Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll109. Sitzung / Seite 213

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durchaus auch einen österreichinternen Dumpingeffekt nach sich ziehen. (Abg. Mag. Schatz: Empirisch nicht nachzuweisen! – Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Aus naheliegenden Gründen kenne ich mich am besten im Bereich der chemischen Industrie aus, weil die Pharmabranche auch dazugehört. Das sind Branchen, in denen relativ besser und höher bezahlt wird, schon seit Jahren und Jahrzehnten. Es gibt andere, in denen es ein Stück weit schwieriger war. Aber mein Kompliment auch in Richtung Sozialpartnerschaft, dass sie es geschafft hat – vielleicht noch nicht zu 100 Prozent, aber zu 95, 98 Prozent –, im Bereich der Handelsangestellten einen Weg zu gehen, der eben einen Mindestlohn von zirka 1 300 € pro Monat sichert.

Also so gesehen: Ein Plädoyer meinerseits für die Beibehaltung der Kompetenz der Sozialpartner in Sachen Lohnpolitik. Österreichs Arbeitnehmer und Arbeitgeber, das Land insgesamt ist mit dieser Politik sehr, sehr gut gefahren, und dabei soll es bleiben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Schatz: Die Working Poor ...!)

18.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


18.46.26

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Bartenstein, der eine sieht das so, der andere sieht das anders. Wenn man sich die Lohnverhandlungen zwischen den Arbeit­nehmervertretern und den Dienstgebervertretern der einzelnen Branchen ansieht, dann kann man nur eines sagen: Schauen wir uns im Herbst jedes Mal die Metaller-Verhandlungen an!

Da wird ein Zinnober aufgeführt, der in die Vergangenheit gehört, weil jeder schon im Vorhinein weiß, wenn die einen 1,5 Prozent und die anderen 3,5 Prozent sagen, dann treffen sie sich irgendwo in der Mitte. Die alte Benya-Formel lautet in Wirklichkeit: Inflation plus halbes Wirtschaftswachstum je nach Branche. Wenn man das macht, dann braucht man gar keine langen Verhandlungen. Genau so ist es! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Riepl.)

Kollege Riepl, die anderen Dinge liegen halt im Detail – bei Durchrechnungszeiträumen und so weiter und so fort. In Wirklichkeit ist alles, was jeden Monat ausgezahlt wird, in Ordnung, und alles andere ist eine Schmähpartie, was du vergessen kannst. Ich habe auch neun Jahre den Betriebsratsvorsitzenden gemacht und habe auch Betriebs­vereinbarungen abgeschlossen. (Abg. Riepl: ... Lohnverhandlungen warst du nie dabei!) Das meiste kannst du vergessen.

Tatsache ist, dass sich die Sozialpartner rühmen, dass 95 Prozent der Beschäftigungs­verhältnisse über den KV geregelt sind. Aber was ist mit den anderen? Die Zahl der atypischen Arbeitsverhältnisse steigt weiter, die Zahl der Working Poor ist auch im Steigen begriffen. Wir verlangen schon seit dem Jahr 2008 bei Vollbeschäftigung einen gesetzlichen Mindestlohn von 1 300 € brutto.

Jetzt sind wir schon hintennach, weil wir schon drei Jahre darüber sind. Da müssten wir schon mehr verlangen, 1 400 € oder so. Die Grünen fordern etwas Ähnliches. Mit den 7 €, glaube ich, pro Stunde liegen wir genau in derselben Richtung, und so gehört das auch, weil die Deregulierung des Arbeitsmarktes in Österreich vor allem die wenig Qualifizierten getroffen hat. Das ist eben einmal so, und trotz Vollzeitbeschäftigung leben viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mit ihren Familien an der Armutsgrenze.

Kollegin Oberhauser! Sie haben schon einige Male in Ihrer Gewerkschaftszeitung darüber geschrieben, dass die Leute, die trotz Arbeit an der Armutsgrenze leben, immer mehr werden. Bitte, bringen Sie das ein! Bringen Sie das ein! Mir geht das auch


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