Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 105

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Zu 2.) Die Erhaltung der Kulturwerte einer Volksgruppe, von der Hundertausende Per­sonen österreichische Staatsbürger wurden, die durch ihre Steuerleistung den Staat gefördert haben, sollte im Sinne der europäischen Kultur eine Verpflichtung sein.

Zu 3.) Vor dem Aussterben der Erlebnisgeneration ist es höchste Zeit, mit der Verfe­mung der Deutschen aus Böhmen, Mähren und Österreichisch-Schlesien durch eine opportunistische Nachkriegspolitik endlich Schluss zu machen.

Zu 4.) Die Leugnung der Jahrhunderte lang gemeinsamen österreichischen Geschichte seitens der offiziellen ČR-Politik führt nach der stattgefundenen „ethnischen Säube­rung“ zu einer zusätzlichen Verzerrung der historischen Wahrheit, bzw. zu einer Leug­nung der wissenschaftlichen, kulturellen und künstlerischen Leistungen der Sudeten­deutschen (darunter 2 Bundespräsidenten und zahllose Geistesgrößen, allein 159 an der Wiener Universität).

In Übereinstimmung mit der Ansicht vieler qualifizierter Ethik- und Rechtsexperten sind auch die Vertreter der Vertriebenenverbände der Meinung, dass die vom Österreichi­schen Europaministerium in seinen beiden Stellungnahmen zitierten „Gemeinsamen Europäischen Werte“ in der Tschechischen Republik allein schon dadurch außer Kraft gesetzt sind, dass die inkriminierten „Beneš-Dekrete“ nach wie vor gelten, ja sogar im Verfassungsrang stehen. Angesichts dieser Fakten kann man den „Gemeinsamen Eu­ropäischen Werten“ in Tschechien mit Sicherheit nicht dadurch zum Durchbruch ver­helfen, indem die Österreichische Bundesregierung bzw. das „Außenamt“ diesen kras­sen Widerspruch beider unversöhnlich konkurrierenden Wertesysteme historisierend und damit bagatellisierend nur als „ungeklärte Fragen der Vergangenheit“ behandelt. Abgesehen davon, dass diese „Fragen der Vergangenheit“ von Völkerrechtsexperten eindeutig als „unverjährbarer Völkermord“ qualifiziert wurden.

Der österreichische Völkerrechtsexperte Prof. Dr. Felix Ermacora hat dies bereits im Jahre 1991 in seinem anerkannten Gutachten ausgeführt. Der UNO-Sonderberichter­statter und Völkerrechtler Prof. Dr. Alfred de Zayas hat erst 2012 angemahnt, dass die universelle Geltung des Völkerrechts („erga omnes“) eine zwingende Anwendung er­fordert und nicht nach Belieben, quasi „a la carte“ angewendet werden darf. Gleich­zeitig forderte er einen Paradigmenwechsel hinsichtlich der „Status-quo- Mentalität“.

Die anhaltende Verweigerung des diplomatischen Schutzes durch eine Politik der Un­tätigkeit in Österreich führt bei den Heimatvertriebenen zu einem völligen Verlust des Vertrauens in die regierenden Parteien.

Seit der Wende 1990 sind die Heimatvertriebenen hingegen mit eigenen finanziellen Mitteln um die Erhaltung der Kulturwerte in ihren Heimatorten und als Multiplikatoren der Völkerverständigung tätig (Allein im ehemals deutsch besiedelten Südmähren rund 200 Objekte im Wert von 1,8 Mio €). Durch diese Initiativen entstehen millionenfache Kontakte, auf denen Versöhnung aufbauen kann, sobald sich endlich auch die Vertrei­berstaaten zu ihren Untaten bekennen.

Durch das Bewusstmachen der kulturellen Wurzeln ist die Heimat nicht mehr ein ferner Mythos. Die Herkunftsgebiete kehren ins europäische Bewusstsein zurück, die Ver­wendung der historischen, deutschen Ortsnamen liegt im Interesse der Erhaltung der Vielfalt der Kulturen und bedeutet somit einen kulturellen und keinen territorialen An­spruch.

Erinnerung und Geschichte müssen zusammengeführt und gesellschaftlich akzeptiert werden. Geschichtsklitterungen helfen hier nicht weiter. Grenzüberschreitende EU-Pro­jekte unter Ausschluss der Heimatvertriebenen können der Kultur Europas nicht ge­recht werden, sind auch niemals gegen die Nachbarländer gerichtet, sondern in ihrem Sinne.

Die völker- und menschenrechtliche Wahrheit ist allen EU-Mitgliedern zumutbar.

 


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