Parlamentskorrespondenz Nr. 552 vom 08.07.2003

NEUES WASSERRECHT - FORTSCHRITT ODER RÜCKSCHRITT?

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Wien (PK) - Während die Regierungsfraktionen die Wasserrechtsnovelle als Fortschritt werteten und einmal mehr von einem "Meilenstein" sprachen, übten Sprecher der Opposition Kritik an der Vorlage. So ortete Abgeordnete Mag. SIMA (S) Defizite bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in die österreichische Rechtsordnung. Hauptkritikpunkt der Rednerin war insbesondere die Einbeziehung der Kosten und des Nutzens bei der Definition des Standes der Technik. Auch würden zahlreiche schwammige Formulierungen einen sehr breiten Interpretationsspielraum bieten und eine Verschlechterung des Gewässerschutzes befürchten lassen, meinte sie.

Abgeordneter KOPF (V) sprach hingegen von einem Meilenstein und erkannte in dem Gesetz einen Paradigmenwechsel: Während früher der Schutz des Wasser vor Schadstoffimmissionen im Vordergrund stand, gehe es nunmehr um die Abstimmung ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte in einem umfassenden Planungsprozess, sagte er.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) bedauerte, unter dem Strich würden trotz einiger positiver Punkte die nachteiligen Interpretationen bei der Umsetzung der Richtlinie überwiegen. Insbesondere sei der für den Hochwasserschutz so wichtige Bereich der Renaturierung der Flüsse zu kurz gekommen.

In einem Entschließungsantrag ersuchte Glawischnig die Bundesregierung, in Zusammenhang mit dem Projekt der Ausweitung des Einkaufszentrums Excalibur-City in Kleinhaugsdorf von Tschechien eine grenzüberschreitende UVP einzufordern.

Abgeordnete DI ACHLEITNER (F) äußerte sich zustimmend zur Gesetzesänderung und forderte in einem F-V-Entschließungsantrag effizienten Planungseinsatz zum Schutz der Wasserressourcen. Die Initiative sei von dem Gedanken getragen, dass Grundwasser Trinkwasserqualität erreichen müsse. Darüber hinaus werde besonderes Augenmerk auch auf die notwendige Anpassung bestehender Anlagen, insbesondere jene der E-Wirtschaft, gelegt.

Abgeordneter HEINZL (S) kritisierte, die Novelle garantiere nicht mehr den hohen Stand der Wasserreinhaltung in Österreich, sondern setze vielmehr die unzureichende Grundwassersanierung fort. Heinzl warnte überdies vor der Privatisierung der Wasserwirtschaft.

Abgeordneter ELLMAUER (V) betonte, das geltende Wasserrecht sei eines der strengsten in der EU, eine weitere Verschärfung sei nicht notwendig. Er plädierte zudem auch für österreichische Hilfe an die Nachbarländer im Norden und im Osten zur Erfüllung der Wasserrichtlinien.

Abgeordnete REST-HINTERSEER (G) verwies auf die Nitratbelastung des Trinkwassers in Teilen Niederösterreichs und befürchtet Verschlechterungen des Gewässerschutzes durch die gegenständliche Novelle. 

Abgeordneter WITTAUER (F) begrüßte die Umsetzung der Richtlinie als vorbildhaft in Europa und untermauerte auch seinerseits die Zielsetzung, wonach Grundwasser Trinkwasser sein müsse.

Abgeordneter Mag. GASSNER (S) bemängelte das Gesetz als für den Hochwasserschutz ungeeignetes Instrument und warf dem Bund Säumigkeit bei der Finanzierung der Hochwassersanierung vor.   

