Parlamentskorrespondenz Nr. 224 vom 03.04.2002

BIOMEDIZIN-KONVENTION: PETITIONSAUSSCHUSS LÄDT EXPERTEN ZU HEARING

Ausschuss will Zusammenarbeit mit Volksanwaltschaft intensivieren

Wien (PK) - In seiner nächsten Sitzung wird sich der Petitionsausschuss des Nationalrates im Rahmen eines Expertenhearings mit der Biomedizin-Konvention des Europarates befassen. Darauf einigten sich heute die Abgeordneten aller Fraktionen. Eingeladen zur Sitzung werden ein Vertreter der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, ein Vertreter des Bundeskanzleramtes, ein Vertreter des Sozialministeriums, ein Vertreter des Justizministeriums, die Universitätsprofessoren Christian Kopetzki, Ulrich Körtner und Holger Baumgartner als Vertreter der Bio-Ethik-Kommission sowie vier von den einzelnen Fraktionen zu nominierende Experten. Als Termin für das Hearing ist Mitte Mai in Aussicht genommen.

Grundlage für das Hearing bildet eine Petition der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR), die sich gegen die Biomedizin-Konvention des Europarates richtet. Diese Konvention regelt erstmals Mindeststandards zum Schutz der Menschenrechte und Menschenwürde im Hinblick auf die Anwendung von Biologie und Medizin. Nach Ansicht der UnterzeichnerInnen sind darin allerdings Bestimmungen enthalten, durch die "einwilligungsunfähige" Personen diskriminiert werden. So dürfe "in Ausnahmefällen" an Kleinkindern, geistig und psychisch behinderten Menschen, an altersdementen Menschen und an Koma-Patienten Forschung betrieben werden, auch wenn diese Forschung diesen Personen keinen Nutzen bringt bzw. sogar Risken birgt.

Weiters plant der Petitionsausschuss, noch vor dem Sommer eine gemeinsame Aussprache mit den drei VolksanwältInnen über Möglichkeiten der verstärkten Zusammenarbeit zwischen dem Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen und der Volksanwaltschaft abzuhalten. Ausschussvorsitzende Gisela Wurm (S) wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sowohl die Volksanwaltschaft als auch der Petitionsausschuss die Aufgabe haben, zwischen den BürgerInnen und der Politik zu vermitteln. Auch dieser Beschluss fiel einstimmig.

In vielen Fällen unterschiedliche Auffassungen gab es zwischen den Abgeordneten der Koalitionsparteien auf der einen Seite und den Vertretern der Oppositionsparteien auf der anderen Seite hingegen bezüglich der weiteren Behandlung der Bürgerinitiativen und Petitionen, die dem Ausschuss zur Beratung vorlagen. So wurden sämtliche Petitionen, die die Schließung von Postämtern betreffen, auf Antrag von FPÖ-Abgeordnetem Hermann Reindl mit FP-VP-Mehrheit vertagt. SPÖ und Grüne hatten zuvor dafür plädiert, Stellungnahmen der Post, des Gemeindebundes und der Verbindungsstelle der Bundesländer zu den Petitionen einzuholen, da, wie Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (S) erläuterte, in den bereits eingelangten Stellungnahmen des Verkehrsministeriums auf die Notwendigkeit hingewiesen wird, die Schließung von Postämtern mit den Gemeinden und den Bundesländern abzustimmen. Die Post solle zudem erläutern, was sie dazu bewogen habe, gerade die betreffenden Postämter zu schließen, forderte Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G).

Die Koalition begründete die Vertagung damit, dass die Stellungnahmen des Verkehrsministeriums zu den Petitionen erst kurz vor Sitzungsbeginn eingelangt seien. Abgeordnete Astrid Stadler (V) verwies zudem auf die von der Post eingerichtete Kontrollkommission. Ihr Fraktionskollege Johann Kurzbauer gab zu bedenken, dass beispielsweise im ebenfalls von der Schließung betroffenen Postamt Ollersbach im Durchschnitt 2,4 Briefe pro Tag aufgegeben worden seien.

