Parlamentskorrespondenz Nr. 311 vom 25.05.2000

AUFHEBUNG DER SPARBUCHANONYMITÄT PASSIERT FINANZAUSSCHUSS

SP beharrt auf 1 Mill. S-Begrenzung für Steueramnestie

Wien (PK) - Der Finanzausschuss beschloss heute mit den Stimmen der Regierungsparteien eine Änderung des Bankwesengesetzes, mit der Österreich die Verpflichtung zum Verbot anonymer Sparbücher einlöst, die es als Gründungsmitglied der internationalen Organisation gegen die Geldwäsche (Financial Action Task Force on Money Laundering, FATF) im Jahr 1989 übernommen hat. Ab 1.11.2000 dürfen Sparbücher nur mit einer Legitimation des Sparers eröffnet werden, auf bestehende anonyme Sparbücher dürfen keine Einzahlungen mehr gutgeschrieben werden. Ausgenommen bleiben vorerst Überweisungen von Wertpapierkonten, die noch bis zum 30.6.2002 anonym eingetragen werden können. Bis dahin sind auch noch Auszahlungen von nicht legitimierten Sparbüchern möglich. Dazu kommen EU-Anpassungen und technische Korrekturen im Bankwesengesetz. Für Warentermingeschäfte werden Risikoerfassungsmethoden und Eigenmittel-Berechnungstechniken festgelegt. Außerdem wird die Kooperation der Bankenaufsicht mit Drittstaaten auf internationalen Standard gehoben.

Im Zusammenhang mit der Aufhebung der Sparbuchanonymität stehen Begleitmaßnahmen im Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, um "Irritationen auf dem Geld- und Kapitalmarkt" zu vermeiden. Sparguthaben sollen bis zum 30.6.2002 von der Erbschafts- und der Schenkungssteuer befreit werden. Diese Befreiung gilt auch für Erbschaftssteueransprüche aus der Zeit vor der Einführung der Endbesteuerung am 1.1.1993, nicht aber für Schenkungen oder Erbschaften, die vor In-Kraft-Treten des Gesetzes Gegenstand abgaben- oder finanzstrafrechtlicher Ermittlungen waren.

Zum Thema "Steueramnestie" brachte Abgeordnetem EDLINGER in der Debatte gemäß § 27 einen SP-Antrag ein. Dieser sah eine Befreiung von der Einkommensteuer bei Zinsen von Spareinlagen bis zum 18.5.2000 sowie von der Schenkungssteuer bei der Eigentumsübertragung von Sparbüchern zwischen Ehegatten, Lebensgefährten, Eltern und Kindern sowie Großeltern und Enkelkindern bis zu einer Million Schilling vor. Die Antragsteller wollten keine "Generalamnestie für sämtliche  Steuerhinterziehungen", die vor dem 1.1.1993 begangen wurden, sondern eine Steuerbefreiung für Schenkungen, wie sie "unter Österreichern mit durchschnittlichem Einkommen üblich sind und unter dem Schutz der Anonymität von Sparbüchern ohne Unrechtsbewusstsein ohne Entrichtung von Steuern üblich waren".

Dieser SP-Antrag wurde von den Abgeordneten AUER und Dr. STUMMVOLL (beide V) sowie BÖHACKER (F) mit dem Argument abgelehnt, eine betragliche Begrenzung der Steuerbefreiung würde zu Kapitalabflüssen ins Ausland und damit zu Steuerausfällen in Milliardenhöhe führen. - Mangels Zweidrittelmehrheit waren die Koalitionsparteien gezwungen, durch einen von Abgeordnetem Dr.Stummvoll vorgelegten Abänderungsantrag eine einfachgesetzliche Regelung für die beabsichtigte Steuerbefreiung herbeizuführen. Eine Lösung, zu der Abgeordneter EDLINGER meinte, sie diene nicht der Rechtssicherheit und werde "juristisch hinterfragt werden".

Abgeordneter Dr. VAN DER BELLEN (G), der den SP-Antrag unterstützte, plädierte für den vorgesehenen Freibetrag, mit dem die allermeisten Sparbücher abgedeckt wären. Er glaubte nicht, dass wegen der Schenkungssteuer grössere Milliardenbeträge ins Ausland abfließen würden. Dem auch von Abgeordnetem EDER (S) vorgebrachten Argument, eine unbeschränkte Steueramnestie diene dem "Waschen von Schwarzgeldern", hielt Abgeordneter BÖHACKER (F) entgegen, durch Schenkung könne "schwarzes Kapital" niemals "weiß" werden.

