Parlamentskorrespondenz Nr. 763 vom 21.10.2003

REGIERUNGSVORLAGEN

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AUSSERSTREITGESETZ REFORMIERT 150JÄHRIGE RECHTSNORMEN

Mit dem Außerstreitgesetz (224 d.B.) werden Rechtsnormen einer gründlichen Reform unterzogen, die teilweise aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammen. Damit sollen bestehende Regelungsdefizite beseitigt werden, die von der Praxis bisher - in Ermangelung detaillierter Normen - analog der Zivilprozessordnung gelöst wurden. Dem Rechtsgebiet kommt nicht zuletzt dadurch große Bedeutung zu, als es Kernbereiche des Privat- und Familienlebens betrifft. Ziel ist, wie dem Vorblatt zu entnehmen ist, die Schaffung einer modernen, eigenständigen Verfahrensordnung, die den Grundsätzen der Rechtstaatlichkeit und dem besonders hilfeorientierten und friedensrichterlichen Charakter des Außerstreitverfahrens Rechnung trägt. Erstmals werden generelle Regelungen über die Vertretungspflicht und den Kostenersatz eingeführt.

Im einzelnen enthält das Gesetz u.a. eine neue Umschreibung des Parteibegriffs, eine besondere Anleitungs- und Belehrungspflicht für die Richter und eine Sicherstellung des rechtlichen Gehörs. Neu ist auch die Möglichkeit einer Unterbrechung und das Ruhen des Verfahrens, wobei die Ruhensfrist - analog zur Zivilprozessordnung - drei Monate beträgt. Nicht mehr vorgesehen sind hingegen das Rechtsmittel der Vorstellung und die Verweisung auf den Zivilrechtsweg. Zum Zweck der Verfahrensbeschleunigung wurde die Rechtsmittelfrist von 14 Tagen beibehalten, die Neuerungserlaubnis wurde eingeschränkt. Die Wirksamkeit bzw. Vollstreckbarkeit von Beschlüssen soll grundsätzlich mit deren Rechtskraft eintreten, doch soll die Möglichkeit bestehen, einem Beschluss sofortige Wirkung zuzuerkennen.

Die Neuregelung des Außerstreitverfahrens macht Änderungen in einer langen Reihe von Gesetzen nötig. Diese sind in einem Außerstreit-Begleitgesetz (225 d.B.) zusammengefasst. Bedeutsame Neuerungen sind etwa die Übertragung der Zuständigkeit für Todeserklärungen von den Landesgerichten auf die Bezirksgerichte. In Enteignungsfällen hingegen sollen in Zukunft nicht mehr die Bezirks-, sondern die Landesgerichte zuständig sein.

REDAKTIONELLE ÄNDERUNGEN IM GEFAHRENGUTBEFÖRDERUNGSGESETZ

Eine Änderung des Gefahrengutbeförderungsgesetzes (76 d.B.) aktualisiert im Wesentlichen die Verweisungen auf internationale Vorschriften für die einzelnen Verkehrsträger. Diese Vorschriften werden in einem abgestimmten Rhythmus alle zwei Jahre geändert, die Verweisungen des Gesetzes sind daher entsprechend anzupassen.

LUFTFAHRTGESETZ-NOVELLE SETZT INTERNATIONALE REGELUNGEN UM

Eine Novelle zum Luftfahrtgesetz (94 d.B.) dient in erster Linie der Umsetzung von Regelungen der Joint Aviation Authorities in die österreichische Rechtsordnung. Die gegenständlichen Bestimmungen betreffen das freigabeberechtigte Personal und die diesbezüglichen Ausbildungsbetriebe und sollen, wie in den Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage ausgeführt wird, die Bedingungen für die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Luftverkehrswirtschaft schaffen. Weiters bringt die Novelle durchführende Regelungen zu EU-Verordnungen bezüglich der Sicherheit der Zivilluftfahrt und der Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen in der Europäischen Union. Schließlich werden auch die in dem Gesetz noch enthaltenen Schilling-Beträge in Euro-Beträge umgewandelt.

LIZENZSYSTEM FÜR TIERTRANSPORTE AUF DER STRASSE

Mit der Änderung des Tiertransportgesetzes-Strasse (233 d.B.) soll die Tiertransportrichtlinie der EU nun vollständig umgesetzt werden. Umfassende Neuerungen ergeben sich dabei vor allem im Bereich der gewerblichen Durchführung von Tiertransporten durch Transportunternehmer. Für diese gibt es jetzt ein eigenes Lizenzsystem. Tiertransportunternehmer dürfen Tiertransporte demnach nur mit einer entsprechenden Bewilligung der Behörde durchführen. Bei mehrmaligen Verstößen gegen die Tiertransportbestimmungen ist diese Bewilligung zu entziehen. Bei Verstößen ausländischer Tiertransportunternehmer ist eine Meldung der Strafbehörden an den jeweiligen Mitgliedstaat vorgesehen.