Die Europäische Union hat mit der Wasserrahmenrichtlinie im Jahr 2000 vollkommen neue Wege in der Gewässerpolitik beschritten, meinte einleitend Bundesminister DI PRÖLL. Mit der Wasserrechtsgesetz-Novelle soll nun die EU-Richtlinie, die in vielen Punkten entscheidende Verbesserungen bringen wird, in nationales Recht umgesetzt werden. Pröll sprach von einem Meilenstein, da einerseits erstmals klar und deutlich ökologische Kriterien implementiert werden und andererseits die Öffentlichkeit wesentlich stärker einbezogen wird. Weiters wies der Minister auf das Verschlechterungsverbot hin, das ein wichtiges Element dieser Novelle sei. Der Minister wies sodann auf die Erfolge der österreichischen Wasserpolitik hin und gab sich überzeugt, dass die vorliegende Novelle nochmals einen qualitativen Sprung nach vorne bringen wird. Schließlich wies Pröll noch darauf hin, dass auch weiterhin ein Bericht dem Parlament zugeleitet wird. Alle sechs Jahre werde nämlich der Nationale Gewässerbewirtschaftsplan erstellt und öffentlich präsentiert.

Mit einer umfassenden Novellierung des Wasserrechtsgesetzes werde die Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union umgesetzt, erläuterte Abgeordneter GLASER (V). Positiv sei für ihn vor allem, dass damit eine Gesamtsicht des Wassereinzugsgebietes anstatt von Einzelbetrachtungen in den Mittelpunkt gestellt wird. Dies sei v.a. für jene Gebiete von großer Bedeutung, in denen es zu wenig Wasser gibt, urteilte Glaser. Grundsätzlich gebe es in Österreich eine hohe Wasserqualität, was u.a. auf die große Anzahl von Abwasseranlagen sowie auf den Rückgang verschiedener Einträge aus der Landwirtschaft zurückzuführen sei.

Abgeordneter DI PIRKLHUBER (G) machte darauf aufmerksam, dass in Österreich sehr viele Menschen "Wasser trinken müssen auf Basis der Trinkwasserausnahmeverordnung". Kritisch beurteilte der G-Mandatar, dass der Gewässerschutzbericht, dem u.a. solche Informationen zu entnehmen sind, nun eingestellt wird. Man müsse sich die Frage stellen, ob der Bereich der Abwasserentsorgung derzeit die Probleme "wirklich am Schopf packt" und effizient und ökonomisch gestaltet ist. Er sei der Auffassung, dass die Chancen, für eine kostengünstige Abwasserentsorgung im ländlichen Raum zu sorgen, nicht genutzt worden sind. Es wäre notwendig, das Umweltförderungsgesetz sowie die technischen Richtlinien zu ändern, um bäuerliche und genossenschaftliche Projekte möglich zu machen, forderte er. Negativ sei auch, dass der ökologische Hochwasserschutz überhaupt nicht umgesetzt wurde. Pirklhuber wies weiters darauf hin, dass es Verschlechterungen bei der Güteklasse I gebe; nur mehr 6 % der Gewässer fallen unter diese Kategorie.

In einer tatsächlichen Berichtigung widersprach Abgeordnete DI ACHLEITNER (F) einer Aussage des Abgeordneten Heinzl, wonach der Hochwasserschutzplan in Oberösterreich nicht gewirkt hätte. Tatsache sei, dass Plan erst aufgrund des Hochwassers 2002 erstellt worden ist und seine Wirksamkeit erst entfalten muss.

Abgeordneter DI SCHEUCH (F) ging auf eine Aussage der Abgeordneten Sima ein, wonach die Landwirtschaft der Hauptverursacher für die Nitratbelastung des Wassers sei. Es sei richtig, dass in den Intensivgebieten in Niederösterreich, in Burgenland etc. die Landwirtschaft problematisch sei, räumte Scheuch ein. Man müsse aber auch die andere Seite der Medaille sehen. Die Landwirtschaft und die Fortwirtschaft seien nämlich auch ein Garant für gesundes und sauberes Wasser, betonte er.

