Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 82

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

liegt. Kostenrechnung statt Menschlichkeit ist heute offensichtlich immer häufiger eine Kategorie in unserer heimischen Gesundheitspolitik.

Auf der einen Seite betonen Sie, Herr Minister, anlässlich des Frauengesundheits­berichtes die Wichtigkeit der geschlechtsspezifischen Unterschiede, auf der anderen Seite verschlechtern Sie bewusst die Brustkrebsvorsorge. Das ist eine Bigotterie der ganz besonderen Art. Es bedarf einer besonderen Ignoranz, auf der einen Seite die Sensibilität für Frauengesundheit erhöhen zu wollen, auf der anderen Seite das gewachsene, erfolgreiche österreichische Brustkrebs-Vorsorgeprogramm gegen ein schlechteres EU-Programm auszutauschen. Was für Albanien und die Türkei mög­licherweise ein gutes Programm ist, ist für Österreich ein schlechtes und bewirkt Schaden.

Es stellt einen massiven Eingriff in die Frauengesundheit dar, wenn sich das Gesund­heitsministerium hier durchsetzt, so wie Sie das planen. Sie wollen die mehr als 200 Brustkrebsvorsorgeeinrichtungen, die heute wirklich exzellent funktionieren, auf 20 reduzieren. Sie wollen außerdem die ganz wichtige Ultraschall-Untersuchung der weiblichen Brust bei der Krebsvorsorge drastisch zusammenstreichen und letztendlich die freie Arztwahl in diesem Bereich abschaffen.

Herr Minister! Das ist ein Wahnsinnsplan, der nach Expertenmeinungen ungefähr 500 bis 600 Frauen das Leben kosten kann. (Bundesminister Stöger: Na geh!) Es stellt eine besondere Chuzpe dar, wenn Sie anlässlich des eben stattgefundenen 100. Frau­entages Untersuchungen kürzen, die zahlreichen Frauen das Leben retten könnten. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Mag. Lapp.)

Sie als Bundesregierung planen folgende Verschlechterungen: In Masseneinrichtungen soll künftig lediglich die Mammografie ohne freie Arztwahl durchgeführt werden. Das bedeutet: kein persönliches Arztgespräch mehr, kein wichtiger Ultraschall und kein Tastbefund der Brust. Die freie Arztwahl soll abgeschafft werden, anonyme Diagnose-Straßen sollen eingeführt werden. Das bedeutet extrem lange Anfahrtswege und extrem lange Wartezeiten. Es drohen schwedische Verhältnisse, wo es häufig vor­kommt, dass Patienten so lange auf eine Untersuchung warten müssen, dass sie schon tot sind, bevor sie einen Arzt sehen.

Herr Minister! Das ist eine massive Verschlechterung, die wir nicht zulassen werden! Und wenn Sie von einer Doppelbefundung sprechen, die wichtig und notwendig ist, gebe ich Ihnen recht, aber eine Doppelbefundung und keinen Ultraschall im Zuge des ersten Besuches beim untersuchenden Arzt zuzulassen, bedeutet eine Wiederein­be­stellung, einen sogenannten Recall für Frauen, die einen Verdachtsmoment aufweisen.

Wissen Sie, was das für diese Frauen bedeutet? Ein Recall bedeutet für die betrof­fenen Frauen, dass die Angst, die Todesangst ihr Lebensbegleiter ist in der Phase dieses Recall-Intervalls. Können Sie sich in die Psyche dieser Frauen versetzen? Wollen Sie das verantworten? Ist das notwendig? – Ich sage: Nein! Es ist zynisch und frauenverachtend, wenn man das in Kauf nimmt! (Zwischenruf der Abg. Dr. Ober­hauser.) Gerade von Ärztinnen in der Politik, Frau Kollegin, und von Frauenpolitike­rinnen erwarte ich mir einen Aufschrei der Empörung, aber der bleibt bis heute seltsamerweise hier aus! (Beifall bei der FPÖ.)

Zuletzt sage ich Ihnen: Das ist sittenwidrig, ein Anschlag auf die Frauengesundheit. Es regiert nicht die Medizin, es regiert nicht die Ethik oder die Menschlichkeit – nein, hier regiert der Rotstift. (Beifall bei der FPÖ.)

12.10


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. – Bitte.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite