Parlamentskorrespondenz Nr. 96 vom 16.02.2005

WIENER GERICHTSMEDIZIN: GUTACHTER HABEN KOSTENERSATZ ZU LEISTEN

Moser: Sachverständigentätigkeit sollte Pflichtaufgabe der Unis sein

Wien (PK) – Im Rechnungshofausschuss befassten sich die Abgeordneten auch mit dem Institut der Gerichtlichen Medizin der Medizinischen Universität Wien (III-106 d.B.), das neben seinen universitären Aufgaben vor allem Gutachten im Auftrag von Gerichten und Sicherheitsbehörden erstellte. Für die Sachverständigentätigkeit erhielten die wissenschaftlichen Mitarbeiter neben ihren monatlichen Bezügen als Universitätslehrer auch Gebühren nach dem Gebührenanspruchsgesetz 1975. Sie machten ihren Anspruch unabhängig davon, ob sie namentlich vom jeweiligen Gericht bzw. der jeweiligen Sicherheitsbehörde oder – im Rahmen ihres Dienstverhältnisses – vom Institutsvorstand beauftragt wurden, geltend. Die Sachverständigengebühren wurden über eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter der Institutsvorstand sowie zwei weitere Institutsmitarbeiter waren, verrechnet. Die Einnahmen der Gesellschaft wurden zum Teil für Zahlungen an die Mitarbeiter zusätzlich zu ihren monatlichen Bezügen verwendet. Das Ausmaß der Zuzahlung an zu Sachverständigen bestellte Mitarbeiter überstieg häufig den jeweiligen Monatsbezug aus ihrem Dienstverhältnis. Für die in der Dienstzeit erfolgte Sachverständigentätigkeit wären der Universität die Kosten für das in Anspruch genommene Personal sowie der eingesetzten Sachmittel in voller Höhe zu ersetzen gewesen. Indessen wurde an die Universität lediglich ein Kostenersatz von 15 % der Einnahmen aus der Sachverständigentätigkeit entrichtet.

Abgeordneter Christian Faul (S) stellte fest, dass seit 15 Jahren die Missstände an der Gerichtsmedizin bekannt seien, und erkundigte sich danach, wann man von diesen Missständen erfahren habe, wann der Leiter „fallen gelassen“ wurde und ob Rückforderungen seitens des Ressorts an die betreffenden Ärzte gestellt werden. Weitere Fragen betrafen den Stand des Umbaus, die wissenschaftliche Betreuung und die Zulassung privater Gutachter.

Abgeordneter Roderich Regler (V) erkundigte sich nach der Abrechnung der Sachverständigengutachten und trat für eine Kostentransparenz ein. Wenn es transparente Regelungen gibt, dann habe die Prüftätigkeit einen besonderen Erfolg gehabt, meinte er.

Abgeordneter Herbert Haupt (F) kam u.a. auf die Universität Graz zu sprechen, wo 10 Jahre kein Kostenersatz geleistet wurde, und wollte wissen, was das Ministerium zu tun gedenke, um Kostenwahrheit an universitären Einrichtungen durchzusetzen und die Optimierung von Einzelinteressen auf Kosten der Allgemeinheit hintanzuhalten. Ferner sprach er die ungleiche Anzahl an Begutachtungen, die Vergabepraxis einzelner Richter und die Doppelbezahlung für minderqualifizierte Tätigkeiten an.

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) meinte, das Ressort hätte im Prüfzeitraum, der sich über die Jahre 1999 bis 2003 erstreckte, wesentlich mehr Durchgriffs- und Kontrollrechte als nach dem neuen Universitätsgesetz gehabt; dem Ministerium stehe aber immer noch das Recht der Planung, der Budgetierung und die Pflicht zur Rechtsaufsicht zu. Grünewald sprach auch den Problemkreis Aufgabenmix im medizinischen Bereich an, da auch Aufgaben der Krankenversorgung oder der Serviceleistungen im Gesundheitswesen und für die Justiz mit erledigt werden. Seiner Meinung nach müsse es eine Prioritätensetzung und Kostenwahrheit geben. Daher forderte er Zusammenarbeitsverträge zwischen der Republik und den Ländern ein. Für die Missstände machte er das Ressort verantwortlich, das nicht gehandelt habe. Wie verändern Sie die Situation, ohne das Institut zu schließen oder auf den freien Markt zu werfen?

