Parlamentskorrespondenz Nr. 574 vom 10.07.2003

LIBERALISIERUNG BEI DER POST, ÄNDERUNG DES LUFTFAHRTGESETZES

----

Wien (PK) - Der Nationalrat setzte am frühen Nachmittag seine Beratungen mit einer Debatte über die Liberalisierung des Postmarkts im Zuge einer Novellierung des Postgesetzes sowie über Änderungen beim Luftfahrtgesetz bzw. die einschlägigen Beförderungsvorschriften fort.

Abgeordneter MARIZZI (S) stellte die Post als ein Unternehmen mit 29.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 1,5 Mrd. € vor, "das jeden Tag und bei jedem Wetter seine Leistungen im Dienste der Kunden erbringt". Die SPÖ sei nicht gegen eine Liberalisierung und eine Anpassung des Unternehmens an die neuen Bedingungen. Sie hält es aber für sinnvoll, der Post eine Übergangsregelung bis 2009 einzuräumen. Die kurze Frist bis 2006 gefährde den Universaldienst der Post in seiner Wettbewerbsfähigkeit, denn die Erfahrung zeige, dass die Mitbewerber mit Billigstarbeitskräften und mit Schwarzarbeit unlauteren Wettbewerb betreiben, während die Post Kollektivvertragslöhne, Sozialversicherungsbeiträge und Steuern zahle.

Kritisch äußerte sich der Redner auch gegenüber der Absicht, die Post zu verkaufen, was 82 % der Österreicher ablehnten. Ein Verkaufspreis von 530 Mill. € sei "ein Scherz" für ein Unternehmen, das über einen Cash-Flow von 95 Mill. €, eine Eigenkapitalquote von 50,5 % und ein Anlagevermögen von 1,08 Mrd. € verfüge und Grundbesitz im Wert von 578 Mill. € aufweise.

Bundesminister GORBACH bezeichnet sich als "Post-Fan" und zeigte sich stolz auf das Unternehmen. Die Frist, die der Post bis 2006 zur Umstellung auf die Liberalisierung eingeräumt werde, hielt er für ausreichend. Sollte sich herausstellen, dass das Postmanagement nicht imstande sei, diese Frist zu nützen, müsste man über personelle Maßnahmen nachdenken. Er gehe aber davon aus, dass das Unternehmen den Umstieg innerhalb von drei Jahren schaffen werde. Kritik übte Gorbach an Post-Werbung, die auf das Monopol abstelle. Die notwendige Umstellung der Hausbriefkästen werde 10 bis 15 Mill. € kosten, sagte der Minister und teilte mit, dass bereits Angebote privater Unternehmen vorlägen, die Umstellung rascher als bisher geplant abzuwickeln. Einen Ausverkauf der Post werde es nicht geben, versicherte der Bundesminister.

Abgeordneter MIEDL (V) hielt Abgeordnetem Marizzi entgegen, dass es sich die Post nicht verdient habe, mit einer Mischung aus Emotionen und Unterstellungen gegen private Anbieter verteidigt zu werden. Das Unternehmen sei wesentlich besser als es oft dargestellt werde, es bestehe kein Grund es krankzujammern. Österreich dürfe bei der Liberalisierung der Postdienste nicht nachhinken, betonte Miedl und meinte man solle der Post bei der Umstellung unterstützen. Ihr Hauptproblem seien die 4.200 überzähligen Planstellen, meinte Miedl. Außerdem forderte der Abgeordnete den Bürgermeister von Wien auf, dem Wunsch der Post nach einem Verteilerzentrum in der Bundeshauptstadt entgegenzukommen.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) begrüßte die Änderung des Postgesetzes, die auf eine EU-Anpassung zurückzuführen ist, verstand aber nicht, weshalb man eine Änderung der Jahreszahl, ursprünglich war das Jahr 2009 vorgesehen, auf 2006 vornimmt, bedeute das doch für die Post eine rapide Umstellung und stellt für die Industrie, die die neuen Postkästen herstellt, eine Herausforderung schlechthin dar. 1,8 Mill. Postkästen können nur schwer in einer kurzen Zeitspanne hergestellt werden. Dass man übereilt die Maßnahmen ergreift und willkürlich das Jahr 2006 festsetzt, hat ihrer Meinung nach seinen Grund in der Presseförderung. Durch die Liberalisierung kommen zusätzliche Anbieter in Haus- und Wohnanlagen, die Sicherheit ist nicht mehr gegeben, es müssen verschiedene Zusteller Schlüssel bekommen und die alternativen Zusteller agieren personalpolitisch anders als die Post; daher müssen Rahmenbedingungen für den neuen Wettbewerb formuliert werden.

