Parlamentskorrespondenz Nr. 530 vom 04.07.2002

VERFASSUNGSAUSSCHUSS FÜR AUSBILDUNGSREFORM IM ÖFFENTLICHEN DIENST

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Wien (PK) - Die Ausbildung für öffentlich Bedienstete wird grundlegend reformiert. Der Verfassungsausschuss des Nationalrates stimmte heute größtenteils mehrheitlich einem von der Regierung vorgeschlagenen " Deregulierungsgesetz - Öffentlicher Dienst 2002 " zu, das entsprechende Bestimmungen enthält. Außerdem werden mit diesem Gesetz Mitwirkungsrechte und Mehrfachzuständigkeiten von Ministerien im Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrecht abgeschafft, überholte, gegenstandslose und unübersichtliche Bestimmungen aufgehoben sowie zahlreiche Detailänderungen vorgenommen.

Mit einem heute vorgelegten und bei der Abstimmung mitberücksichtigten Abänderungsantrag zum Deregulierungsgesetz wollen die Abgeordneten außerdem den stark angestiegenen Ruhestandsversetzungen bei Post, Telekom und ÖBB wegen Dienstunfähigkeit entgegen treten. Zum Zweck einer einheitlichen Vorgangsweise wird bei krankheitsbedingten Ruhestandsversetzungen in Hinkunft die allgemeine Pensionsversicherungsanstalt für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit jener BeamtInnen, die diesen Unternehmen zugewiesen sind, zuständig sein und nicht mehr von den Unternehmen selbst ausgewählte Vertrauensärzte. Darüber hinaus wird für solche Ruhestandsversetzungen die Zustimmung des Bundesministeriums für Finanzen erforderlich gemacht, wobei der Finanzminister allerdings nur prüfen kann, ob bei geplanten Ruhestandsversetzungen die gesetzlichen und verfahrensrechtlichen Vorgaben eingehalten worden sind.

Weiters wird mit dem Abänderungsantrag das Recht auf Inanspruchnahme der so genannten Familienhospizkarenz für öffentlich Bedienstete auf Geschwister, Schwiegereltern und Schwiegerkinder ausgedehnt. Damit erfolgt eine Anpassung der für den öffentlichen Dienst geltenden Rechtslage an jene der Privatwirtschaft.

Die für öffentlich Bedienstete bestehende Meldepflicht für Nebenbeschäftigungen wird nun gemäß Abänderungsantrag doch nicht - wie in der Regierungsvorlage ursprünglich vorgesehen - in eine Genehmigungspflicht umgewandelt. Ersetzt werden die international nicht gebräuchlichen Dienstgrade beim Bundesheer "Divisionär" und "Korpskommandant", und zwar durch "Generalmajor" bzw. "Generalleutnant". Die komplizierte Fristenregelung bei Bewerbungsverfahren für Bundeslehrer-Planstellen wird stark vereinfacht.

Einer der zentralen Punkte der Ausbildungsreform für öffentlich Bedienstete ist die Auflösung der vor mehr als 20 Jahren gegründeten Verwaltungsakademie des Bundes in der bestehenden Form, da diese, wie es in den Erläuterungen zum Gesetzentwurf heißt, die in sie gesetzten Erwartungen nur teilweise erfüllt hat. Insbesondere das Vorhaben, die Verwaltungsakademie als qualitativ hochwertige "Kaderschmiede" mit einem verwaltungswissenschaftlichen Forschungsschwerpunkt zu positionieren, erachtet die Koalition als gescheitert.