Bundesministerin Elisabeth Gehrer hob hervor, man habe raschest dafür gesorgt, dass Geld zur Verfügung gestellt wurde. Mit dem Konjunkturbelebungsprogramm 2002 habe man 11 Mill. S für den Neubau des Instituts freigemacht. Aufgabe des Institutsleiters sei es gewesen, die Arbeiten voranzutreiben, er habe aber nichts unternommen. Jetzt werde der Bau über das BIG in die Wege geleitet. Gehrer wies auch darauf hin, dass man sich hinsichtlich der Sachverständigentätigkeit um eine Änderung der StPO bemüht habe, zumal der Leiter des Instituts nicht weiß, was wer an welchem Gutachten verdient. Das Bemühen, die Zuteilung der Gutachten über den Institutsleiter vorzunehmen, wurde abgelehnt. Mit 2008 werde der Institutsleiter „Drehscheibe“ für die Zuteilung der Gutachtertätigkeit werden, unterstrich die Ministerin. Mit Rektor Schütz habe man nun vereinbart, dass es Rückforderungen – rückwirkend auf drei Jahre – geben werde, teilte Gehrer mit.

Die Absetzung Hochmeisters sei Aufgabe des Rektors gewesen, wenn Verdachtsmomente auftauchen, und sei rechtskräftig. Hans Goldenberg sei nun zum interimistischen Leiter bestellt worden.

RH-Präsident Josef Moser erläuterte die Kritik des RH und stellte im Zusammenhang mit den Abrechnungen fest, dass man von den Einnahmen die Ausgaben, deren Höhe man selbst bestimmt habe, abgezogen habe und vom Rest seien 15 % abgeführt worden. Moser unterstrich auch die Ansicht des RH, dass die Sachverständigentätigkeit eine Pflichtaufgabe der Medizinischen Universitäten sein sollte; ferner kündigte er eine Follow-up-Prüfung an.

Ausschussobmann Werner Kogler regte an, gemäß der Geschäftsordnung eine Befragung geladener Personen in der nächsten Ausschusssitzung zu machen, um die Zuständigkeiten abzuklären; die Anwesenheit der Ressortchefin sei nicht mehr erforderlich.

Abgeordneter Herbert Haupt (F) forderte eine RH-Sonderprüfung zu den Honorarleistungen im Bereich des OLG Wien ein und trat dafür ein, alle vier Institute Salzburg, Innsbruck, Graz und Wien zu prüfen.

Bundesministerin Gehrer unterstrich im Zusammenhang mit einer Anfrage der S-Abgeordneten Christine Lapp, sie werde keinen Neubau unterschreiben, in dem eine private GesmbH ihre Untersuchungen mache; die Planung sei fertig. Ferner meinte sie, sollten die geforderten 40 % nicht freiwillig bezahlt werden, werde man den Klagsweg beschreiten.

RECHNUNGSHOFAUSSCHUSS BEFASST SICH MIT STUDIENBEITRÄGEN UND UNI-MILLIARDE

Sodann nahm der Rechnungshofausschuss seine Beratungen zum Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes (III-86 d.B.) wieder auf und wandte sich dabei dem Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur zu. In seinem Prüfbericht hält der Rechnungshof fest, dass die kurzfristige Einführung der Studienbeiträge zu Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Maßnahmen im Rahmen der aus diesen Mitteln finanzierten Universitätsmilliarde führte. Zudem seien die Kriterien für die Vergabe der Mittel unzureichend definiert gewesen, woraus sich Mängel sowohl bei den Projektanträgen der Universitäten als auch bei der Projektauswahl durch das BMBWK ergaben. Das Rückerstattungsverfahren von Studienbeiträgen für Studierende aus Entwicklungsstaaten über den Österreichischen Austauschdienst erachtete der RH weder als zweckmäßig noch als wirtschaftlich. Vor diesem Hintergrund empfahl der RH, die erlassmäßig geregelten Tatbestände über die Einhebung der Studienbeiträge wären in die Studienbeitragsverordnung aufzunehmen und vorhandene Widersprüche zu beseitigen. Bei den Studienbeiträgen für Studierende aus Entwicklungsländern sollte vom Rückerstattungsmodell zugunsten einer Zahlungsfreistellung abgegangen werden. Zudem wäre bei künftigen Projekten eine ausreichende Planungsphase wünschenswert.

