Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll217. Sitzung / Seite 85

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Auch wenn es SPÖ und ÖVP nicht passt: Der Nationalrat und mit ihm die Öffentlichkeit haben ein Recht zu erfahren, wie weit das System der organisierten Korruption geht - und was von Justiz und Politik dagegen unternommen wird.

Mit dieser Dringlichen Anfrage soll daher der aktuelle Verfahrens- und Ermittlungsstand öffentlich gemacht werden, sofern dadurch nicht weitere Erhebungen gefährdet wer­den.

Ausgangspunkt ist die detaillierte Beantwortung der Dringlichen Anfrage an die Bundesministerin für Justiz vom 8.11.2012, in welcher in vorbildlicher Art und Weise der Verfahrensstand zum damaligen Zeitpunkt in den im Untersuchungsausschuss behandelten Fällen dargelegt wurde.

Als bekannt vorausgesetzt werden dürfen weiters jene Fakten und Erkenntnisse, welche ebenfalls am 8.11.2012 im Grünen Bericht über die Ergebnisse des Unter­suchungsausschusses (889/UEA) dargestellt wurden.

Von öffentlichem Interesse sind daher vor allem die Veränderungen gegenüber dem damaligen Erkenntnisstand.

B. Die neuen Fälle

B.1. MEDIASELECT und die ÖVP

Dem Untersuchungsausschuss lagen bereits Unterlagen vor, wonach von Peter HOCHEGGERS Firma VALORA AG beträchtliche Zahlungen an die im Eigentum mehrerer staatsnaher Unternehmen stehende Inseratenagentur MEDIASELECT gin­gen.

Wie das Magazin NEWS in seiner Ausgabe vom 29.8.2013 berichtete, konnte in einem Gutachten des Gerichtssachverständigen Dr. Matthias KOPETZKY nunmehr geklärt werden, dass diese Beträge von insgesamt Euro 190.800 bei der MEDIASELECT intern auf ein „ÖVP-Konto“ überwiesen wurden, von welchem in weiterer Folge Inseratenschaltungen der ÖVP-Bundespartei und des ÖVP Parlamentsklubs finanziert wurden.

Für die Öffentlichkeit neu – wenn auch von Ihnen als Justizministerin als „alter Hut“ bezeichnet – war der Umstand, dass neben diesen Geldern der TELEKOM AUSTRIA auf dem MEDIASELECT Konto im Jahr 2006 auch Euro 50.400 von der RAIFFEISEN LANDESBANK OBERÖSTERREICH und Euro 72.960 von der ÖSTERREICHISCHEN LOTTERIEN GmbH eingingen. (siehe dazu unten B.3 und B.4). Auch diese Beträge deckten somit ÖVP-Inseratenkosten ab und dienten damit der verdeckten Parteien­finan­zierung. Da sie nach den Erkenntnissen des Sachverständigen aufgrund von Scheinrechnungen bezahlt wurden, besteht zumindest der Verdacht der Untreue.

Aus dem Sachverständigengutachten und dem bei einer Hausdurchsuchung bei der MEDIASELECT sichergestellten Material ergeben sich außerdem Hinweise darauf, dass es sich bei den Zahlungen dieser drei Unternehmen nicht um Einzelfälle handelte, sondern dass über die MEDIASELECT ein ganzes System der illegalen Parteien­finanzierung zu Gunsten der ÖVP eingerichtet wurde:

Im Gutachten des Sachverständigen findet sich auf Seite 85 im Anhang 3 eine Tabelle „ÖVP-Konto“. Dieses Konto weist für den Zeitraum Jänner 2006 bis März 2007 nur die genannten Eingänge von „Spenderfirmen“ und zahlreiche Ausgänge für Inserate, aber keine Einzahlungen der ÖVP aus. Wenn es also auch Zahlungen der ÖVP gegeben haben sollte, müssen die anderswo verzeichnet worden sein. Dennoch findet sich zu Beginn der Tabelle (per Jänner 2006) bereits ein Kontostand von Euro 249.712,28. Wo kam dieses Geld her?

 


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