Darüber hinaus ist vorgesehen, die Grundausbildung von Beamten und Vertragsbediensteten stärker als bisher an den konkreten Bedürfnissen des unmittelbaren Arbeitsbereichs zu orientieren und beispielsweise die Verantwortung für die Grundausbildung ihrer MitarbeiterInnen den einzelnen Ressorts bzw. anderen obersten Dienstbehörden zu übertragen. Allerdings wird das Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport für Ressorts, die keine geeigneten Grundausbildungseinrichtungen haben, weiter ein entsprechendes Angebot bereitstellen und auch einen wesentlichen Teil des Bildungsangebots anbieten. Besonderes Augenmerk soll dem Gesetzentwurf zufolge dabei der Management-Ausbildung der Beamten geschenkt werden, außerdem will man den Fokus stärker auf verwaltungsspezifische Themenstellungen richten.

Um die Ressorts stärker in die Ausbildungsaktivitäten des BMöLS einzubeziehen, ist die Schaffung eines Beirates - zusammengesetzt aus Vertretern aller obersten Dienstbehörden und einem Gewerkschaftsvertreter - vorgesehen. Schließlich will die Regierung den Standort Schloss Laudon, für den der Bund einen für die nächsten 22 Jahre unkündbaren Mietvertrag hat, besser auslasten und zu diesem Zweck einen anderen Standort auflassen.

Insgesamt erwartet sich die Regierung durch die vorgelegten Gesetzesänderungen Einsparungen im Ausmaß von 0,92 Mill. € pro Jahr.

Abgeordneter Hermann Reindl (F) erwartete sich von der Deregulierung im Öffentlichen Dienst Verwaltungsvereinfachungen, Kostenersparnis und einen Rückbau des Normenbestandes. Er begrüßte zudem den Wegfall der Nachsichtmöglichkeiten, der seiner Einschätzung zufolge zu einer Einschränkung der Pragmatisierungen führen werde. Die nunmehr einheitliche Vorgangsweise bei der krankheitsbedingten Ruhestandsversetzung in den staatsnahen Unternehmungen wiederum ermögliche, wie Reindl meinte, Objektivität in diesem Bereich.

Sowohl seitens der SPÖ als auch seitens der Grünen wurde massive Kritik an der Auflösung der Verwaltungsakademie geübt. So bezweifelte Abgeordneter Johann Maier (S), dass es durch diese Maßnahme zu Einsparungen für den Bund kommen wird, auch sein Klubkollege Peter Wittmann erwartet sich erhebliche Nachteile. Abgeordneter Otto Pendl (S) wies darauf hin, dass die Verwaltungsakademie gute Arbeit geleistet habe. Unterstützt wurden von Pendl dem gegenüber die Regelungen beim Pensionsverfahren.

Abgeordnete Terezija Stoisits (G) lehnte die Abschaffung der ihrer Meinung nach bewährten Verwaltungsakademie vehement ab und sieht darin ein ausschließlich politisch und ideologisch motiviertes Vorhaben. Reform sei für diese Bundesregierung gleichbedeutend mit Zerschlagung, stellte sie pointiert fest. Die behaupteten Einsparungen zog Stoisits überdies in Zweifel. In Wirklichkeit werde die Ausbildung nun wesentlich mehr kosten als bisher, glaubt sie.

Abgeordnete Ulrike Baumgartner-Gabitzer (V) widersprach Stoisits und betonte, die Verwaltungsakademie habe sich nicht bewährt, sie habe es verabsäumt, sich zu einem modernen Instrumentarium zu entwickeln, das auf die neuen Anforderungen an den Öffentlichen Dienst reagiert.

Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer begründete die Auflösung der Verwaltungsakademie mit der massiven Kritik des Rechnungshofs, der in seinem Bericht von veralteten Programmen und fehlender Transparenz sprach und erhebliche Schwächen bei der Organisation sowie Rechtswidrigkeiten bei der Einnahmenverrechnung feststellte. Es sei nicht einzusehen, warum man einen derart "hypertrophen Apparat" aufrechterhalten solle, den ohnehin nur ein sehr geringer Teil der Bundesbeamten in Anspruch genommen hatte, bemerkte die Vizekanzlerin.

