Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll96. Sitzung / Seite 42

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Noch etwas zur gemeinsamen Obsorge: Es wird immer wieder mit dem Hinweis „ge­walttätige Väter“ argumentiert. – Sehr geehrte Damen und Herren, Gott sei Dank ist nicht jeder Vater gewalttätig. Ich kenne sehr viele wirklich gute Väter. Das Väterbild hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert, und ich glaube, das wissen wir alle. Wenn Ge­walt im Spiel ist, dann wird dem Betreffenden natürlich die Obsorge entzogen. Man muss aber auch nicht ein Herz und eine Seele sein für die gemeinsame Obsorge. Man muss nicht händchenhaltend durchs Leben schreiten, man muss nicht dreimal täglich miteinander telefonieren. Darum geht es nicht! Es geht wirklich nur um die Mitsprache bei wichtigen Entscheidungen.

Was soll sich noch ändern? – Wir sind uns alle darüber einig, dass es sehr schlecht ist, wenn ein Kind einen leiblichen Elternteil lange nicht sieht; oft sind es Monate, manch­mal sogar Jahre. Es findet eine Entfremdung statt, und das müssen wir schon im Sinne des Wohles der Kinder verhindern. Daher soll das Besuchsrechtsverfahren, das Ver­fahren um den persönlichen Kontakt, beschleunigt werden. Ich möchte, dass wir ein gesetzliches Mindestbesuchsrecht einführen, und zusätzlich soll der Richter die Mög­lichkeit haben, ein provisorisches Besuchsrecht einzuräumen. Bei einer einvernehmli­chen Scheidung soll man auch gleich darüber sprechen. Diese Möglichkeit soll in Zu­kunft nicht nur vorbehalten bleiben können, damit es nicht dazu kommt, dass ein Kind lange Zeit seine leiblichen Eltern nicht zu Gesicht bekommt. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber noch etwas ist ganz, ganz wichtig. Ich finde, Familienrechtsstreitigkeiten gehören nicht in den Verhandlungssaal – das nur im Extremfall! –, sie gehören an einen Run­den Tisch. Daher möchte ich die Familiengerichtshilfe in Österreich einführen. Es soll einen Ort geben, an dem sich Eltern, unter Umständen auch der Richter und Experten wie Psychologen, Pädagogen, Sozialarbeiter zusammensetzen. (Abg. Krainer: Was ist mit den Kindern? Wieso sind die Kinder nicht dabei?) Die Expertise soll im Vorfeld ein­fließen, damit es gar nicht notwendig wird, einen Prozess zu führen, damit es gar nicht notwendig wird, ein aufwändiges Gutachten – ein Gutachten, das in den meisten Fällen sehr lange dauert – in Auftrag zu geben. (Abg. Krainer: Vielleicht sollte man die Kinder auch einmal einplanen und anhören!) Eine Schlichtungsstelle in Form der Familienge­richtshilfe, das ist, glaube ich, das Um und Auf. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Zusätzlich muss man den Pflegschaftsrichter auch mit einem entsprechenden Instru­mentarium ausstatten. Ich will ihm ein Bündel an Maßnahmen zur Verfügung stellen. Er soll die Möglichkeit haben, die Eltern in Erziehungsberatung zu schicken. (Abg. Krai­ner: Wieso werden die Kinder nicht eingeladen zum Runden Tisch?) Er soll die Mög­lichkeit haben, die Eltern zur Mediation zu schicken. Er soll auch die Möglichkeit ha­ben, den Reisepass des Kindes einzubehalten und ein Verbot der Ausreise mit dem Kind zu verhängen. Das soll vielen Entführungsfällen vorbeugen. Ich denke, das alles sind Maßnahmen, die im Sinne des Kindeswohles im Einzelfall zu treffen sind, diese Möglichkeiten muss der Richter haben.

Wie Sie sehen, sieht dieser Entwurf einiges für unsere Kinder vor. Das ABGB wird heu­er 200 Jahre alt, meine Damen und Herren, und es soll jetzt noch mehr auf die Bedürf­nisse unserer Kinder eingehen.

Zum Abschluss ein Appell an Sie alle: Bitte, machen Sie das Thema nicht zum Kampf der Geschlechter! – Danke schön. (Beifall bei ÖVP, FPÖ und BZÖ.)

9.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Rede­zeit aller weiteren Rednerinnen und Redner in der Aktuellen Stunde laut § 97a Abs. 6 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Frau Abgeordnete Binder-Maier gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


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