Parlamentskorrespondenz Nr. 520 vom 30.06.2004

GENERALDEBATTE ÜBER DAS PENSIONSVOLKSBEGEHREN IM AUSSCHUSS

Einstimmiger Beschluss über Einsetzung eines Unterausschusses

Wien (PK) - Im Anschluss an die aktuelle Aussprache stand die Behandlung des Pensionsvolksbegehrens auf der Tagesordnung des Sozialausschusses, wobei zunächst eine einstündige Generaldebatte abgehalten wurde. Der Antrag, zu dieser Thematik einen eigenen Unterausschuss einzusetzen, wurde schließlich einstimmig angenommen. Bei der Diskussion war auch der oberösterreichische Landeshauptmannstellvertreter Erich Haider anwesend, der Bevollmächtigter des Volksbegehrens ist.

Begründet wird dieses Volksbegehren wie folgt: „Unter dem Deckmantel der so genannten ‚Pensionssicherungsreform’ sind mit den Stimmen der Abgeordneten von ÖVP und FPÖ massive Einschnitte bei den Pensionen beschlossen worden. Diese überfallsartigen, radikalen Pensionskürzungen verschärfen die Ungerechtigkeiten im Pensionssystem, statt sie zu reduzieren. Allein bis 2007 summieren sich die Pensionskürzungen auf fast 3 Mrd. € - der Großteil dieser Summe wird für die Abfangjäger fällig.“ Aus diesem Grund wird eine „gerechte Pensionsreform“ unter Berücksichtigung folgender Ziele angepeilt: gerechte Pensionen für alle durch langfristige Harmonisierung der Pensionssysteme, langfristige Absicherung der Finanzierbarkeit des Pensionssystems etwa durch Verbreiterung der Beitragsgrundlage, Erhöhung der Erwerbsquote, ein klares Bekenntnis zum Generationenvertrag und umlagenfinanzierten Pensionssystem, Einhaltung des Vertrauensgrundsatzes durch Wahrung erworbener Pensionsansprüche, Sicherung des Lebensstandards im Alter sowie Berücksichtigung des Arbeitsmarktes bei der Gestaltung des Pensionsantrittsalters und keine Verlagerung der Altersversorgung in den spekulativen Kapitalmarkt.

Wird ein Volksbegehren von mehr als 100.000 Stimmberechtigten unterzeichnet – in diesem Fall waren es genau 627.559 Stimmberechtigte (10,53 %) -, hat sich der Nationalrat bzw. ein Ausschuss damit zu befassen. Die Vorberatung eines Volksbegehrens im Ausschuss hat innerhalb eines Monats nach Zuweisung zu beginnen. Nach weiteren vier Monaten ist dem Nationalrat ein Bericht über das Ergebnis der Beratungen zu erstatten.

Landeshauptmann-Stellvertreter Erich Haider bedankte sich dafür, dass noch vor dem Sommer mit der Diskussion begonnen wird und wiederholte noch einmal die wichtigsten Inhalte des Volksbegehrens. Die so genannte Pensionssicherungsreform 2003 habe bei vielen Menschen Sorgen und Ängste hervorgerufen, da sie den Eindruck haben, dass sich der Staat aus seiner Verantwortung für die Altersversorgung zurückziehen will. Die überfallsartigen und radikalen Pensionskürzungen haben dazu geführt, dass Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, bis zu 1,7 Monatspensionen weniger erhalten; und dies trotz Deckelung. Wenn ein beitragsorientiertes Pensionskonto eingeführt wird, müssen junge Menschen sogar mit Kürzungen in der Höhe von fast 50 % rechnen, hob Haider hervor. Er bitte daher darum, dass all diese Probleme bei den Gesprächen im Unterausschuss berücksichtigt werden. Außerdem erinnerte er an die Bedenken der katholischen Arbeitnehmerbewegung, die gemeint hat, dass die Reform aus christlich-sozialen Motiven abzulehnen ist.