Von einer Zerschlagung der Ausbildungseinrichtungen kann nach den Worten Riess-Passers schon allein deshalb keine Rede sein, da bereits jetzt die großen Ministerien die Grundausbildung ihrer Mitarbeiter in ihrem eigenen Bereich erledigen. Wenn nach diesem Vorbild die Ausbildung nun allgemein in die Ressorts verlagert wird, dann werde das der Qualität keinerlei Abbruch tun, die Ausbildung werde dadurch vielmehr verbessert, zeigte sich Riess-Passer sicher.

Abgeordnete Madeleine Petrovic (G) hielt dazu fest, wenn man immer dann, wenn es Kritik an einer Einrichtung gibt, diese gleich auflöst, dann hätte man schon längst mehrere Ministerbüros auflösen müssen. Sie versteht nicht, wie sie sagte, warum die Verwaltungsakademie wegen einzelner Mängel per se in Frage gestellt werden muss. Auch fehle ihr der Glaube, dass sich die Qualität des Ausbildungsangebots, wie Vizekanzlerin Riess-Passer versichert habe, nicht verschlechtern wird.

Abgeordneter Wittmann brachte namens der SPÖ einen Abänderungsantrag zum Deregluierungsgesetz ein, der darauf abzielt, dass Rechnungshof, Parlament und Volksanwaltschaft eine Ausnahmeregelung in Bezug auf die Anrechnung von Vordienstzeiten ihrer Bediensteten erhalten, da es sonst, wie Wittmann argumentierte, schwierig werde, qualifizierte MitarbeiterInnen mit Erfahrungen im privatwirtschaftlichen Bereich für diese Organe zu rekrutieren.

Die Koalitionsparteien lehnten diesen Abänderungsantrag bei der Abstimmung ab, Abgeordneter Hermann Reindl (F) und Abgeordnete Ulrike Baumgartner-Gabitzer (V) sagten aber zu, ihn bis zur Behandlung des Deregulierungsgesetzes im Nationalrat zu prüfen. Die ÖVP sei sich des Problems bewusst, sagte Baumgartner-Gabitzer, es sei jedoch fraglich, ob eine solche Ausnahmeregelung für Rechnungshof, Parlament und Volksanwaltschaft möglich wäre. Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer glaubt, dass eine derartige Bestimmung verfassungswidrig ist und aufgehoben werden würde.

In Bezug auf die Verwaltungsakademie informierte Riess-Passer die Abgeordneten darüber hinaus, dass der Mietvertrag des Bundes für das Schloss Laudon im Jahr 1997 für 25 Jahre verlängert worden sei. Ihr sei diese lange Vertragsdauer nicht verständlich, meinte sie, zudem sprach sie von "ökonomisch völlig abstrusen Konditionen".

Das Deregulierungsgesetz - Öffentlicher Dienst 2002 wurde unter Berücksichtigung des F-V-Abänderungsantrages teilweise einstimmig, teilweise mit den Stimmen der Koalitionsparteien beschlossen. SPÖ und Grüne stimmten dabei jenen Gesetzespassagen zu, die die Familienhospizkarenz und die Ruhestandsversetzungen bei Post, Telekom und Bahn betreffen. Mit dieser Beschlussfassung gilt auch ein Antrag der beiden Koalitionsparteien zum Thema Ruhestandsversetzungen in staatsnahen Unternehmungen als miterledigt.

Darüber hinaus beschlossen die Abgeordneten mit VP-FP-Mehrheit eine mit dem Deregulierungsgesetz in Zusammenhang stehende und im Rahmen der heutigen Ausschussberatungen von den Koalitionsparteien beantragte Änderung des Bundes-Personalvertretungsgesetzes, die vorsieht, dass der Wirkungsbereich der bestehenden Personalvertretungen bis zum Ablauf der laufenden Funktionsperiode unverändert bleibt, unabhängig von im Deregulierungsgesetz enthaltenen Organisationsänderungen. (Schluss)