Gegen den Willen der Opposition wurde auch von der weiteren Behandlung einer Bürgerinitiative Abstand genommen, die auf die Abhaltung sofortiger Neuwahlen abzielt. SPÖ und Grüne hatten sich für die Einholung von Stellungnahmen des Bundeskanzleramtes, des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes und des Justizministeriums ausgesprochen. Die UnterzeichnerInnen hätten ein Anrecht darauf, dass die zuständigen Stellen zu ihren doch massiven Bedenken Stellung nehmen, meinte dazu etwa Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G). In der Bürgerinitiative wird der Koalition u.a. vorgeworfen, schwer wiegende Eingriffe in das soziale und demokratische System Österreichs vorgenommen und die Präambel zum Regierungsübereinkommen in mehreren Punkten gebrochen zu haben.

Abgeordnete Maria Theresia Fekter (V) wertete den Vorwurf der Bürgerinitiative, in Österreich zeigten sich immer mehr Merkmale einer Willkürherrschaft, als "eine ungeheuerliche Unterstellung". "Wir haben eine funktionierende Demokratie in Österreich", bekräftigte sie. Abgeordneter Gerhard Kurzmann (F) unterstrich, die Bundesregierung solle weiterarbeiten und ihre Vorhaben zu Ende bringen. Abgeordneter Alois Pumberger (F) wies darauf hin, dass immerhin zwei Drittel der Österreicher keine Neuwahlen wollten.

Erneut vertagt wurde ein Petition, die sich gegen eine Ausgliederung der Bundessozialämter richtet. Zu dieser Frage hat das Sozialministerium bereits vor längerer Zeit eine Arbeitsgruppe eingesetzt, deren Ergebnisse nach Ansicht der beiden Koalitionsparteien abgewartet werden sollen. Abgeordneter Alois Pumberger (F) zeigte sich allerdings zuversichtlich, dass die Bundessozialämter entgegen den bestehenden Befürchtungen nicht in Gefahr seien. Eine Schließung der Ämter wäre ein falsches Signal an die Behinderten in Österreich, betonte er, diese hätten eine wichtige Funktion bei der Integration von Behinderten in den Arbeitsmarkt. Grüne und SPÖ konnten sich mit ihrer Forderung, die Petition dem Sozialausschuss zuzuweisen, nicht durchsetzen.

Scharfe Kritik an der Präsidentenkonferenz der Landwirtschafskammern, dem Familienbund und dem Familienverband übte Ausschussvorsitzende Gisela Wurm im Zusammenhang mit einer Petition, in der sich die UnterzeichnerInnen gegen längere Ladenöffnungszeiten und gegen Ladenöffnungen am Sonntag aussprechen. Trotz insgesamt bereits acht Urgenzen hätten diese Stellen immer noch keine Stellungnahme zur Petition abgegeben, klagte Wurm. Dies sei eine Unhöflichkeit dem Ausschuss gegenüber.

Erfreut zeigte sich Wurm hingegen darüber, dass das Polizei-Wachzimmer Reichenau in Innsbruck und das Wachzimmer am Innsbrucker Hauptbahnhof entgegen früheren Befürchtungen nach Auskunft aus dem Innenministerium doch nicht geschlossen werden. Es sei aber auch notwendig, dass das Wachzimmer am Hauptbahnhof in der gleichen personellen Besetzung bestehen bleibe, betonte sie.

Die gesamten Beschlüsse des Petitionsausschusses:

Petition Nr. 87 betreffend die Aufnahme bisher nicht genannter Opfergruppen im Opferfürsorgegesetz - Einholung einer Stellungnahme des Sozialministeriums.

