Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll110. Sitzung / Seite 47

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Ich möchte jetzt aber ein bisschen bei dieser nicht wirklich gelungenen Rede meines Vorredners anschließen. (Beifall beim BZÖ.)

Sei mir nicht böse (in Richtung des Abg. Dr. Cap), man kann jetzt hier selber den „Kai­ser-Robert“-Clown, Marke Palfrader, spielen, aber das ist kein Umgang mit der Ge­schichte Österreichs und auch kein Umgang mit der Familie Habsburg. Unabhängig davon, ob man jetzt positiv oder negativ zu ihnen steht: Diese Familie hat Jahrhunderte dieses Landes und entscheidend auch diese Stadt geprägt. Und sie so lächerlich zu machen, dass man sagt, sie sollen jetzt so quasi in Schönbrunn den Tourismus-Clown abgeben, so braucht man mit dieser Familie nicht umzugehen, und zwar mit keiner Fa­milie, auch nicht mit der Familie Cap. (Beifall bei BZÖ, FPÖ und ÖVP.)

Im Übrigen: Ich habe mich an diesem „Habsburg-Kannibalismus“ nie beteiligt. Ich weiß nicht, wieso das bei der SPÖ immer noch Teil ihres Selbstverständnisses ist. Übrigens, Bruno Kreisky hat dieses Selbstverständnis nicht geteilt – nie, überhaupt nie. Kreisky hat einen völlig entkrampften Umgang mit der Familie Habsburg und mit der österrei­chischen Geschichte gehabt, im Wissen darum, welche Bedeutung deren Hausge­schichte auch für die österreichische Geschichte hatte. – Gut, dann verstehen wir uns eh schon.

Daher: Dieser Anachronismus gehört weg. Ich plädiere für einen vollkommen norma­len, entkrampften Umgang mit der Familie Habsburg. Ich plädiere dafür, angesichts der Leistungen, die diese Familie erbracht hat – so wie viele andere Familien auch Leistun­gen für die Geschichte und Entwicklung dieses Landes erbracht haben, auf wissen­schaftlichem, auf politischem, auf kulturellem Gebiet –, sollte man schlicht und einfach einen vollkommen entkrampften Umgang haben, wie ihn übrigens alle anderen euro­päischen Länder auch mit ihren ehemaligen Herrscherfamilien haben, meine Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)

Ich wehre mich nur ein bisschen dagegen, dass man Kaiser Franz Joseph noch im Nachhinein ins Grab nachschmeißt, er sei der Kriegstreiber des Jahres 1914 gewesen. Das stimmt historisch nicht. Historisch war es so – das muss man einfach auch selbst­kritisch anerkennen –, dass es die öffentliche Meinung war, eine deutschnationale deutsche Achse, eine madjarische Achse, die schlicht und einfach gegen die Serben gerichtet war und eine antiserbische und antirussische Politik zur Kriegshetze ge­braucht hat, benutzt hat und am Schluss sogar noch die deutschen Generäle in Öster­reich das Sagen hatten. Vergessen wir das bitte nicht ganz! Den alten Kaiser als Kriegstreiber hinzustellen ist schlicht und einfach unhistorisch und auch ungerecht. Daher, glaube ich, sollte man dieses Kapitel schließen. Es ist nicht der Hauptgegen­stand der Wahlrechtsnovelle.

Die Wahlrechtsnovelle versucht, einem Umstand Rechnung zu tragen, der halt einfach wirklich herausgekommen ist im Zusammenhang mit der Briefwahl.

Nun muss man sich entscheiden: Will man die Briefwahl oder will man sie nicht? Eine sehr große Zahl von Österreicherinnen und Österreichern will diese Briefwahl. Diesen Wunsch respektieren wir. Es war ursprünglich natürlich ein Wahlmodell, das in erster Linie für die Auslandsösterreicher gedacht war, aber es hat sich herausgestellt, dass immer mehr Österreicher, einfach auch aufgrund der Mobilität, die der Österreicher hat, der Wochenendmobilität, sich die Briefwahl wünschen. Dem trägt man Rechnung, in­dem man versucht, das auch im Wahlrecht unterzubringen. Ich halte das für legitim, und ich halte das auch gegenüber dem Bürger für angebracht.

Umgekehrt muss man natürlich versuchen, dann Missbrauchsmöglichkeiten so weit wie möglich zu beseitigen. Das hängt aber zunächst einmal mit dem demokratischen Bewusstsein zusammen, und hier gibt es ein deutliches West-Ost-Gefälle.

 


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