Abgeordneter Mag. MAINONI (F) verwies auf die Besonderheiten bei der Post, die zu einer starren Position der Post geführt haben; auf der anderen Seite muss aber die Liberalisierung umgesetzt werden. Der Wettbewerb hilft den Kunden, selbst die SPÖ vertritt die Ansicht, dass andere Zusteller in der Lage sein sollten, die österreichischen Haushalte zu bedienen. Deshalb brauche man neue Postkästen. Die Hauptfrage betrifft den Zeitpunkt des Austausches. 2009 ist die äußerste Grenze zur Umsetzung, konsumentenfreundlich ist aber eine Liberalisierung nur, wenn sie so früh wie möglich erfolgt.

Abgeordneter RÄDLER (V) meinte, seit Tagen rede niemand mehr von der Pensionssicherungsreform, jetzt gehe es nur mehr um die Briefkästen. Es freut ihn, dass der Minister deutlich gesagt habe, dass es bei der Post eigene Überlegungen geben wird; darauf hätten die 30.000 Beschäftigten der Post ein Recht. Die Bundesregierung werde, so Rädler, den Reformkurs weiterfahren. Leid würde es ihm tun, wenn die Sozialdemokraten die Postdebatte auf eine Postkastendebatte reduzieren wollen.

Staatssekretär Mag. KUKACKA erklärte, mit dieser Regelung werde eine sachlich richtige und politisch vertretbare Lösung umgesetzt. Es ist aus seiner Sicht nicht gerechtfertigt, Ängste zu schüren. Österreich vollziehe etwas, was in anderen Ländern der EU schon längst geregelt sei. Es gehe nicht um Verscherbeln, nicht um Privatisieren, sondern darum, welche Strategie angewendet wird, um die Zukunft der Post zu sichern und die Konsumenten in den Genuss der Liberalisierung kommen zu lassen; damit verbunden seien mehr Wettbewerb und niedrige Preise. Die Firma "feibra" gehöre zu 75 % der Post und stelle ausschließlich Werbesendungen zu, die nicht in den Postkasten gelangen, sondern an die Türklinke gehängt werden. Nun solle eine neue Ordnung in das System kommen: In die Hausanlage komme dann die persönlich adressierte Post, zugestellt von mehreren Anbietern, und Zeitschriften, die nicht von der Post befördert werden. Dadurch komme die Post in keine Schwierigkeiten, sie habe ja noch immer das Monopol, persönlich adressierte Briefe unter 100 Gramm exklusiv zu befördern.

Abgeordneter WITTAUER (F) sprach von fairen Wettbewerbsbedingungen. Die Rechtgrundlage für Brieffachanlagen müsse neu geschaffen werden, da die meisten Anlagen keinen Zugang von außen haben. Sie befänden sich im Eigentum der Post AG, und nur die Post habe Zugang. Es sei daher nicht möglich, dass diese von anderen Anbietern benützt werden. Dass das mit Kosten verbunden sei, ist laut Wittauer klar.

Der Gesetzentwurf wurde mit Stimmenmehrheit verabschiedet.

ÄNDERUNGEN IN DER LUFTFAHRT

Abgeordnete Dr. LICHTENBERGER (G) wies darauf hin, dass es sich um eine Zusammenführung von überwiegend kleineren Punkten handelt. Bei einem solchen Gesetz, das schwer zu verstehen ist, sollte eine neue Verlautbarung und sollten Anpassungen erfolgen, was etwa den Euro oder die Änderung der ministeriellen Einteilung betrifft. Die Chance wurde versäumt, einen Anrainerschutz in die Materie aufzunehmen; die Abschwächung der Rechte von AnrainerInnen sei in der Vorlage enthalten, was von den Grünen jedoch nicht akzeptiert werden könne. Kritisch äußerte sich die Abgeordnete zu der Übertragung bestimmter hoheitlicher Aufgaben an Organisationen; Kontrollaufgaben sind ihrer Meinung nach von der Behörde wahrzunehmen und nicht von einem Verein.

Abgeordneter DI REGLER (V) machte darauf aufmerksam, dass das Montrealer Abkommen, bisher das Warschauer Übereinkommen, nunmehr moderne Regelungen beinhalte, insbesondere hinsichtlich der Beförderungsdokumente und Haftungen. Es werden ein Schiedsverfahren eingeführt und der Gerichtsstand festgelegt.

