Parlamentskorrespondenz Nr. 80 vom 12.02.2002

LANDWIRTSCHAFTSAUSSCHUSS VERABSCHIEDET ÄNDERUNG DES FORSTGESETZES

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Wien (PK) - Der Landwirtschaftsausschuss des Nationalrates stimmte heute mit FP-VP-Mehrheit einer Regierungsvorlage zu, die umfassende Änderungen beim Forstgesetz 1975, beim Bundesgesetz zur Schaffung eines Gütezeichens für Holz und Holzprodukte aus nachhaltiger Nutzung, beim Bundesgesetz über die Bundesämter für die Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten sowie beim Forstlichen Vermehrungsgutgesetz bringt.

Begründet wird die umfassende Novellierung des Forstgesetzes damit, dass das Forstgesetz in der derzeit geltenden Fassung aufgrund geänderter Rahmenbedingungen den forst-, umwelt- und wirtschaftspolitischen Anforderungen nicht mehr in vollem Umfang gerecht wird. Aus diesem Grund werden Anpassungen vorgenommen, die insbesondere folgende Ziele zum Inhalt haben: Entbürokratisierung und Verwaltungsvereinfachungen, Neuregelung des Rodungsverfahrens sowie der forstlichen Förderung, stärkere Bedachtnahme auf Aspekte der Ökologie, Neuregelungen betreffend den Schutzwald, Neustrukturierung der forstlichen Forschung, Aus- und Weiterbildung.

In den Erläuterungen wird außerdem darauf hingewiesen, dass auf Grund der hohen Waldausstattung (47 % der Gesamtfläche) und des jährlichen Waldflächenzuwachses von rund 7.700 ha eine Differenzierung bei der Flächenzunahme erforderlich ist. Eine weitere Waldzunahme wird nur in besonderen Gebieten (z.B. Hochlagen für Objektschutz) bzw. in unterbewaldeten Landesteilen (z.B. für Klima- oder Wasserschutz) für sinnvoll erachtet.

Darüber hinaus dient der Gesetzentwurf der Zusammenführung der beiden Forstlichen Ausbildungsstätten und der Forstlichen Bundesversuchsanstalt zu einem "Bundesamt und Forschungszentrum für Wald". Gleichzeitig kommt es zu einer Neuformulierung der Aufgaben sowie zur Integration dieser Einrichtung in das Bundesgesetz über die Bundesämter für die Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten. Überdies wird dem Bundesamt und Forschungszentrum für Wald Behördencharakter verliehen, wodurch klargestellt wird, dass diese Einrichtung hoheitliche Tätigkeiten zu erfüllen und Gesetze zu vollziehen hat (z.B. Ausstellung von Bescheiden). Die österreichische Wald- und Holzwirtschaft soll durch eine optimierte angewandte Forschung und gezieltere Vermittlung der Forschungsergebnisse in ihrer gesamtwirtschaftlichen Tätigkeit und in ihrer Konkurrenzfähigkeit gegenüber ausländischen Mitbewerbern gefördert werden, heißt es in der Vorlage.

Ein in der heutigen Sitzung von den Koalitionsparteien eingebrachter Abänderungsantrag enthält vor allem formale Anpassungen im Forstgesetz. Diese wurden notwendig, weil die gegenständliche Regierungsvorlage auf die im Verwaltungsreformgesetz 2001 enthaltenen Änderungen des Forstgesetzes aufbaut, jedoch, wie es in der Begründung heißt, davon auszugehen ist, dass die vorliegenden Änderungen voraussichtlich vor dem Verwaltungsreformgesetz in Kraft treten werden. Darüber hinaus wird mit dem Abänderungsantrag die Flächenobergrenze für anmeldepflichtige Rodungen von 500 m2 auf 1.000 m2 erhöht. Begründet wird dies damit, dass statistischen Auswertungen zufolge der Anteil von Rodungsbewilligungen mit einem Flächenausmaß von höchstens 1.000 m2 bei 48 % liegt, die damit bewilligte Fläche insgesamt jedoch nur 3,5 % der Gesamtrodungsfläche ausmacht.

Im Rahmen der Ausschussberatungen wurde darüber hinaus ein weiterer Gesetzesantrag eingebracht, der sicherstellen soll, dass nunmehr auch im Agrarverfahren die Berufungsvorentscheidung eingeführt wird. Damit werde einem Wunsch der Agrarbehörden der Länder nachgekommen, die durch die Berufungsvorentscheidung eine Beschleunigung und eine Effizienzsteigerung bei Agrarverfahren erwarten, heißt es in den Erläuterungen.

