Parlamentskorrespondenz Nr. 560 vom 15.12.1999

ÜBER DEN "PREIS" VON UNTERSUCHUNGSAUSSCHÜSSEN

Debatte über Auslieferung, Wahl in Europarat

Wien (PK) - Überlegungen in Form von Anträgen der SP (18/A) bzw. der Grünen (38/A) zur leichteren Einsetzung von Untersuchungsausschüssen wurden von Nationalrat in Ersten Lesungen debattiert.

Abgeordneter Dr. KOSTELKA (SP)  wies darauf hin, dass die Minderheitenrechte im österreichischen Parlament gut ausgebaut seien. So könnten bereits fünf Abgeordnete eine Sondersitzung verlangen, auch bei der Erteilung von Prüfungsaufträgen an den Rechnungshof gebe es eine liberale Regelung. Nunmehr schlage die Sozialdemokratie als Zeichen eines neuen Verhältnisses zwischen Regierung und Parlament vor, auch bei der Einsetzung von Untersuchungsausschüssen einen Schritt von Mehrheits- zum Minderheitenrecht zu tun. Kostelka wertete das als mutigen Schritt zu mehr Demokratie und mehr Kontrolle in Österreich.

Abgeordneter Mag. MAIER (SP) unterstrich, die Geschäftsordnung des Nationalrates enthalte Minderheitenrechte, wie man sie in Europa sonst kaum finden könne. Trotzdem gebe es ein demokratiepolitisches Defizit, das aus Sicht der Sozialdemokratie beseitigt werden sollte: Untersuchungsausschüsse sollten künftig nicht mehr von einer Mehrheit verhindert werden können.

Abgeordnete Dr. FEKTER (VP) meinte, die ÖVP akzeptiere selbstverständlich Kontroll- und Minderheitenrechte. Sie sei aber skeptisch im gegenständlichen Zusammenhang. Es sei durchsichtig, wenn es Vorschläge gäbe, nach denen ein Drittel der Abgeordneten reiche, um einen Untersuchungsausschuss einsetzen zu können. Da sei der Vorschlag der Grünen fairer, der von einer ganzen Fraktion spreche, der dieses Recht zustehe. Der Antrag der SP erwecke den Eindruck, als sei echte Kontrolle nicht wirklich gewünscht.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) zeigte sich erfreut darüber, dass sich die SPÖ nun dazu durchgerungen habe, die Möglichkeit der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu einem Minderheitenrecht zu machen. Er sehe es positiv, dass es bei den Sozialdemokraten zu einem Umdenkprozeß gekommen sei. Er, Scheibner, würde aber vorschlagen, dies zu einem echten Minderheitenrecht zu machen: ein Viertel der Abgeordneten sollten hiezu ausreichend sein. Generell plädierte Scheibner für eine Ausweitung der Kontrollrechte. Er hoffe, dass dies nur der erste Schritt zu einem ganzen Bündel von Massnahmen sei, sagte Scheibner abschliessend.

Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) sagte, die unterschiedlichen Anträge zum Thema offenbarten die verschiedene Interessenlage. Der grüne Antrag habe mit einer demokratiepolitischen Notwendigkeit zu tun, weil es fragwürdig sei, wenn ausgerechnet der kleinsten Fraktion dieses Recht nicht zustehen würde. Es wäre nach demokratischen Standards nicht vertretbar, wenn parlamentarische Untersuchungen nicht unter adäquaten Bedingungen zugelassen würden.

Abgeordneter Dr. GRAF (F) vertrat die Ansicht, es gehe um die Rechte des Parlaments. Der SPÖ nehme er es nicht ab, dass sie es mit ihrer Forderung, die Möglichkeit auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu einem Minderheitenrecht zu machen, ernst meine, sei doch ihr Antrag in seinen Forderungen nicht weitreichend genug.

Abgeordneter Dr. VAN DER BELLEN (G) erklärte, jede Oppositionspartei müsse das Anliegen haben, das in Diskussion stehende Instrumentarium zu einem Minderheitenrecht zu machen und forderte insbesondere die ÖVP auf, den Intentionen der Grünen in der gegenständlichen Frage zu folgen.