Im Luftfahrtgesetz werden internationale Regelungen der Joint Aviation Authorities umgesetzt, womit die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Luftverkehrswirtschaft erhalten wird. Im Zusammenhang mit den Kosten für die Luftfahrt trat Regler dafür ein, dass auf Kosteneffizienz Wert gelegt wird und nicht alle anfallenden Kosten etwa bei den Sicherheitsdiensten an die Konsumenten weiterverrechnet werden.

Außerdem kam der Redner auf das CEATS-Abkommen zu sprechen, wies auf die Einsparungen im Umfang von 20 % bei den Flugsicherungsgebühren bis 2010 hin. Als positiv wertete er, dass in Fischamend die Flugsicherheitszentrale errichtet wird.

Abgeordneter STEIER (S) wies darauf hin, dass die Sicherheit in der Luft bereits am Boden beginne, merkte an, dass der internationale Flugverkehr in eine schwere Krise geraten sei durch die Nachwirkungen der Anschläge von 2001, durch den Ausbruch von SARS und durch das schlechte konjunkturelle Umfeld. Der internationale Flugverkehr verzeichnet im Jahr 2003 im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang um 21 %. Die stärksten Einbrüche sind bei den Fluggesellschaften des asiatisch-pazifischen Raums festzustellen; die europäischen Gesellschaften haben ein Minus von 5,5 %, auch die AUA hat ihre Gewinnprognose zurücknehmen müssen. Der Redner trat an dieser Stelle für den Weiterbestand der AUA ein, die immerhin rund 7.000 Arbeitnehmer beschäftigt.

Abgeordneter DI HOFMANN (F) brachte vorerst als Berichterstatter zum Übereinkommen eine Druckfehlerberichtigung vor. Er begrüßte die Vereinheitlichung im Montrealer Abkommen, hat doch das aus 1929 stammende Warschauer Abkommen zu einer totalen Unübersichtlichkeit geführt. Die Haftungsregelungen, die nicht mehr zeitgemäß waren, wurden angepasst. Im Zusammenhang mit dem Luftfahrtgesetz verwies Hofmann darauf, dass er im Ausschuss einen Abänderungsantrag angeregt habe, der aber heute nicht eingebracht werde. Sein Anliegen betraf u.a. die Außenlandebewilligungen und die Absicht, bei wiederkehrenden Bewilligungen nicht immer das gesamte Procedere durchlaufen zu müssen. In Hinblick auf die Zweimotorigkeit der Rettungshubschrauber betonte er, er habe nie die Notarzthubschrauber des ÖAMTC gemeint, das sei eine "tolle Einrichtung".

Staatssekretär Mag. KUKACKA unterstrich den hohen Stellenwert der Vorlage, gibt es doch 57 Luftfahrtunternehmen mit 224 Flugzeugen im Charter- und im Liniendienst. Auch für den Tourismus sei dies ein wichtiger Wirtschaftszweig, den die Bundesregierung fördern möchte. Der 11. September habe gezeigt, dass Terror ein großes Problem sei und die Passagiere geschützt werden müssen. Das koste Geld. Da nach dem Verursacherprinzip vorgegangen werden muss, werden die Passagiere zu einem Großteil die Kosten übernehmen müssen, so Kukacka, die sicherheitspolizeilichen Aufgaben werden von der Polizei erledigt, dafür hätten die Steuerzahler aufzukommen.

Abgeordneter BÖHM (V) betonte, mit dem Gesetz würden Unklarheiten ausgeräumt und notwendige Anpassungen vorgenommen. Der 22. August 1991 sei ihm noch gut in Erinnerung, als es im Rahmen eines Rettungsfluges zu einem Unfall gekommen sei, der vermeidbar gewesen wäre, hätte es sich um einen zwei- und nicht um einen einmotorigen Helikopter gehandelt. Einmotorige Helikopter haben seiner Ansicht nach bei Schönwetterbedingungen durchaus ihre Berechtigung, allerdings sollten bei schlechtem Wetter nur zweimotorige Drehflügelfahrzeuge eingesetzt werden.

Die Vorlage wurde mit Stimmenmehrheit angenommen. Der Staatsvertrag wurde einstimmig angenommen.

(Schluss Post und Luftfahrt/Forts. NR)