Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll88. Sitzung / Seite 26

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Frauen, das Wort nehmen müssen, indem Sie ungezügelt hinausplärren. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Petzner.)

Diesen Alltagssexismus – wie ich das jetzt bewusst bezeichne – erfahren aber nicht nur wir hier im Hohen Haus, sondern diesen erfahren tagtäglich auch Frauen draußen. Davor sind auch Sie nicht gefeit und geschützt, sozusagen als Opfer und nicht als Täterin.

Diesen Alltagssexismus konnten wir heute auch in der Rede des Herrn Kollegen Hofer wieder feststellen, auch wenn er es sehr fein ausgedrückt hat. Aber die Feststellung, dass eine Frau bereit ist, ihr Kind in Tirol und von jemandem anderen betreuen zu lassen, impliziert doch schon diese „Rabenmütter-Phantasie“, die auch in der öffent­lichen Wahrnehmung in den letzten Wochen im Zusammenhang mit Ihrer Bestellung sehr wohl vorgeherrscht hat. Und dagegen ist entschieden aufzutreten! (Beifall bei den Grünen.)

Wer hat jemals Kollegen Bartenstein gefragt – ich erwähne jetzt ihn, weil er fünffacher Vater ist –, wie er seine Vaterschaft mit seiner politischen Tätigkeit, mit seinem Amt als Minister, mit seiner Tätigkeit als Nationalratsabgeordneter vereinbaren kann. (Zwi­schen­rufe bei der ÖVP.) Niemand hat ihn das gefragt!

Sobald aber eine Frau in diesem Staat eine wichtige Aufgabe übernimmt, wird sie sofort nach ihren familiären Hintergründen gefragt, und es schwingt sofort die Frage mit, wie denn jetzt die Beziehung zu ihrem Kind und die gesamte Situation aussieht. (Beifall bei den Grünen.)

So geht es nicht nur den Frauen in diesem Haus, sondern so geht es auch Frauen außerhalb dieses Hauses. Wie viele Frauen werden tagtäglich etwa bei einem Ein­stellungsgespräch gefragt, welchen Tätigkeiten sie nachgehen oder wie sie denn ihre Tätigkeit oder Zusatzausbildungen mit ihrem Familienleben vereinbaren wollen? Auch das betrifft Familienpolitik! Es ist nicht nur Frauenpolitik, sondern auch Familienpolitik, dem entschieden entgegenzutreten! (Beifall bei den Grünen.)

Frau Staatssekretärin Remler, Sie kommen aus dem Sozialbereich so wie ich. Ich setze daher große Hoffnungen in Sie. Sie treten nämlich in eine Regierung ein, die ihr soziales Gewissen meinem Eindruck nach bei der Angelobung leider entweder an der Garderobe abgegeben hat oder nie hatte. Das möchte ich Ihnen nicht einmal unter­stellen. Diese Regierung hat aber bereits beim Familienentlastungspaket 2008, aber auch beim jetzt vorliegenden Budgetentwurf wieder gezeigt, dass sie nicht sozial ge­recht regiert, sondern dass sie durchaus die gut und besser verdienenden Familien unterstützt und bei den Familien, die an der Armutsgrenze entlang schrammen – und das sind die AlleierzieherInnen und die Mehrkinderfamilien –, keinen Halt davor machen, ihnen noch das Wenige zu nehmen, was sie haben.

Das Familienentlastungspaket hatte nur wenige Bereiche, die allen Familien zugute­gekommen sind. Ein Großteil ist den gut und besser verdienenden Familien zugute­gekommen. Bei diesem Budgetentwurf werden jetzt Leistungen zurückgenommen, allerdings nicht jene, die den gut und besser verdienenden Familien zugutekommen, sondern jene, die allen Familien beziehungsweise den Familien, die nicht so viel haben, zugutekommen. Das ist sozial ungerecht, und darüber werden wir uns noch beim nächsten Tagesordnungspunkt, aber auch in den nächsten Wochen, wenn wir dieses Budget debattieren, zu unterhalten haben!

Ich wünsche Ihnen, Frau Staatssekretärin, viel Glück für Ihre Arbeit! Ich wünsche Ihnen aber vor allem Durchsetzungsvermögen gegenüber Ihren eigenen Leuten. Staats­sekretärin Marek wollte viel, und sie hat auch einiges erreicht. Das muss man an dieser Stelle sagen. Aber sie konnte sich gegen die eigenen Leute in letzter Konsequenz


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