Das aktuelle OECD-Umweltmonitoring stellt Österreichs Wasser ein ausgezeichnetes Zeugnis aus, erklärte Abgeordneter DOBNIGG (S). In einigen Bereichen gebe es jedoch Probleme mit der Wasserversorgung, und hier werde es notwendig sein, rasche und effiziente Konzepte zu erstellen. Weitere Hausaufgaben gebe auch hinsichtlich der Verbesserung des ökologischen Status der Flüsse, des Eintrages von Nitrat in der Landwirtschaft sowie hinsichtlich der Raumordnungsmaßnahmen zum Schutz der Bevölkerung in hochwassergefährdeten Gebieten. Ziel der Richtlinie sei ein guter ökologischer Zustand sämtlicher Oberflächen- und Grundwässer, führte Dobnigg weiter aus. Schwerpunkte der EU-Wasserpolitik sind dabei die Vorgabe einer ganzheitlichen Betrachtungsweise, die Forcierung einer ökologisch orientierten Schutzphilosophie sowie die intensive Einbindung der Öffentlichkeit. Er fürchte jedoch, dass diese große Chance verspielt werde, da die Novelle im Schnellverfahren durch das Parlament gepeitscht werde.

Österreich habe in den letzten Jahrzehnten im Gewässerschutz viel erreicht, meinte Abgeordneter HORNEK (V). Dies solle aber nicht heißen, dass Bestehendes nicht verbesserbar ist. Mit der vorliegenden Wasserrechtsnovelle werde eine EU-Richtlinie umgesetzt und erstmals ein flächendeckender Gewässerschutz in der Europäischen Union eingeführt. Damit müssen alle heimischen Gewässer bis 2015 in einem guten ökologischen Zustand sein oder gebracht werden. Durch das Verschlechterungsverbot darf sich der Ausgangszustand der Gewässer nicht negativ verändern. Schon bisher gab es in Österreich den Ansatz, dass Grundwasser Trinkwasserqualität haben soll, erläuterte Hornek.

Die enormen Gewalten des Hochwassers vom Vorjahr hätten gezeigt, dass Hochwasserschutz nicht allein durch nationale Vorkehrungen abgehandelt werden könne. Deshalb sei der Ansatz der Richtlinie, sowohl länder- als auch Bundesgrenzen überschreitende Planungsräume zu konzipieren, der einzig richtige. Die vorgegebenen Qualitätsziele sollen durch integrierte Maßnahmenprogramme, die in Bewirtschaftungsplänen festgelegt werden, erreicht werden, wobei die Öffentlichkeit in die Entscheidungsprozesse intensiv einbezogen werden soll. Die Bewohner des ländlichen Raumes seien dankbar dafür, dass das Gesetz den ganzheitlichen Lösungsansatz in den Mittelpunkt stellt und dass damit die effizientesten Lösungen aus ökologischer und aus ökonomischer Sicht zum Einsatz kommen.

Abgeordneter OBERHAIDINGER (S) hielt fest, die Änderungen griffen tief in private und öffentliche Interessen ein, deshalb wäre es wichtig gewesen, dass man alle Fraktionen rechtzeitig in die Verhandlungen eingebunden hätte. Was den "Stand der Technik" anbelangt, so wurde diese Definition eher verwässert, bemängelte er, und der Einsatz neuer Technologien werde sich daher verlangsamen. Er vermisste auch eine klare Zuständigkeitsaufteilung zwischen Bund und Ländern. Schließlich wies Oberhaidinger noch auf die Bedeutung der Wasserkraft für die Stromerzeugung hin.

Nach über zwei Jahren, in denen in einem offenen Dialog über das Wasserrecht diskutiert wurde, könne heute die EU-Richtlinie umgesetzt werden, stellte Abgeordneter GAHR (V) fest. Sauberes und gesundes Wasser sei die Grundlage und das Kapital für die Landwirtschaft, die Wirtschaft, den Tourismus und das wichtigste Lebensmittel für die Bürger. Im Bereich des Gewässerschutzes sei Österreich ein Vorreiter in Europa, da schon seit jeher die Trinkwasser- und Schongebiete geschützt wurden. Auch im Bereich der Abwasserentsorgung wurden die Hausaufgaben gemacht, betonte Gahr. Beweis dafür sei, dass es in Österreich einen fast 90 %igen Anschlussgrad an das Kanalnetz gibt. Nun sollen in allen europäischen Ländern gleiche Standards gelten und entsprechende Maßnahmenprogramme erstellt werden.