In der Diskussion wollte Abgeordnete Rosemarie Schönpass (S) wissen, wie sich die aktuelle Entwicklung hinsichtlich der Studiengebühren sowie hinsichtlich der Studienbeiträge von Studierenden aus Entwicklungsländern gestaltet habe. Abgeordneter Hermann Gahr (V) konzedierte Umsetzungs- und Umstellungsprobleme in der Frühphase der Einführung der Gebühren, verwies aber darauf, dass man den Anregungen des Rechnungshofes nachgekommen sei und die vorhandenen Probleme so gelöst habe. Eine Facharbeitsgruppe habe brauchbare Modalitäten erarbeitet, es sei zudem auch weiterhin sichergestellt, dass jeder, der studieren wolle, dies auch könne. Abgeordneter Josef Bucher (F) meinte, dass hinsichtlich der konkreten Organisation an den Universitäten nach wie vor Verbesserungen wünschenswert seien, zeigte sich aber überzeugt, dass die gesetzten Maßnahmen greifen würden und die Reform sich als erfolgreich erweisen werde. Abgeordneter Kurt Grünewald (G) erkundigte sich nach den Entscheidungskriterien des Ministeriums bei der Vergabe der Universitätsmilliarde, Abgeordneter Gerhard Reheis (S) kam auf die diesbezüglichen Kriterien zu sprechen. Abgeordnete Christine Lapp (S) fragte, wo Verbesserungen für die Studierenden ins Auge gefasst würden. Weiters wollte sie wissen, welche Maßnahmen angesichts der aktuellen Entwicklung hinsichtlich des zu erwartenden Zustroms ausländischer Studenten an österreichische Universitäten zu erwarten seien.

Bundesministerin Elisabeth Gehrer hielt fest, man wollte die Studiengebühren möglichst einfach administrieren. Dennoch habe es vor allem bei der Rücküberweisung von Studiengebühren vor allem ins Ausland Schwierigkeiten gegeben, doch habe sich dieser Zustand geändert, weil die Gebühren jetzt ja von den Universitäten direkt eingehoben würden. Hinsichtlich der Studierenden aus Entwicklungsländern habe man nun festgelegt, dass Studierenden aus den 50 ärmsten Ländern generell der Studienbeitrag erlassen werde.

Man sei dem Auftrag zu einer Verbesserung der Studiensituation nachgekommen, wie die konkreten Beispiele belegten, betonte die Ministerin. Die eingesetzte Expertengruppe habe hier gute Arbeit geleistet. An den EuGH habe man eine Gegenschrift mit dem Ersuchen auf Wiederaufnahme des Verfahrens gerichtet, zumal die aktuelle Entwicklung in Deutschland beim Entscheid noch nicht adäquat berücksichtigt werden konnte. Gehrer stellte in Aussicht, dass man entsprechend reagieren werde, sollte tatsächlich das skizzierte Szenario eintreten, und nannte diesbezügliche konkrete Schritte.

RH-Präsident Josef Moser beklagte den seinerzeitigen Termindruck, der den Spielraum damals eher eingeschränkt habe. Im Folgejahr sei die Lage schon wesentlich entspannter gewesen. Der Präsident konstatierte, dass man den Anregungen des RH weitgehend gefolgt sei und sich auf diesem Gebiet eine positive Entwicklung abgezeichnet habe.

Die Verhandlungen wurden vertagt. (Schluss)