Petition Nr. 89 für den Frieden in der Welt, gegen Krieg, Terror und Gewalt - Erledigung durch Kenntnisnahme. Ein Antrag der SPÖ, Stellungnahmen des Innenministeriums, des Außenministeriums, des Bundeskanzleramtes und des Sozialministeriums zur Petition einzuholen, wurde von ÖVP und FPÖ nicht unterstützt und blieb damit in der Minderheit.

Petition Nr. 90 für ein Polizei-Wachzimmer am Innsbrucker Hauptbahnhof - Einholung einer Stellungnahme des Innenministeriums.

Bürgerinitiative Nr. 25 betreffend Gleichstellung für Zivildiener - Zuweisung an den Innenausschuss. Ein Antrag der SPÖ, vor der Zuweisung an den Ausschuss eine Stellungnahme des Innenministeriums einzuholen, fand keine Mehrheit.

Bürgerinitiative Nr. 26 betreffend unverzügliche Neuwahlen - Abstandnahme von der weiteren Verhandlung.

Petition Nr. 21 betreffend "Eine Chance auf Familienleben - auch den im Handel Beschäftigten" - Vertagung.

Petition Nr. 22 betreffend geplante Ausgliederung der Bundessozialämter - Vertagung.

Petition Nr. 26 zur Erhaltung des Wachzimmers Reichenau in Innsbruck - Erledigung durch Kenntnisnahme.

Petition Nr. 35 gegen die Biomedizin-Konvention des Europarates - Vertagung zur Abhaltung eines Hearings.

Petition Nr. 36 zur Senkung ungerechtfertigt hoher Treibstoffpreise - Vertagung, da die angeforderten Stellungnahmen erst kurz vor Beginn der Ausschusssitzung eingelangt sind.

Petition Nr. 50 für die Realisierung des Tschirganttunnels - Erledigung durch Kenntnisnahme. Abgeordnete Astrid Stadler (V) wies darauf hin, dass der Tschirganttunnel im inzwischen vorgelegten Generalverkehrsplan verankert und mit Priorität Nr. 1 versehen sei. Der Bau ist demnach mit 2007 terminisiert.

Petition Nr. 55 gegen die Abschaffung steuerlicher Begünstigungen für gemeinnützige Vereine - Vertagung.

Petition Nr. 88 für die Erhaltung der Postämter 2354 Guntramsdorf 2, 2531 Gaaden und 2381 Laab im Walde - Vertagung.

Petition Nr. 37 für die Erhaltung des Postamtes 3211 Loich - Vertagung.

Petition Nr. 38 für die Erhaltung des Postamtes 3125 Statzendorf - Vertagung.

Petition Nr. 39 für die Erhaltung des Postamtes 3384 Groß Siering - Vertagung.

Petition Nr. 40 für die Erhaltung des Postamtes 3047 Michelbach - Vertagung.

Petition Nr. 41 für die Erhaltung des Postamtes 3072 Kasten - Vertagung.

Petition Nr. 42 für die Erhaltung des Postamtes 3131 Getzersdorf - Vertagung.

Petition Nr. 43 für die Erhaltung des Postamtes 3104 Harland - Vertagung.

Petition Nr. 44 für die Erhaltung des Postamtes 3105 Radlberg - Vertagung.

Petition Nr. 45 für die Erhaltung des Postamtes 3212 Schwarzenbach - Vertagung.

Petition Nr. 46 für die Erhaltung des Postamtes 3144 Wald - Vertagung.

Petition Nr. 47 für die Erhaltung des Postamtes 3061 Ollersbach - Vertagung.

Petition Nr. 48     für die Erhaltung des Postamtes 3051 St. Christophen - Vertagung.

Petition Nr. 49 für die Erhaltung des Postamtes 3052 Innermanzing - Vertagung.

Petition Nr. 52 für die Erhaltung der Postämter im Bezirk Mistelbach - Vertagung.

Petition Nr. 53 für die Erhaltung der Postämter im Bezirk Gänserndorf - Vertagung.

Petition Nr. 54 für die Erhaltung der Postämter im Bezirk Hollabrunn - Vertagung.