Mit der Änderung des Wasserechtsgesetzes wird nicht nur den Erfordernissen der EU Rechnung getragen, sondern es sei ein umfassendes und zukunftweisendes Werk gelungen, ist Abgeordneter ESSL (V) überzeugt. Weiters sei das Gesetz ein Beweis für den Hausverstand, was gerade im Bereich der Abwasserentsorgung im ländlichen Raum wichtig sei. Nunmehr werde nämlich der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechend berücksichtigt, zeigte sich Essl erfreut. Außerdem hob der Redner die Klarstellungen hinsichtlich des Vertragswasserschutzes positiv hervor.

Abgeordneter Mag. DONNERBAUER (V) befasste sich in seiner Wortmeldung mit dem Entschließungsantrag der Grünen. Jenes Projekt, für das eine grenzüberschreitende UVP gefordert wird, ist schon abgeschlossen, gab der Redner zu bedenken. Da das Outlet-Center gänzlich auf tschechischem Gebiet liegt, war es nicht zu verhindern, man wollte daher das Beste daraus machen.

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzesentwurf ebenso wie der V-F-Entschließungsantrag betreffend Schutz der österreichischen Wasserressourcen durch effizienten Planungseinsatz mehrheitlich angenommen. Der G-Entschließungsantrag betreffend eine grenzüberschreitende UVP für Großprojekte am Grenzübergang Kleinhaugsdorf blieb in der Minderheit.

UMWELT-INFORMATIONSGESETZ MIT REGIERUNGSMEHRHEIT GEÄNDERT

Abgeordneter SCHOPF (S) befasste sich mit der UIG-Novelle, die u.a. auf die Gewerbeordnung mit den neu eingeführten Störfallregelungen sowie auf die Industrieunfallverordnung Bezug nimmt. Weiters soll die so genannte  Seveso-II-Richtlinie mit diesem Gesetz umgesetzt werden, informierte er. Dadurch werde es zu einer Einschränkung der Informationspflichten kommen, kritisierte er. Die Betriebe müssten in Hinkunft nicht mehr wie bisher alle zwei Jahre, sondern alle fünf Jahre ihre Störfallmeldungen abgeben. Da dies zu einer unvertretbaren Risikoerhöhung führe, würden die Sozialdemokraten die Vorlage ablehnen. Keine Verbesserungen gebe es auch hinsichtlich der Störfälle bei militärischen Anlagen.

In Österreich ist die Information der Öffentlichkeit über Störfälle in zwei Gesetzen geregelt, und zwar im Umweltinformationsgesetz sowie in der Gewerbeordnung, erklärte Abgeordneter DI Klaus Hubert AUER (V). Ziel des UIG ist die Information der Öffentlichkeit über die Umwelt, insbesondere durch die Regelung des freien Zugangs zu den Umweltdaten. Was die Informationspflicht angeht, so werde der status quo sicher nicht verschlechtert, sondern es würden sowohl die Aspekte der Ökonomie als auch der Ökologie berücksichtigt.

Die Grünen würden der Novelle nicht zustimmen, kündigte Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) an. Durch die Intervallsbestimmung komme es zu einer wesentlichen Verschlechterung der bisherigen Situation. In Hinkunft werden die Bevölkerung und alle anderen Behörden nur mehr alle fünf Jahre über eventuelle Störfälle und Verhaltensmaßnahmen informiert werden. Nicht sinnvoll sei auch, warum nicht gleichzeitig mit der Novelle die bereits bestehende EU-Richtlinie betreffend Umweltinformationen umgesetzt wird.

Die Änderungen im Umweltinformationsgesetz bringen eine Anpassung der Störfallinformationspflichten an die Seveso-II-Richtlinie, die Harmonisierung mit der Gewerbeordnung sowie die Umsetzung der Industrieunfallverordnung, meinte Abgeordneter WITTAUER (F). Ziel sei es, auch bei schweren Unfällen, schnell und effizient reagieren zu können. Durch die Umsetzung der Richtlinien werde einerseits der Verwaltungsaufwand verringert und zudem ein besserer Schutz für die Bevölkerung gewährleistet.

Die Regierungsvorlage wurde mehrheitlich angenommen.

(Schluss Wasserrecht/Forts. NR)