Während die Abgeordneten der Koalitionsparteien von einem modernen, der heutigen Zeit angepassten Forstgesetz sprachen, übten SPÖ und Grüne zum Teil massive Kritik und wandten sich insbesondere dagegen, dass nicht mehr der Waldbesitzer öffentliches Interesse glaubhaft machen müsse, um bis zu 1.000 m2 Wald roden zu dürfen, sondern die Behörde nachzuweisen habe, dass öffentliches Interesse an der Erhaltung der entsprechenden Waldfläche bestehe. Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) hält die sechswöchige Frist, innerhalb der die Behörde gegen angemeldete Rodungen einschreiten könne, für viel zu kurz, um alle wesentlichen Punkte, zum Beispiel wasserrechtliche Fragen, zu klären. Er erachtet den Rodungsparagraphen außerdem für nicht verfassungskonform.

Der Landwirtschaftssprecher der Grünen bemängelte aber auch andere Punkte des neuen Forstgesetzes, etwa dass die Funktion des Waldes als Lebensraum nicht definitiv festgeschrieben werde, das Bergwaldprotokoll keine Berücksichtigung finde und weniger qualifiziertes Fachpersonal als bisher vor Ort anwesend sein müsse. Zudem fürchtet er, dass die Liberalisierung zu einer Zerstückelung von Waldstücken und zu Spekulationen in stadtnahen Gebieten führen wird. Seiner Meinung nach ist das Forstgesetz schließlich nicht in allen Punkten EU-konform. Positiv bewertet wurde von Pirklhuber hingegen die stärkere Berücksichtigung des Naturschutzes in bestimmten Teilen des Forstgesetzes.

Seitens der SPÖ beklagte Abgeordneter Rainer Wimmer, dass Konsumenten und Erholungssuchende Verlierer der Novellierung des Forstgesetzes seien. Der bisherige Ausgleich zwischen den Interessen der Waldbesitzer und den Interessen der Erholungsbedürftigen wird seiner Meinung nach "vom Tisch gewischt". Ähnlich argumentierte auch sein Fraktionskollege Emmerich Schwemlein, der den freien Zugang zum Wald in Gefahr sieht.

Sowohl Wimmer als auch die SPÖ-Abgeordneten Christian Faul, Ulrike Sima, Werner Kummerer und Kurt Gaßner sprachen sich gegen die Umkehr der Beweislast bei Rodungen bis zu 1.000 m2 aus. So bezweifelte Gaßner, dass es durch den neuen Rodungsparagraphen tatsächlich zu einer Verwaltungsvereinfachung kommen wird, da die Behörde, sollte eine Rodung strittig sein, erst Recht wieder einschreiten müsse. Ein Entschließungsantrag der SPÖ, die Beweislast beim Waldbesitzer zu belassen und die Ausdehnung des vereinfachten Verfahrens auf bis zu 1.000 m2 Waldfläche zurückzunehmen, blieb bei der Abstimmung jedoch in der Minderheit.

Abgeordneter Kummerer kritisierte darüber hinaus, dass der Wildschadensbericht künftig nicht mehr dem Nationalrat zugeleitet, sondern nur noch im Internet veröffentlicht wird, Abgeordnete Sophie Bauer (S) äußerte die Befürchtung, dass mit dem neuen Forstgesetz den Forstwarten die Grundlage entzogen wird.

Von den Abgeordneten der Koalitionsparteien wurden die neuen Rodungsbestimmungen durchwegs verteidigt. So betonte Abgeordneter Jakob Auer (V), dass das vereinfachte Verfahren aus praktischen Erfahrungen zu begrüßen sei, und gab zu bedenken, dass derzeit großflächige Rodungen, etwa zur Erweiterung eines Firmengeländes, zum Teil leichter bewilligt werden als Rodungen von Kleinstflächen. Auer machte darüber hinaus geltend, dass eine gerodete Fläche nicht automatisch zum Bauland werde, sondern eine entsprechende Umwidmung notwendig sei. Insgesamt beurteilte er das neue Forstgesetz als positiv und der heutigen Zeit angepasst. Sein Fraktionskollege Johannes Zweytick hielt fest, Waldbesitzer dürften nicht nur Pflichten, sondern müssten auch Rechte haben.

Auch Ausschussobmann Georg Schwarzenberger sieht in den neuen Rodungsbestimmungen keine Verschlechterung des Status quo. Er wies darauf hin, dass die Behörde auch beim vereinfachten Anmeldeverfahren einzuschreiten habe, wenn gegen die Rodung ein öffentliches Interesse bestehe. Für ihn ist auch die Erholungsfunktion des Waldes in Zukunft nicht beeinträchtigt.

Abgeordneter Franz Hornegger (F) nannte eine Reihe von positiven Punkten im Forstgesetz: die Klarstellung der Forststraßendefinition, die Neudefinition von Schutzwald, die Verwaltungsvereinfachungen und die Verankerung der Nachhaltigkeit. Die Durchforstung des Forstgesetzes sei gelungen, unterstrich er. Abgeordneter Roland Zellot (F) äußerte sich insbesondere über den Abbau des "Verwaltungsdschungels" erfreut und zeigte sich überzeugt, dass es durch die erleichterten Rodungsmöglichkeiten nicht zu Rodungen zum Schaden der Natur kommen wird.

Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer bekräftigte, das neue Forstgesetz erfülle alle Anforderungen an die moderne Definition von Nachhaltigkeit und schreibe sowohl die Schutzfunktion, die Erholungsfunktion, aber auch die Lebensraumfunktion des Waldes fest. Deregulierung und Nachhaltigkeit sind für ihn keine Widersprüche, die österreichische Forstwirtschaft habe sich ebenso wie der Gesetzgeber dem Prinzip der Nachhaltigkeit verschrieben.

Was die Frage der Rodungen betrifft, betonte Molterer, dass auch künftig keine Rodungen durchgeführt werden dürften, wenn diesen ein öffentliches Interesse entgegensteht. Sollte die Behörde bei einer angemeldeten Rodung ein öffentliches Interesse geltend machen, werde wie bisher ein Bewilligungsverfahren durchgeführt. Dem Verfassungsdienst zufolge sind, so Molterer, die Rodungsbestimmungen außerdem verfassungskonform. Sein Ressort sieht darüber hinaus die EU-Konformität des Forstgesetzes gegeben.

Keine Verschlechterungen, sondern vielmehr Verbesserungen, ortet Molterer auch in der Frage des Zugangs zum Wald. So könne die Behörde künftig Waldsperren aufheben, wenn diese nicht begründet sind. Auch das Bergwaldprotokoll ist Molterer zufolge im Gesetz berücksichtigt worden.

Der Forstwart wird nach Auskunft des Landwirtschaftsministers im Gegensatz zu den Befürchtungen der SPÖ nicht abgewertet, vielmehr erhalte dieser zusätzliche Möglichkeiten.

Eine Frage von Abgeordnetem Emmerich Schwemlein (S) bezüglich der Haftungsbefreiung von Waldbesitzern beantwortete Molterer dahin gehend, dass eine solche Haftungsbefreiung nicht mit den allgemeinen strafrechtlichen Bestimmungen im Einklang stehen würde. Schwemlein hatte zuvor beklagt, dass die Bestimmung, wonach ein Waldbesitzer bei einer Verletzung eines Spaziergängers belangt werden könne, nicht geändert wurde.

Die Änderung des Forstgesetzes und der anderen Gesetze aus dem Forstbereich wurde unter Berücksichtigung des V-F-Abänderungsantrages ebenso mit den Stimmen der Koalitionsparteien beschlossen wie die im Rahmen der Ausschussberatungen beantragte Änderung des Agrarverfahrensgesetzes. Mit F-V-Mehrheit angenommen wurde schließlich auch eine Ausschussfeststellung, die Klarstellungen bezüglich des Tatbestandes Forststraße sowie - im Zusammenhang mit den Kategorien "Standortschutzwald" und "Objektschutzwald" - bezüglich der Verpflichtungen des Waldeigentümers trifft.

ANTRAG DER GRÜNEN IM ZUSAMMENHANG MIT DER BSE-KRISE VERTAGT

Ein weiteres Mal vertagt wurde ein Entschließungsantrag der Grünen, der eine Reihe von begleitenden Vorsorgemaßnahmen im Zusammenhang mit der BSE-Krise enthält. Unter anderem fordern Abgeordneter Pirklhuber und seine FraktionskollegInnen ein unbefristetes Verbot der Verfütterung von Tiermehl, bis die Ursachen für die Entstehung und Übertragung von transmissiblen spongiformen Enzephalopathien eindeutig geklärt und beseitigt sind, die Einschränkung von Agrar- und Investitionsförderungen auf artgerechte Tierhaltungssysteme, die Umlenkung von 20 % der Marktordnungsprämien auf umweltorientierte Maßnahmen, die Einführung einer verpflichtenden klaren Kennzeichnung aller tierischer Produkte, die auch Bodenbewirtschaftung, Tierhaltung, Zucht, Tierfütterung und Transport umfassen soll, eine obligatorische Kennzeichnung von Futtermitteln und die Forcierung des Anbaus von Eiweißfuttermitteln. (353/A[E])

SPÖ VERLANGT RADIKALE UMSTELLUNG DES FÖRDERSYSTEMS

Der biologische Landbau stellt nach Ansicht der Sozialdemokraten einen nicht zu unterschätzenden Lösungsansatz für die Bewältigung der Probleme aller bäuerlichen Betriebe in Österreich dar. In einem Entschließungsantrag, der ebenfalls ein weiteres Mal vertagt wurde, sprechen sie sich daher dafür aus, den Biolandbau durch eine massive Erhöhung der Förderungsmittel weiter auszubauen ("Bio-Offensive"), um dieser ökologisch und tierfreundlichen Wirtschaftsweise stärker zum Durchbruch zu verhelfen. Ein wichtiges Anliegen ist der SPÖ auch die soziale Staffelung von Agrarförderungsmitteln, insbesondere der Marktordnungsprämien, da dies zu einer gerechteren Verteilung im Sinne einer inneragrarischen Solidarität beitragen würde.(492/A[E ]) (Schluss)