Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll135. Sitzung / Seite 201

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jetzt mit Ihnen diskutieren – werden sie teilweise auch in solche Systeme hinein­gedrängt. Ich habe unlängst mit mehreren Damen und Herren aus der Arbeitsmarkt­verwaltung, aber auch mit einigen praktischen Ärzten gesprochen, und da ist Folgen­des zutage gekommen:

Herr Minister, es ist kein Geheimnis, dass die Gebietskrankenkasse seit einem halben Jahr eine sogenannte Task Force besitzt. Es werden Untersuchungen häufiger und strenger durchgeführt, wenn die Menschen im Dauerkrankenstand sind. Das ist auch in Ordnung so, das haben wir auch teilweise gefordert. Aber es hat den Anschein, als ob das AMS diese Einrichtung instrumentalisieren würde, und zwar geht das folgendermaßen:

Langzeitarbeitslose, die im AMS aufgenommen worden sind, werden regelmäßig nach einer gewissen Zeit auf ihre Arbeitsfähigkeit überprüft. Sie werden dort zum BBRZ, dem Beruflichen Bildungs- und Rehabilitationszentrum, geschickt, und es hat den Anschein, dass diese Organisation im Auftrag des AMS interessiert ist, diese Men­schen arbeitsunfähig zu schreiben. Das geht eine Zeit lang gut, denn das AMS muss, wenn die Arbeitslosen im Krankenstand sind, nichts bezahlen.

Das heißt, sie werden krankgeschrieben und bekommen ein Jahr lang Krankengeld. Danach folgt in den meisten Fällen bei diesen Menschen ein Antrag auf Invaliditäts­pension. Diese Leute müssen recht oft zur Kontrolle bei den Kontrollärzten kommen, bis der Kontrollarzt irgendwann einmal sagt: Stellen Sie doch einen Antrag auf Invali­ditätspension!, und dann wird er schlagartig in Ruhe gelassen, der Delinquent.

Das passiert leider auch bei jungen Menschen. Das heißt, man bringt diese jungen Menschen mehr oder weniger um ihre Zukunft, darum, ein ordentliches und würde­volles Leben führen zu können. Und man bringt diese Menschen – das ist jetzt mein Vorwurf! – ganz bewusst auf diese Schiene. Die Gebietskrankenkasse auf der einen Seite und die praktischen Ärzte auf der anderen Seite werden da mehr oder weniger instrumentalisiert, wie ich es schon gesagt habe.

Das heißt, die sind dann, wenn man die Karriere dieser Menschen beobachtet, sehr wohl fähig, im Arbeitsprozess etwas zu leisten, sie sind erfolgreiche Schwarzarbeiter. Diese negative Erfahrung, die diese jungen Menschen von Anfang an gemacht haben, begleitet sie ihr Leben lang auf Schritt und Tritt. Meistens sind es Leute aus unteren Schichten, unterprivilegierte Jugendliche, die auch in die Drogenszene abgerutscht sind. Opiatsüchtige sind, habe ich mir sagen lassen, besonders intelligente Menschen, die aber nie wieder die Chance haben, eingegliedert zu werden. Das heißt, die negative Erfahrung trifft sie auf Schritt und Tritt, man kann sagen, es handelt sich um eine self-fulfilling prophecy, wenn man so möchte.

Es ist eine Katastrophe, wenn der AMS-Betreuer letztendlich eine Krankenakte in seine Hände bekommt. Wenn diese Menschen vom Dauerkrankenstand zurückkommen, dann werden sie von den Betreuern abgeschrieben. Das heißt, der Betroffene hat mehr oder weniger gar nicht mehr die Chance und die Möglichkeit, weil er nicht mehr vermittelt wird, auf einen primären Arbeitsmarkt. Er wird, so wie viele andere, in den sekundären Arbeitsmarkt verdrängt beziehungsweise muss eine Beschäftigungs­thera­pie durchlaufen, die ihn überhaupt nicht freut, und damit wird er auch im Dauerkran­kenstand sein.

Auch Dr. Bachinger vom AMS hat gesagt, dass Gesundheitsdaten vermittlungs­rele­vante Daten sind. Das bedeutet, dass das AMS Langzeitarbeitslose produziert, weil die Betreuer die Chancen nicht gleich verteilen. Wenn ein Klient etwas lernen will, soll er das lernen dürfen und soll nicht abgedrängt werden in sinnlose Kurse, wo er sich dauernd krankschreiben muss und die Statistik halb verfälscht. Für die Statistik ist das


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