Parlamentskorrespondenz Nr. 564 vom 11.07.2002

DRINGLICHE F-S-ANFRAGE AN INFRASTRUKTURMINISTER REICHHOLD

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Wien (PK) Mit einer Dringlichen Anfrage an Infrastrukturminister Mathias Reichhold betreffend "Forschung und Technologie - sichern Arbeitsplätze und stärken den Wirtschaftsstandort" thematisierten die Regierungsfraktionen die Technologiepolitik der Regierung.

Abgeordneter Dr. GRAF (F) hielt eingangs in seiner Begründung der Anfrage fest, die Bundesregierung habe sich der Technologieförderung nicht nur verschrieben, sondern stellte auch so viel Geld wie noch nie für Forschung, Technologie und Innovation zur Verfügung. Die Forschungsquote von 2 Prozent des BIP ist nahezu erreicht, der Bund habe seinen Beitrag dazu geleistet.

Man sei also auf dem richtigen Weg, die nächsten Schritte sollten nun folgen, gebe es doch trotz aller Erfolge immer noch Defizite, die ausgeräumt werden müssten. Dennoch seien die Steigerungen bei den zur Verfügung gestellten Mitteln beachtlich. Nun müsste die Wirtschaft stimuliert werden, ebenfalls ihren Beitrag zu leisten, um die ehrgeizigen Ziele zu erreichen. Dazu sei auch eine neustrukturierte Forschungslandschaft zu schaffen, betonte Graf, wofür der Minister Sorge zu tragen habe, um die Herausforderungen der Zukunft bewältigen zu können.

Bundesminister REICHHOLD analysierte die aktuelle Situation in der heimischen Forschungslandschaft und meinte, die gegenwärtige Struktur sei nicht mehr zeitgemäß, um weiter konkurrenzfähig zu sein, weshalb es hier Reformbedarf gebe. Sein Ressort habe daraus die entsprechenden Schlüsse gezogen und strebe adäquate Veränderungen an.

Dabei gehe es primär um Effizienz, betonte der Minister, der insbesondere den Forschungsbereich in der Wirtschaft ansprach. Die Förderung für außeruniversitäre Forschung soll demgemäß entsprechend gebündelt werden, eine übersichtliche und kundenorientierte Förderungsstruktur soll geschaffen, die Handlungsabläufe sollten optimiert und transparenter werden. Die Eckpunkte dieser Reform sollen bis zum Herbst in einem entsprechenden Gesetzesentwurf verankert werden, so Reichhold, der daraufhin die einzelnen Fragen beantwortete.

Abgeordnete Mag. PECHER (V) erinnerte daran, dass sich die EU das Ziel gesetzt habe, einen europäischen Forschungs- und Innovationsraum zu schaffen, welches Ziel auch die österreichische Bundesregierung im Fokus habe. Diesbezüglich setzte sie auch entsprechende Schritte, die bereits konkrete Folgen gezeitigt hätten. Österreich habe im europäischen Vergleich aufgeholt, so Pecher.

Die Bundesregierung sehe aber weiter in die Zukunft und arbeite daran, die Erfolge der heimischen Wirtschaft auch pro futuro zu sichern. So müsse das Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch entkoppelt werden, und dazu brauche es innovative Schritte, für welche die entsprechende Forschungsförderung vonnöten sei. Und genau hier habe die Bundesregierung verdienstvoller Weise angesetzt, betonte Pecher, die dafür einige konkrete Beispiele nannte.

Abgeordneter VERZETNITSCH (S) kritisierte, dass die Regierungsparteien hier eine Dringliche Anfrage an sich selbst gestellt hätten, gehe es doch in Wirklichkeit nicht um die Forschungs- und Technologieförderung, sondern um ein "Herauszögern einer Beschäftigung mit den Aussagen des Volksanwaltes Stadler".

Der Regierung warf Verzetnitsch vor, es habe schon unter der alten Regierung klare Strukturen gegeben, wie der Sozialdemokratie die Forschung und Entwicklung stets ein Anliegen gewesen sei. Die Fragestellung sei auch nicht dringlich, seien diese Themen doch schon am 7. Mai ausführlich behandelt worden, wie der "Parlamentskorrespondenz" zu entnehmen sei. Schließlich beklagte der Redner den Ankauf von Abfangjägern, fehle dieses Geld doch nun gerade im Bereich der Forschung und Entwicklung.

Abgeordneter Dr. GROLLITSCH (F) unterstrich die Reden seiner Fraktionskollegen und sagte in Richtung Opposition, diese solle nicht rückwärts blicken, sondern sich mit den Fragen der Zukunft befassen. Diese Anfrage sei Ausdruck der politischen Wertigkeit, es brauche für die Zukunft entsprechende Reformen, um die Forschung entsprechend zu befördern.

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) meinte, die Absichtserklärungen seien nicht neu, derlei Ausführungen habe es schon beim Dialog der Regierung in der Hofburg gegeben. Es gehe aber um die Umsetzung der Vorhaben, denn "große Worte" habe es schon viele gegeben. Es genüge nicht, sich auf die Reise zu begeben, man müsse auch "einmal ankommen", sagte Grünewald, der sodann eine Analyse des Istzustandes vornahm.

