Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll198. Sitzung / Seite 59

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Und wenn, und das ist ja auch tatsächlich der Fall, den Zyprioten der Boden unter den Füßen weggezogen wird, ja wenn ihnen ihr bisheriges Wirtschaftsmodell – das ich in keiner Weise befürworte –, wenn ihnen die Lebensfähigkeit entzogen wird, wie soll denn diese Wirtschaft dann ab 2015 wieder wachsen und wie soll denn damit die Schuldentragfähigkeit gewährleistet sein? – Darauf gibt es keine Antwort, Frau Finanzministerin, auch von Ihnen nicht.

Es handelt sich hier, bei diesem sogenannten Memorandum of understanding, um einen ruinösen Kürzungspfad ohne Perspektiven. Ja wo sind denn die wachstums­fördernden Maßnahmen für dieses Land? Da höre ich im Übrigen auch keine Kritik vonseiten der SPÖ, wie auch nicht an diesen ganzen Kürzungsmaßnahmen, an den Eingriffen in den Lohnfindungsprozess. Diese Maßnahmen wird man vergeblich suchen. Daher ist dieses Schuldentilgungsprogramm, das hier vorgelegt wird, in keiner Weise nachhaltig. Es entspricht einem Wunschdenken.

Ich fordere Sie auf, meine Damen und Herren von der Regierung und den Regierungs­parteien, Schluss zu machen mit diesem System des Kaputtsparens, mit diesem System, das Zypern keine Chance gibt! Wenn Zypern eine Chance haben soll, dann braucht es das, was Peter Bofinger in der „ZiB 2“ vor wenigen Tagen am Rande des Treffens in Washington formuliert hat. Er hat nämlich gesagt, Europa hat sich kaputt­gespart, die Konsolidierung braucht mehr Zeit, und es braucht expansive Impulse in Europa und kein Kaputtsparen. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

12.18


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Staatssekretär Mag. Schieder. – Bitte.

 


12.18.44

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Andreas Schieder: Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn mein Vorredner, der Abgeordnete Rossmann, hier gerade gesagt hat, wir reden über Europa, wir reden nicht über Österreich oder nicht über Zypern – wir reden auch über Österreich und auch über Zypern, aber hauptsächlich über Europa –, dann stimmt das. Nur gerade wenn man findet, es geht um Europa, verstehe ich die grüne Position nicht, denn genau in diesem Zusammenhang müsste ja aus meiner Sicht die grüne Position die sein, das eine oder andere zu kritisieren, zu hinterfragen, aber am Schluss zu sagen: Wir stimmen auch hier im Parlament letztlich für Europa und nicht gegen Europa! (Abg. Mag. Kogler: Es geht ja noch viel besser!)

Und wenn hier argumentiert wird: Wo ist denn das Ansteckungsrisiko? – Abgesehen davon, dass man sagen könnte, bei Lehman haben wir gesehen, wie die Ansteckung innerhalb von wenigen Stunden rund um den Globus gegangen ist, so sehen wir das ja auch bei Zypern, weil Zypern deswegen in Schwierigkeiten geraten ist, weil es so eng mit dem griechischen Bankensektor verwoben war und so viele griechische Staatsanleihen gehabt hat und quasi auch dadurch in Schieflage gekommen ist – das war nicht der einzige Punkt, aber mit ein Grund. Dadurch sehen wir ja, wie auch in Europa die Ansteckungsgefahr von einem Land zum anderen gegeben ist, und deswegen haben wir ja auch den ESM geschaffen: um dieser Ansteckungsgefahr rechtzeitig Einhalt zu gebieten und rechtzeitig zu schauen, dass sich diese negativen Entwicklungen nicht über die Länder hinweg bis zu uns und zu unserer Volkswirtschaft ausbreiten. Daher ist es gescheiter, mit dem ESM gleich zu helfen, anstatt zu warten, bis sich die Ansteckung bis zu uns fortpflanzt. Deswegen halte ich auch für richtig, dass wir das hier heute so beschließen.

Zypern hat uns auch vor Augen geführt, wie sehr ein überdimensionierter Banken­sektor, ein Finanzplatz im Ausmaß des Siebenfachen der volkswirtschaftlichen Leis-


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