 

Der größte Teil der Debatte über die Aufhebung der Sparbuchanonymität bestand in der Erläuterung der zahlreichen Details eines von den Koalitionsparteien vorgelegten und zuletzt mit ihrer Mehrheit angenommenen Abänderungsantrages durch Finanzminister Mag. GRASSER und die Experten seines Ressorts. Die Abänderungen seien notwendig geworden, um Wünsche der FATF, die sich mit den ursprünglichen Vorlagen nicht zufrieden gezeigt hatte, zu berücksichtigen. Die diesbezüglichen Verhandlungen, die bis zuletzt gedauert hätten, seien der Grund für die - von der Opposition heftig kritisierte - Verspätung bei der Vorlage des Antrages, sagte der Finanzminister. Er unterstrich die Notwendigkeit, den bedingten Ausschluss Österreichs von der FATF rückgängig zu machen, und dafür zu sorgen, dass internationale Standards eingehalten, gleichzeitig aber eine Lösung getroffen werde, die der österreichischen Sparkultur entspreche. Dem dienen die neuen Bestimmungen für die Auszahlung von Überbringersparbüchern, bei denen zwischen Beträgen über oder unter 200.000 S unterschieden werde. Ausserdem werden Vorkehrungen gegen eine missbräuchliche Aufteilung von Sparbüchern getroffen und - durch eine einstimmig angenommene Ausschussfeststellung - auf die besondere Sorgfaltspflicht der Banken hingewiesen.

Abgeordneter EDLINGER (S) hatte prinzipiell nichts gegen die Änderung des Bankwesengesetzes einzuwenden, sah sich aber nicht in der Lage, dem Abänderungsantrag zuzustimmen, weil sich seine Fraktion bis zum Plenum noch mit den Details auseinander setzen müsse.

Abgeordneter Dr. VAN DER BELLEN (G) erkundigte sich danach, ob mit der vorliegenden Regelung gewährleistet sei, dass die FATF künftig keine Schwierigkeiten mehr machen werde, sowie danach, was von der vorliegenden Regelung hinsichtlich des EuGH-Verfahrens gegen Österreich zu erwarten sei. Den Zeitdruck, von dem die Regierungsfraktionen spreche, könne er nicht akzeptieren, sagte der Abgeordnete, da über die Aufhebung der anonymen Sparbücher seit Jahren diskutiert werde.

Finanzminister Mag. GRASSER zeigte sich überzeugt, dass hinsichtlich der neuen Bestimmungen für Abhebungen von Sparbüchern die offiziell eingemahnte Sorgfaltspflicht der Banken für die Erfüllung der FATF-Auflagen ausreiche. Die USA haben sich angesichts der vorliegenden Änderungen kürzlich bereit erklärt, Österreich bei der Zurücknahme des Ausschlusses der FATF zu unterstützen. Er dränge weiterhin auf eine Zurückziehung der Klage beim EuGH, angesichts des weit fortgeschrittenen Verfahrens sei er diesbezüglich aber wenig optimistisch.

DER KATASTROPHENFONDS IN DEN JAHREN 1998 UND 1999

Ein weiterer Bericht, nämlich der DRITTE BERICHT DES FINANZMINISTERS ÜBER DIE GEBARUNG KATASTROPHENFONDS IN DEN JAHREN 1998 UND 1999 stand dann zur Debatte und Abstimmung. Die Einnahmen des Fonds (Einkommen- und Körperschaftsteueranteile, Transfers der Hagelversicherung, Bankzinsen) betrugen 1998 4.086,746.649,37 S (1999: 4.117,080.500.10 S.). Davon wurden 3.377,526.578,55 S (1999: 3.493,215.937 S.) für die Behebung von Katastrophenschäden, die Hagelversicherung sowie für die Anschaffung von Katastropheneinsatzgeräten und Feuerwehren, für Schutzbauten gegen Hochwasser und Lawinen sowie für das Warn- und Alarmsystem aufgewendet. Gemäß Bundeshaushaltsgesetz blieben zu Jahresende jeweils 400 Mill. S als Reserve im Fonds. Die Restbeträge - 709,220.070,82 S im Jahr 1998 und 623,864.563,10 S im Jahr 1999 - wurden jeweils im Budgetauslaufzeitraum für allgemeine Budgetzwecke verwendet.

