Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll99. Sitzung / Seite 160

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genügt. Und Herr Kollege Schüssel heute: Ja, wir hätten Milliardenverluste so wie die Schweiz erlitten, damit wir den Höhenflug des Schillings hätten stoppen können!

Man kann natürlich alles Mögliche erfinden, auch wenn es in unlösbarem Widerspruch zueinander ist, aber man kann eines nicht: Man kann die Dinge, die tatsächlich passiert sind, nicht beiseite wischen. Und in dieser Krise hat es sich so ergeben, dass dieje­nigen, die nicht im Euro gewesen sind, keine oder keine nennenswerten Währungs­probleme gehabt haben, insbesondere keine Stabilisierungsaufgaben zu erledigen gehabt haben oder gehabt hätten, wenn sie nicht irgendwo mitmachen bei der Euro­zone, aber diejenigen, die drinnen gewesen sind, so wie wir, in Kalamitäten gekommen sind.

Von Ihnen, Kollege Krainer, habe ich sogar das Wort „Feuerversicherung“ gehört. Sie sehen diesen Euro-Schutzschirm ... (Zwischenrufe des Abg. Krainer.) Sie haben das Wort verwendet: der Euro-Schutzschirm als eine Feuerversicherung, in die Sie gern einzahlen. – Was ist das für eine Feuerversicherung, wenn wir uns nicht selber ver­sichern, sondern wenn wir Nachbarn versichern, die Geld ausgeben bis zum Gehtnichtmehr, und wir zahlen dafür? (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.) Das ist ein freudiges Einzahlen? – Das kann ich mir schwer vorstellen.

Oder: Wir brauchen jetzt den ESM, denn der ermöglicht es uns ja, Private in die Ziehung zu nehmen. – Wozu, Kollege Schüssel oder wer immer da argumentiert hat, brauchen wir dazu den ESM? Die Privaten können wir natürlich in die Ziehung nehmen, indem der Staat seine Zahlungen einstellt, wie es ja oft passiert ist – Polen, Argentinien. Wenn der Staat seine Anleihen nicht mehr bedient, sind die Privaten in der Ziehung. Und dann gibt es unter anderem einen Pariser Klub und alle Möglichen, die vermitteln dann zwischen Gläubigern und Staat, und da gibt es dann eine 40-, 50-, 60-prozentige Lösung – oder es gibt keine Lösung, wie im Fall Argentiniens. Da kriegen die Privaten überhaupt nichts, solange sie sich nicht mit dem Staat einigen.

Also: Um von den Privaten etwas zu verlangen, brauche ich gar nichts, ich muss nur den normalen Weg gehen. Wenn jemand zahlungsunfähig ist, auch als Staat, dann gibt es eben für die Gläubiger dieses Staates einmal nichts, bis man einen Ausgleich zusammenbringt und sich mit dem Staat auf Konditionen einigt.

Warum das jetzt in diesem Fall nicht passieren soll, wird nicht erklärt, weil natürlich das Bankenargument nicht oder nur sehr ungern verwendet wird – obwohl es auch nicht richtig ist, denn die Dimensionen, die die Griechenland-Pleite für das Bankensystem bedeutet hätte, sind unvergleichlich geringer, wahrscheinlich ein Fünftel oder noch weniger der Auswirkungen der vorangegangenen Wirtschaftskrise. Das hätte jeder Nationalstaat wahrscheinlich ohne zusätzliche Bankenhilfe, lediglich durch geänderte Abschreibungsmöglichkeiten für die involvierten Banken, locker auffangen können.

Eine letzte Sache sollte man auch besprechen: Dass es keine Änderung gebe, wie der Herr Bundeskanzler vor allem am Vormittag gemeint hat, und wir daher keine Volks­abstimmung brauchen; es bleibt ja alles beim Alten. Diese Frage hat auch Kollege Schüssel zu thematisieren versucht. – Abgesehen davon, dass es rechtlich und sachlich falsch ist, ist es vor allem wirtschaftlich und politisch völlig falsch, denn das, was bisher gewesen ist, war eine freiwillige Einmalleistung.

Da kann man unter falscher Anwendung der Bestimmungen noch sagen, dass das wie eine Naturkatastrophe, die über die Griechen hereingebrochen ist, war, dass sie selbst ihr eigenes Budget nicht verstanden oder sich selbst getäuscht haben. Das ist eine Naturkatastrophe, für die sie nichts können, da retten wir einmal! – Aber jetzt geht es um eine Institutionalisierung, wofür in der Verfassung der Europäischen Union keine Beistandspflicht – das Wort „Pflicht“ wird natürlich vermieden –, aber die Beistands­möglichkeit verankert wird. Das heißt, nach den Entscheidungsprozessen, die die


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