Petition Nr. 56 für die Erhaltung des Postamtes 3362 Mauer-Öhling - Vertagung.

Petition Nr. 57 für die Erhaltung des Postamtes 3344 St. Georgen/Reith - Vertagung.

Petition Nr. 58 für die Erhaltung des Postamtes 3342 Opponitz - Vertagung.

Petition Nr. 59 für die Erhaltung des Postamtes 4441 Behamberg - Vertagung.

Petition Nr. 60 für die Erhaltung des Postamtes 3312 Oed - Vertagung.

Petition Nr. 61 für die Erhaltung des Postamtes 3311 Zeillern - Vertagung.

Petition Nr. 62 für die Erhaltung des Postamtes 3313 Wallsee - Vertagung.

Petition Nr. 63 für die Erhaltung des Postamtes 3322 Viehdorf - Vertagung.

Petition Nr. 64 für die Erhaltung des Postamtes 3325 Ferschnitz - Vertagung.

Petition Nr. 65 für die Erhaltung des Postamtes 3332 Rosenau - Vertagung.

Petition Nr. 66 für die Erhaltung des Postamtes 3333 Böhlerwerk - Vertagung.

Petition Nr. 67 für die Erhaltung des Postamtes 4432 Ernsthofen - Vertagung.

Petition Nr. 68 für die Erhaltung des Postamtes 3354 Wolfsbach - Vertagung.

Petition Nr. 69 für die Erhaltung des Postamtes 2724 Hohe Wand/Stollhof - Vertagung.

Petition Nr. 70 für die Erhaltung des Postamtes 2492 Eggendorf - Vertagung.

Petition Nr. 71 für die Erhaltung des Postamtes 2803 Schwarzenbach - Vertagung.

Petition Nr. 72 für die Erhaltung des Postamtes 2770 Gutenstein - Vertagung.

Petition Nr. 73 für die Erhaltung des Postamtes 2802 Hochwolkersdorf - Vertagung.

Petition Nr. 74 für die Erhaltung des Postamtes 2833 Bromberg - Vertagung.

Petition Nr. 75 für die Erhaltung des Postamtes 2812 Hollenthon - Vertagung.

Petition Nr. 76 für die Erhaltung des Postamtes 2723 Muthmannsdorf - Vertagung.

Petition Nr. 77 für die Erhaltung des Postamtes 3172 Ramsau - Vertagung.

Petition Nr. 78 für die Erhaltung des Postamtes 3222 Annaberg - Vertagung.

Petition Nr. 79 für die Erhaltung des Postamtes 3223 Wienerbruck - Vertagung.

Petition Nr. 80 für die Erhaltung des Postamtes 3162 Rainfeld an der Gölsen - Vertagung.

Petition Nr. 81 für die Erhaltung des Postamtes 3171 Kleinzell - Vertagung.

Petition Nr. 82 für die Erhaltung des Postamtes 3195 Kernhof - Vertagung.

Petition Nr. 83 für die Erhaltung des Postamtes 3153 Eschenau - Vertagung.

Petition Nr. 85 für die Erhaltung des Postamtes 2431 Klein Neusiedl - Vertagung.

Petition Nr. 86 für die Erhaltung der Postämter der Bezirke Deutschlandsberg und Leibnitz - Vertagung.

Bürgerinitiative Nr. 23 betreffend Einforderung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die Müllaufbereitungsanlage der DIVITEC-GesmbH in Oberpullendorf - Vertagung, da die angeforderte Stellungnahme erst heute Früh eingelangt ist.

Petition Nr. 91 betreffend Nulltoleranz für Gentech-Saatgut - Einholung einer Stellungnahme des Landwirtschaftsministeriums. Ein Antrag der Grünen, auch Stellungnahmen des Instituts für ökologischen Landbau der Universität für Bodenkultur und eine Stellungnahme des Forums österreichischer WissenschaftlerInnen für den Umweltschutz einzuholen, fand keine Mehrheit. (Schluss)