcher die Zeugin ihre gleichzeitige Wahrnehmung sowohl des Fahrzeuglenkers als auch des handan­legenden Komplizen mit strichlierten Sichtlinien veranschaulichte und dies auch mit einem entsprechenden handschriftlichen Zusatz betonte.

Diesen Zeugenangaben, die im inhaltlichen Kernbereich trotz langfristiger zeitlicher Streu­ung konstant und in ihrem zentralen Aussagewert von vereinzelten missver­ständlichen Details ihrer sicherheitsbehördlichen Dokumentation unberührt blieben, schenkte die staatsanwaltschaftliche Verantwortung beider Instanzen konsequent keine Beachtung und ließ immer wieder verlauten, dass es keinen Hinweis auf Tatkomplizen gäbe.

Obwohl es sowohl nach alter (bis 31. Dezember 2007 geltender) als auch nach neuer Rechtslage zum strafprozessualen Einmaleins zählt, wesentliche Widersprüche in sicherheitsbehördlichen Ermittlungsergebnissen auf justizieller Ebene (früher Untersuchungsrichter, jetzt Staatsanwaltschaft und/oder Ermittlungsrichter) abzuklären, wurde Ischtar Rahel AKCAN von justizieller Seite bis heute nicht ein einziges Mal vernommen. Was von justizieller, insbesondere staatsanwaltschaftlicher Seite an Vernehmungsinitiativen entfaltet wurde, beschränkte sich auf Befragungen der Natascha Kampusch durch OStA Dr. Mühlbacher mit Unterstützung durch eine weitere Staatsanwältin im Herbst 2009 (!), bei denen noch dazu das von polizeilicher Seite (Oberst Kröll) vorbereitete Fragenprogramm nicht in allen Punkten erfüllt wurde, und auf eine partielle Teilnahme von OStA Dr. Mühlbacher und der ihn begleitenden Staats­anwältin an der kriminalpolizeilichen Befragung des im Ermittlungskontext in viel­facher Hinsicht mit erdrückendem detailliertem Ermittlungsbedarf auffällig gewordenen einzigen langjährigen Freund und Geschäftspartner des Wolfgang Priklopil am 13. November 2009.

Mit dem Ende der Abgängigkeit der Natascha Kampusch am 23. August 2006 (somit mehr als acht Jahre nach den oben wiedergegebenen aktenkundigen Erstangaben der unbeteiligten Tatzeugin) und dem Tod des von ihr als Alleintäter bezeichneten Wolfgang Priklopil wurde dessen Anwesen Straßhof, Heinestraße 60, von justizieller Seite unverzüglich zur teilweisen, unkontrollierten Räumung durch den Freund und Geschäftspartner des Toten freigegeben. Dieser berief sich bei der (noch während der sicherheitsbehördlichen Tatortaufnahme einsetzenden umtriebigen) Weg­schaffung nicht mehr feststellbarer Objekte auf eine angebliche mündliche Bevoll­mächtigung durch die Mutter des Verstorbenen, die – dazu in der Folge befragt – eine derartige Gesprächseinlassung und eine Auftragserteilung der behaupteten Art nicht bestätigte. Selbst eine derartige, nach dem damaligen (und auch späteren) Ermitt­lungs­stand fachlich nicht nachvollziehbare unkritische Preisgabe wesentlicher Beweis­mög­lichkeiten und ein allfälliges Bemühen, die Bedeutung dieser Fehlleistung nach­träglich zu minimieren, reichen für sich allein nicht aus, die beharrliche Konsequenz schlüssig zu erklären, mit der sich die staatsanwaltschaftliche Verantwortung seither jedem Ermittlungsansatz widersetzte, der geeignet war, die Opferangaben über den angeblichen Alleintäter kritisch zu hinterfragen. Die staatsanwaltschaftliche Haltung ist auch aus der Sicht von Opferschutzinteressen umso unverständlicher, als eine Vielzahl


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