Der Bericht wurde nach einer kurzen Debatte, in der Finanzminister Mag. GRASSER Detailfragen der Abgeordneten BÖHACKER (F), AUER (V) und VAN DER BELLEN (G) beantwortete, mit S-V-F-Mehrheit zur Kenntnis genommen und damit enderledigt.

Im Einzelnen teilte Finanzminister Mag. GRASSER mit, dass kein Rückstau bei präventiven Katastrophenschutzmaßnahmen bestehe, und gab die bisherigen Ausgaben für die Lawinenkatastrophe von Galtür mit 34 Mill. S an; die Gesamtkosten der Schutzmaßnahmen betrügen 130 Mill. S bis zum Jahr 2008. Die geplanten Investitionen am Eibelschrofen umfassen insgesamt 78 Mill. S; 17,5 Mill. S wurden bereits verbaut.

MEHR FÖRDERUNG FÜR LATEINAMERIKANISCHE KLEINBETRIEBE

Als Gründungsmitglied der mittlerweile 36 Länder umfassenden Inter-Amerikanischen Entwicklungsgesellschaft (IIC), einer Schwesterinstitution der Inter-Amerikanischen Entwicklungsbank (IDB), beteiligt sich Österreich an einer Kapitalerhöhung um 500 Mill. US-Dollar. Der Beitrag Österreichs macht 2,45 Mill. US-Dollar aus, zahlbar in acht jährlichen Raten bis 2007. Die IIC-Finanzierungen kommen in Form von Darlehen und Beteiligungen zu mehr als 80 % den rund 6 Millionen kleinen und mittleren Unternehmen in Lateinamerika zugute, die rund 50 % des regionalen BIP erzeugen. Seit Gründung der IIC im Jahr 1986 konnten durch diese Förderungen mehr als 100.000 Arbeitsplätze geschaffen werden. - Die Genehmigung erfolgte einstimmig.

ANNAHME DES FINANZSCHULDENBERICHTS 1998

Eingangs der Sitzung hatten die Ausschussmitglieder ohne Debatte und mit Stimmeneinhelligkeit den Finanzschuldenbericht 1998 zur Kenntnis genommen. Der Bericht ist somit enderledigt.  Er dokumentiert ein Ansteigen der bereinigten Finanzschuld des Bundes im Jahr 1998 um 59,8 Mrd. S auf insgesamt 1.535,7 Mrd. S. Mit 4 % hat das Schuldenwachstum aber deutlich abgenommen. Zurückgegangen ist auch die Restlaufzeit der Verbindlichkeiten, und zwar von 5,9 auf 5,8 Jahre. Die gesamte öffentliche Verschuldung (Bund, Länder und Gemeinden) betrug Ende 1998 1.659,4 Mrd. S; die Relation Staatsschulden/BIP verbesserte sich seit 1997 von 64,3 % auf 63,1 %. Mit einer Pro-Kopf-Staatsverschuldung von 205.000 S nimmt Österreich im internationalen Vergleich eine mittlere Position ein. Positiv entwickelte sich seit 1994 der Primärsaldo aller öffentlichen Haushalte; bereinigt um den Schuldendienst, also um Aufwendungen für frühere Defizite, zeigten die Budgeteinnahmen beachtliche Überschüsse gegenüber den Ausgaben: 1997 verbuchten Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam + 53,6 Mrd. S oder 2,1 % des BIP, 1998 betrug das Plus 50,1 Mrd. S oder 1,9 % des BIP.

Mit F-V-Mehrheit wurde die Regierungsvorlage betreffend die Initiative zur Schuldenreduktion für die ärmsten Entwicklungsländer (Heavily Indebted Poor Countries Initiative, HIPC) vertagt, um noch ausstehende Informationen von Seiten der Nationalbank abzuwarten. Unter dem Titel HIPC haben IWF und Weltbank einen Ansatz zur Reduktion aller bilateralen, multilateralen und kommerziellen Schulden armer, hauptsächlich afrikanischer Länder südlich der Sahara erarbeitet. Gemeinsam mit den multilateralen Institutionen und den bilateralen Gläubigern sollen - unter der Voraussetzung eines nachhaltig wohlstandsfördernden wirtschaftspolitischen Kurses - bestimmten Ländern bis zu 90 % ihrer Schulden erlassen werden. (Schluss)