Parlamentskorrespondenz Nr. 61 vom 28.01.2004

NATIONALRAT GENEHMIGT BUNDESRECHNUNGSABSCHLUSS 2002

Erste Lesung eines SP-Antrags auf Senkung des Wahlalters

Wien (PK) - Der Nationalrat hat in seiner Mittwoch-Sitzung den Bundesrechnungsabschluss für das Budgetjahr 2002 mit Mehrheit genehmigt. Abgeordneter Mag. MOSER (S) qualifizierte in der Debatte das dem Bundesrechnungsabschluss zugrunde liegende Jahr 2002 als Jahr der Quotenziele wie Nulldefizit und Nullinflation, in dem seiner Einschätzung nach durch den Sparkurs der Bundesregierung der Grundstein für den wirtschaftspolitischen Niedergang Österreichs gelegt wurde. Der Redner kritisierte in erster Linie, dass die Staatsverschuldung einen neuen Höchststand erreicht hatte und die restriktive Investitionspolitik der öffentlichen Hand negative Auswirkungen auf die Arbeitsmarktsituation nach sich gezogen hatte.

Abgeordneter AUER (V) bezeichnete postwendend das Jahr 2002 als das Jahr der falschen Prognosen der Opposition und meinte, die Fakten und Daten würden jeden Vergleich in Europa aushalten. Österreich habe keine blauen Brief aus Brüssel, sondern einen Brief der Anerkennung erhalten, betonte er in Anspielung an Deutschland.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) hielt Vergleiche mit Deutschland nicht für angebracht und wies auf die Sondersituation als Folge der Wiedervereinigung hin. Bei bestimmten Niveaugrößen stehe Österreich im EU-Vergleich zwar gar nicht so schlecht da. Zentrale Indikatoren für die Zukunftsfähigkeit des Landes, wie etwa die Veränderung bei der Beschäftigungsquote, würden aber, wie Kogler warnte, Anlass zur Sorge geben.

Abgeordneter BUCHER (F) stellte fest, der internationale Vergleich ermutige Österreich, den eingeschlagenen Reformweg fortzusetzen. Die Senkung des Budgetdefizits und der positive Leistungsbilanzsaldo  seien jedenfalls ein Riesenerfolg.

Abgeordneter WIMMER (S) führte die Senkung des Defizits ausschließlich auf Steuererhöhungen und Steigerungen bei den Gebühren zurück, die, wie er sagte, in erster Linie die kleinen Leute betroffen hatten. Was den arbeitenden Menschen genommen wurde, habe die Regierung den Unternehmen gegeben. Dies sei nicht der Weg, den die SPÖ gehen wolle.

Abgeordneter KURZBAUER (V) sprach von einem Meilenstein in der Budgetpolitik und diagnostizierte eine Trendwende seit dem Antritt der schwarz-blauen Koalition. Durch diese Politik der Regierung Schüssel stehe Österreich im EU-Ranking nun an dritter Stelle.

Abgeordneter Ing. GARTLEHNER (S) gab zu bedenken, die "Trendwende" in der Budgetpolitik sei vor allem mit einer problematischen Entwicklung am Arbeitsmarkt verbunden. Ungewiss sei zudem auch die finanzielle Zukunft der Gemeinden, warnte er.

Staatssekretär Dr. FINZ erinnerte, dass das Defizit von 4,8 Mrd. Euro im Jahr 1999 auf 1,7 Mrd. Euro im Jahr 2002 gesenkt werden konnte. Die zahlreichen Reformen der letzten Jahre, vom Beschaffungswesen über die Pensionsreform bis hin zur Universitätsreform, aber auch die gleichzeitig vorgenommenen Investitionen in die Infrastruktur seien, so Finz, Ausdruck eines völlig neuen Kurses, der sich ganz wesentlich von jenem der SP-dominierten Regierungen unterscheide.

Abgeordneter DI HOFMANN (F) zeigte sich zufrieden mit der Budgetsituation und unterstrich vor allem die Bedeutung der kommenden Steuerreform. Es sei richtig gewesen, die Steuerreform nicht wie in Deutschland vorzuziehen, da dies bloß konjunkturdämpfende Wirkung gehabt hätte, betonte Hofmann. 

Abgeordnete Mag. TRUNK (S) kritisierte, die Länder und Gemeinden seien zwar an den Mindereinnahmen, nicht aber an den Mehreinnahmen beteiligt worden. Die Regierung hungere die Gemeinden aus, was sich wiederum negativ auf die Investitionen auswirke, meinte Trunk, die Finz aufforderte, wieder in partnerschaftliche Gespräche und Verhandlungen mit den Ländern und Gemeinden einzutreten.

Abgeordnete LENTSCH (V) interpretierte den vorliegenden Bundesrechnungsabschluss als Beweis dafür, dass die Bundesregierung die Staatsfinanzen weiter saniert. Die Rednerin rechnete damit, dass am Ende dieser Legislaturperiode oder ein Jahr danach wieder ein Nulldefizit verzeichnet werden könne.

Abgeordneter GRADWOHL (S) meinte in Richtung seiner Vorrednerin, wenn man sich die Budgets und Bundesrechnungsabschlüsse früherer Jahre anschaue, werde ersichtlich, dass der jetzige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel seinerzeit "einer der größten Schuldenmacher" gewesen sei, "ein Oberausgeber". Er bezweifelt überdies, dass die schwarz-blaue Regierung in den Jahren 2001 und 2002 in dem Ausmaß Investitionen getätigt habe, wie immer behauptet werde. Es sei immer nur von Investitionen gesprochen worden, sagte er, "aber umgesetzt haben Sie überhaupt nichts davon".