Die SPÖ hätte es begrüßt, schon heute ein Expertenhearing abzuhalten, meinte einleitend Abgeordnete Heidrun Silhavy (S). Dennoch sei sie froh darüber, dass nun über das Pensionsvolksbegehren diskutiert werden könne, weil es dadurch die Gelegenheit gebe, über all die wichtigen Fragen der Altersversorgung, des Arbeitsmarktes, der Pensionsharmonisierung etc. zu reden. Damit verbunden sei auch eine sehr große Verantwortung jenen fast 630.000 Menschen gegenüber, die mit ihrer Unterschrift auf ihre Sorgen und Ängste aufmerksam machen wollten.

Es sei notwendig, dass man die Ängste der Menschen ernst nimmt, meinte Abgeordneter Walter Tancsits (V) in Richtung seiner Vorrednerin, aber es stelle sich die Frage, wer diese Ängste geschürt hat. Wenn man sich etwa den Begründungstext des Volksbegehrens ansieht, dann müsse man feststellen, dass vieles nicht im geringsten etwas mit der Realität zu tun hat. Auch was die Forderungen angeht - z.B. langfristige Absicherung der Finanzierbarkeit der Pensionen, Bekenntnis zum Generationenvertrag, langfristige Harmonisierung etc. - dann müsse er dem entgegenhalten, dass mit der Pensionsreform schon ein erster Schritt in diese Richtung gemacht wurde und weitere folgen werden.

Auch Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (F) gab zu bedenken, dass viele Punkte den Intentionen der Regierungsfraktionen entsprechen und versucht werde, diese schrittweise umzusetzen. Hinsichtlich der "massiven Kürzungen" machte Dolinschek darauf aufmerksam, dass Frauen maximal um 3 % und Männer um maximal 6 % niedrigere Pensionen erhalten. Sein Fraktionskollege Maximilian Walch (F) war der Meinung, dass es die SPÖ 30 Jahre lang verabsäumt habe, wichtige Maßnahmen für die ASVG-Bediensteten durchzuführen und stattdessen ungerechte Systeme geschaffen hat.

Die Grünen stimmen in den wesentlichsten Punkten mit den Initiatoren des Volksbegehrens überein, erklärte Abgeordneter Karl Öllinger (G). Allerdings bemängelte er, dass keine eigenständige Alterssicherung für Frauen und Männer gefordert wurde. Wichtig sei ihm das Bekenntnis zum umlagefinanzierten Pensionssystem, zumal man nun erkennen müsse, dass die privaten Pensionskassen nicht die versprochenen Erträge bringen und zudem einen viel höheren Verwaltungsaufwand (bis zu 10 %) als etwa die PVA aufweisen. Er sei jedenfalls froh darüber, dass im Rahmen des Unterausschusses über die unterschiedlichen Standpunkte diskutiert werden könne.

Es werde viel zu wenig Rücksicht auf die betriebliche Realität genommen, urteilte Abgeordneter Walter Schopf (S), denn viele Menschen sind aufgrund ihres Gesundheitszustandes einfach nicht mehr in der Lage, länger zu arbeiten.

Bundesminister Herbert Haupt erinnerte daran, dass der ursprüngliche Entwurf zur Pensionsreform noch deutlich verbessert und unter anderem eine Deckelungsregelung beschlossen wurde. Außerdem basieren manche Berechnungen der oberösterreichischen Beamten auf unrealistischen Szenarien, hielt Haupt dem Landeshauptmannstellvertreter entgegen. Weiters gab der Ressortchef zu bedenken, das die frühere Regierung 1997 eine Disharmonisierungsreform zu Gunsten des geschützten Bereichs durchgeführt hat. Unrichtig sei auch, dass die Frauen zu den Verlierern gehören. Frauen mit langen Versicherungs- und Kinderbetreuungszeiten seien die Gewinner dieser Reform, bekräftigte er. Abgeordneten Öllinger wies er noch darauf hin, dass Österreich das einzige Land innerhalb der EU-25 sei, wo die zweite und dritte Säule so wenig ausgebaut ist.

Der Antrag, einen Unterausschuss einzusetzen, wurde sodann einstimmig angenommen. (Schluss)