Der Antrag 18/A wird dem Geschäftsordnungsausschuss zugewiesen, ebenso der Antrag 38/A.

ERSUCHEN DES LANDESGERICHTES FÜR STRAFSACHEN WIEN UM ZUSTIMMUNG ZUR BEHÖRDLICHEN VERFOLGUNG DES ABGEORDNETEN DIPL.-ING. DR. KEPPELMÜLLER * ERSUCHEN DES UNABHÄNGIGEN VERWALTUNGSSENATES SALZBURG UM ZUSTIMMUNG ZUR BEHÖRDLICHEN VERFOLGUNG DES ABGEORDNETEN ÖLLINGER * ERSUCHEN DES LANDESGERICHTES FÜR STRAFSACHEN WIEN UM ZUSTIMMUNG ZUR BEHÖRDLICHEN VERFOLGUNG DER ABGEORDNETEN DR. KHOL UND ING. WESTENTHALER

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Abgeordneter ÖLLINGER (G) stellte das Stimmverhalten seiner Fraktion zu diesen Tagesordnungspunkten dar. Konkret ging er dabei auf die Situation in seinem Fall ein. Kritik übte der Redner daran, wie die Salzburger Polizeidirektion agiere. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb seine Kundgebung untersagt werde, während die einer anderen politischen Partei unter dem Deckmantel „Brauchtumspflege“ zugelassen werde. Deshalb sei er dankbar für die Ausschussfeststellung, dass sich auch die Salzburger Polizeidirektion an Verfassungsgesetze zu halten habe. Den konkreten Vorfall solle man nicht unter dem Stichwort „Immunität“ diskutieren, sondern unter den politischen Implikationen, die dieser Sache innewohnen. Es sei politisch bedenklich, wenn eine Behörde die Sprüche von Ewiggestrigen als „Brauchtum“ einschätze.

Abgeordneter GRADWOHL (SP) rief in Erinnerung, wie die Auslieferungspraxis sich in den letzten Jahren entwickelt habe und meinte, diese Entwicklung zeige, dass man den richtigen Weg eingeschlagen habe. Sodann ging der Redner auf den Fall seines Fraktionskollegen Keppelmüller ein.

Abgeordneter Mag. STEINDL (VP) bedankte sich eingangs für die einstimmige Wahl zum Vorsitzenden des Immunitätsausschusses. Auch er äusserte die Ansicht, die bisherige Praxis habe sich bewährt. Die gegenständlichen Fälle habe man sehr differenziert behandelt, sagte Steindl, der schloss, an der beruflichen Immunität solle nicht gerüttelt werden, vielmehr gelte es, der derzeitigen Praxis noch einen Feinschliff zu geben.

Abgeordneter Dr. GRAF (F) verwies auf die überfraktionelle Arbeitsgruppe, die sich mit den verschiedenen Aspekten dieser Thematik zu befassen habe. In diesem Zusammenhang habe man sich vor allem mit der zivilrechtlichen Komponente auseinanderzusetzen. Es gehe darum, die parlamentarische Immunität des Abgeordneten zeitgemäß zu regeln, so Graf. Die Kritik des Abgeordneten Öllinger an seiner Fraktion wies der Redner zurück.

Die Ausschussanträge werden mehrheitlich, im Falle des Abgeordneten Öllinger einstimmig angenommen.

WAHL DER VERTRETER ÖSTERREICHS IN DIE PARLAMENTARISCHE VERSAMMLUNG DES EUROPARATES

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In die Parlamentarische Versammlung des Europarates werden die Abgeordneten Gatterer, Gusenbauer, Riess-Passer, Scheibner, Schieder und Spindelegger gewählt. Die Abgeordneten Jung, Mertel und Stoisits werden zu Ersatzmitgliedern gewählt.

Bei dieser Gelegenheit dankte Präsident Khol den ausgeschiedenen Vertretern Österreichs in der Parlamentarischen Versammlung und wünschte den neugewählten Mitgliedern bei ihrer Tätigkeit viel Erfolg. (Schluss)


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