Abgeordneter HAUBNER (V) wies darauf hin, dass Österreich einen sehr hohen Anteil an innovativen KMUs habe. Es gebe eine sehr positive Grundstimmung und die jungen Unternehmer investieren viel in die Forschungsaktivitäten in ihren Betrieben, weil die Rahmenbedingungen stimmen und weil hochqualifiziertes Personal vorhanden ist. Noch nie habe Österreich so viel in die Forschung investiert wie heuer, was gerade angesichts der bevorstehenden EU-Erweiterung von größter Bedeutung ist. Die Regierung ist mit ihren Maßnahmen auf dem richtigen Weg, war Haubner überzeugt.

Die Technologiepolitik ist noch eines der wenigen wirtschaftspolitischen Instrumente und sei daher von größter Bedeutung, meinte Abgeordnete Mag. KUBITSCHEK (S). Es wurden zwar von Seiten der Bundesregierung klare Zielsetzungen formuliert, aber diese wurden genauso klar verfehlt. Weder konnte die als erstes Zwischenziel angepeilte Forschungs- und Entwicklungsquote in der Höhe von 2 % erreicht werden, noch wurde der Anteil der Unternehmen an der F&E-Finanzierung erhöht. Auch das Problem der Kompetenzzersplitterung konnte nicht gelöst werden; das Gegenteil war der Fall, da nunmehr statt zwei Ministerien vier Ressorts zuständig sind.

Abgeordneter Mag. HETZL (F) hielt Abgeordnetem Verzetnitsch entgegen, dass man von nichts ablenken wolle, sondern eine Diskussion über Investitionen in die Zukunft und die Sicherung von Arbeitsplätzen geführt werden soll. 510 Mill. Euro werden in die Wirtschaft fließen und eine Reihe von positiven Effekten auslösen, betonte der Redner. Damit werde die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und der Standort Österreich gestärkt. Im besonderen machte Hetzl auf das "FHplus"-Programm aufmerksam, das die Fachhochschulen besser mit den KMU vernetzen soll.

Die Bundesregierung habe sich wohl mit ihrer Dringlichen selbst in den Tiefschlaf versetzt, erklärte Abgeordnete Mag. KUNTZL (S). Aber der nächste Tagesordnungspunkt werde dafür sorgen, dass die Abgeordneten wieder munterer werden. Sie halte es für einen Erfolg des Parlamentarismus, dass es nicht gelungen sei, die Diskussion über die wirklich untragbaren Aussagen des Volksanwaltes Stadler wegzuschieben, sondern nur hinauszuschieben. Bei der Technologiepolitik handle es sich in der Tat um eine sehr wichtige Materie, weshalb man auch mit richtigen Zahlen agieren müsse. Bei der F&E-Quote z.B. wurde klar das Etappenziel verfehlt, es habe bis 1999 ein Wachstum gegeben, aber seither eine Stagnation. Kritisch beurteilte Kuntzl die zunehmenden Zugangsbeschränkungen an den Universitäten sowie die Tatsache, dass die Hochschulen immer mehr in eine Abhängigkeit von Auftragsforschung getrieben werden.

Abgeordneter Ing. GARTLEHNER (S) sprach von einem Desaster in der Forschungspolitik. Diese Bundesregierung habe es geschafft, aus zwei Kompetenzbereichen vier zu machen und auch das selbstgewählte Ziel hinsichtlich der F&E-Quote (2 %) wurde glatt verfehlt. Außerdem wurden die Mittel für die Universitäten gekürzt, sie müssen künftig mit rund einer halben Milliarde weniger an Budget auskommen, zeigte er auf. Es gebe keine neue Programme und auch keine neuen Gesetzesentwürfe, was beweise, dass die Forschungs- und Technologiepolitik keinen hohen Stellenwert einnimmt. Besorgniserregend sei auch die Arbeitsmarktsituation von Absolventen von technischen Schulen und Hochschulen, wo es steigende Arbeitslosenzahlen gibt.

Abgeordnete Mag. PECHER (V) berichtigte tatsächlich eine Aussage von Abgeordneter Kuntzl und wies darauf hin, dass die F&E-Quote gestiegen sei und nun im EU-Durchschnitt liege.

Das Ministerium für Verkehr, Innovation und Technologie werde sehr gut geführt, war Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) überzeugt. Es habe bereits sehr viele positive Ansätze und Erfolge gegeben, z.B. die Neuorganisation von Seibersdorf oder zahlreiche Initiativen im Bereich der Infrastruktur. Auch die Restrukturierung im außeruniversitären Forschungsbereich hat der Minister bereits in Angriff genommen, merkte die Rednerin an. "Wir sind vom Schlusslicht auf die Überholspur gekommen" und liegen nun im guten europäischen Mittelfeld, weil die Bundesregierung in der Forschung und Entwicklung einen Schwerpunkt sieht. Die Opposition müsse aber auch zur Kenntnis nehmen, dass die Bundesregierung nicht alle Versäumnisse der letzten 30 Jahre in zweieinhalb Jahren nachholen könne. Es werde aber z.B. bald ein Generalforschungsplan präsentiert werden, teilte Partik-Pablé Abgeordnetem Verzetnitsch mit. Zudem liege die "Dringlichkeit in der Zukunft und nicht in der Vergangenheit", schloss sie. (Schluss Dringliche/Forts. NR)