Geändert werden auch die Bestimmungen über die maximale Dauer von Tiertransporten. Die nunmehrige Ausgangszeit von acht Stunden kann bei entsprechender Ausstattung der Transportfahrzeuge sowie zusätzlicher Betreuungs- und Versorgungsmaßnahmen je nach Tierart auch verlängert werden.

  

GERICHTSDOLMETSCHER UND SACHVERSTÄNDIGE: BUNDESWEITE LISTE NUN IM INTERNET ABRUFBAR

Die bisher von den Landesgerichtspräsidenten geführten Listen der Gerichtsdolmetscher und -sachverständigen werden nun im Zuge einer Änderung des Bundesgesetzes über die beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher (234 d.B.) durch eine bundesweite, vom Justizminister eingerichtete, elektronische, öffentlich abrufbare Liste abgelöst. Angaben, die insbesondere die Erreichbarkeit des Sachverständigen oder Dolmetschers erleichtern, sollen die Eingetragenen selbst vornehmen können, um Tagesaktualität zu gewährleisten. Gegen Bezahlung einer Jahresgebühr soll auch eine Darstellung des beruflichen Werdeganges und der bisherigen Tätigkeit für die Gerichte erfolgen können. Im Einklang mit den Bestrebungen zur Förderung von e-Government sollen schließlich auch die Ausweise der eingetragenen Sachverständigen und Dolmetscher durch moderne Ausweiskarten mit Chipfunktion ersetzt werden. Die Internet-Adresse der Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste wird auf der Homepage des Justiz- und des Innenministeriums (www.justiz.gv.at, www.bmi.gv.at) zugänglich sein, der Abruf ist kostenlos.

BEZIRKSGERICHT LINZ-LAND WIRD NACH TRAUN VERLEGT

Durch ein eigenes Bundesgesetz (235 d.B.) wird das Bezirksgericht Linz-Land, das bisher seinen Sitz außerhalb seines Sprengels in Linz-Urfahr hatte, nach Traun verlegt. Zweck der Maßnahme ist die Verbesserung der Erreichbarkeit des Gerichtes. Die Ansiedlung im größten Ort des Sprengels wird für die Bevölkerung die Anfahrtszeit beträchtlich reduzieren, heißt es dazu in den Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage.

EIN FORMALAKT: HINTERLEGUNG  DES SEERECHTSÜBEREINKOMMENS

Das parlamentarische Genehmigungsverfahren zur Ratifikation des Übereinkommens zur Durchführung der Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 über die Erhaltung und Bewirtschaftung gebietsübergreifender Fischbestände und weit wandernder Fischbestände ist bereits abgeschlossen. Die Hinterlegung der Ratifikationsurkunde bedarf allerdings noch der Abgabe einer Erklärung, die ebenfalls der Genehmigung durch den Nationalrat bedarf. Die kürzlich vorgelegte Erklärung der Bundesregierung gilt der Verteilung der Zuständigkeit zwischen EG und Mitgliedstaaten sowie einzelnen Auslegungsfragen (223 d.B.).

ÄNDERUNG DES ZWECKZUSCHUSSGESETZES 2001

Der Verfassungsgerichtshof hat die Zuerkennung von 62,135 Mill. € an Kärnten im Zweckzuschussgesetz für den Bau der B 100 Drautal Straße in Kärnten aufgehoben, weil es sachlich nicht gerechtfertigt gewesen sei, den Ausbau der B 100 in Osttirol außer Acht zu lassen. Eine Gesetzesänderung, wie sie die Bundesregierung vorgelegt hat, entspricht einer mit allen Ländern vereinbarten Neuregelung der Zuschüsse. Den Bund kostet die Neuregelung zusätzlich 6 Mill. €, Tirol erhält 14 Mill. € mehr, Kärnten und Vorarlberg um jeweils 4 Mill. € weniger (237 d.B.).

INVESTITIONSSCHUTZABKOMMEN MIT NAMIBIA

Ein Abkommen über die Förderung und den Schutz von Investitionen mit Namibia regelt auf der Grundlage der Gegenseitigkeit u.a. die Entschädigungspflicht bei Enteignungen, die Frage von Überweisungen und die Formen der Streitbeilegung. Das Abkommen beruht auf den Prinzipien der Meistbegünstigung und der Inländergleichbehandlung, ausgenommen Vorteile, die sich aus Integrationsmaßnahmen ergeben

(244 d.B.). (Schluss)