Rechnungshofpräsident Dr. FIEDLER erinnerte daran, dass sich die Regierung im Jahr 2000 zum Ziel gesetzt habe, bis zum Jahr 2002 ein Nulldefizit, berechnet nach Maastricht, zu erreichen. Es sei Aufgabe des Rechnungshofes, zu evaluieren, ob dieses Ziel erreicht worden sei.

Fiedler hielt fest, das Ziel Nulldefizit sei zwar verfehlt worden, allerdings nur sehr knapp, und zwar um 0,1 % bis 0,2 % des BIP. "Der Rechnungshof ist damit nicht unzufrieden", bekräftigte er, und er sei auch nicht unzufrieden damit, wie dieses Ziel erreicht worden sei, nämlich - im Gegensatz zu 2001 - überwiegend durch ausgabenseitige Maßnahmen. Die Maßnahmen selbst seien nicht unumstritten, skizzierte Fiedler, es sei aber nicht Aufgabe des Rechnungshofs, Maßnahmen der Regierung, die diese zur Erreichung ihrer Ziele politisch für richtig halte, zu bewerten.

Negativ sei hingegen, so Fiedler, dass die Staatsverschuldung im Jahr 2002 noch immer "sehr, sehr hoch" war. Mit rund 67 % des BIP liege man deutlich über dem Maastrichter Referenzwert von 60 %.

Als nach wie vor zu hoch qualifizierte Fiedler die Abgabenquote, auch wenn diese, wie er erklärte, vom Jahr 2001 auf das 2002 um rund ein Prozent gesunken und den vorliegenden Daten zufolge auch im Jahr 2003 weiter zurückgegangen sei. Insgesamt sei das steuerliche Abgabenaufkommen von 1999 auf 2003 jedoch um 13 Prozent gestiegen, skizzierte er, und damit weit stärker als die Inflationsrate oder das BIP-Wachstum im gleichen Zeitraum.

Darüber hinaus hält es der Rechnungshofpräsident für bemerkenswert, dass die Lohnsteuereinnahmen im Jahr 2003 erstmals in der Geschichte über den Umsatzsteuereinnahmen lagen. Es ist für ihn evident, dass die Lohnsteuerpflichtigen einen sehr maßgeblichen Beitrag zum guten Budget geleistet haben. Fiedler hält es in diesem Sinn für notwendig, die Lohnsteuerpflichtigen bei der Steuerreform ausreichend zu berücksichtigen.

Für eine Fortsetzung der Budgetkonsolidierung bedarf es nach Meinung des Rechnungshofpräsidenten weiterer Verwaltungsreformen, wobei er betonte, der Rechnungshof wolle keinen schwachen Staat, sondern einen schlanken Staat.

Abgeordnete STADLER (V) betonte, die Budgetpolitik der VP-FP-Regierung trage eindeutig die Handschrift von Bundeskanzler Schüssel. Ihrer Ansicht nach ist die Budgetkonsolidierung erfolgreich umgesetzt worden. Der vorliegende Bundesrechnungsabschluss zeige, dass man 2002 de facto ein Nulldefizit habe erreichen können.

Auch Abgeordneter KEUSCHNIGG (V) äußerte Lob für die Leistung der Bundesregierung bei der Budgetkonsolidierung und wies auf das weitgehend ausgeglichene Budget 2002 hin. Für Keuschnigg ist dieser Erfolg das Ergebnis der zahlreichen von der Regierung durchgeführten Reformen.

Abgeordnete SBURNY (G) wertete die Darstellung von Rechnungshofpräsident Fiedler für interessant, dass insbesondere die Lohnsteuerpflichtigen zur Verbesserung der Budgetlage beigetragen hätten. Zur Aussage von Fiedler, der Rechnungshof sei für einen schlanken und nicht für einen schwachen Staat merkte sie an, man müsse intensiv darüber diskutieren, wie stark ein Staat sein solle.

Der Bundesrechnungsabschluss 2002 wurde mit Stimmenmehrheit angenommen.

SP-ANTRAG AUF SENKUNG DES WAHLALTERS

Abgeordneter KRAINER (S) erläuterte, der vorliegende SPÖ-Antrag habe zwei Ziele. Zum einen gehe es der SPÖ um eine Absenkung des passiven Wahlalters bei bundesweiten Wahlen, etwa bei Nationalratswahlen, von 19 Jahre auf 18 Jahre, zum anderen sollten künftig 18jährige auch bei Bundespräsidentenwahlen kandidieren dürfen, wo derzeit noch ein Mindestalter von 35 Jahren gilt.

Abgeordnete Dr. BAUMGARTNER-GABITZER (V) kündigte eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem SPÖ-Antrag hinsichtlich einer Senkung des passiven Wahlalters von 19 Jahren auf 18 Jahre an, zeigte sich aber skeptisch bezüglich der Absenkung des passiven Wahlalters für die Bundespräsidentenwahl. Sie erachtet eine gewisse Lebenserfahrung und ein gewisses Alter für notwendig, um der Würde des Amtes des Bundespräsidenten zu entsprechen.

Ähnlich äußerte sich Abgeordneter SCHEIBNER (F). Er hege Sympathie für den Vorschlag, das passive Wahlalters bei bundesweiten Wahlen von 19 auf 18 herabzusetzen, sagte er, der Forderung, Achtzehnjährigen auch bei Bundespräsidentschaftswahlen eine Kandidatur zu ermöglichen, steht er wie Baumgartner-Gabitzer allerdings mit Skepsis gegenüber.

Abgeordnete MANDAK (G) begrüßte hingegen beide Forderungen der SPÖ, bedauerte aber, dass die Forderung nach Absenkung des Wahlalters auf 16 im Antrag nicht enthalten sei.

Nationalratspräsident Dr. KHOL wies den Antrag dem Verfassungsausschuss zu. (Schluss)